Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Eigentümer verzichtet auf Einfamilienhäuser
Köpfinger Straße: Vorerst bleibt es bei drei Häusern mit je zwei Wohneinheiten - Kritik kommt auch vom Nabu
WEINGARTEN - Es bleibt vorerst dabei: Auf dem Grundstück in der Köpfinger Straße sollen drei Häuser mit jeweils zwei Wohneinheiten entstehen. Der Eigentümer hat seinen Antrag, drei Einfamilienhäuser zu bauen zurückgezogen, noch vor der Abstimmung im Gemeinderat am Montagnachmittag.
Gleichzeitig liegen nun weitere Details über das Bauvorhaben vor. Wie der Eigentümer des Grundstücks - er möchte anonym bleiben im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“mitteilt, sind die drei Häuser auf 1690 Quadratmeter nahe der Straße geplant. Pro Haus wären das 560 Quadratmeter. „Das ist nicht übertrieben“, sagt er. „Kleiner geht es doch gar nicht.“
Die 2300 Quadratmeter, wie es im Antrag heißt, wurden von der Stadt geschätzt, weil noch keine genauen Planungen vorlagen. Jetzt liegen genauere Planungen vor. Die Häuser seien für seine drei Kinder bestimmt, die er in seiner Nähe haben möchte. „Ich warte jetzt schon fünf Jahre, dass wir an der Straße Häuser bauen können“, sagt der Eigentümer.
Die Anfrage, dort drei Einfamilienhäuser zu bauen sei nicht wichtig gewesen. „Meine Kinder hatten einfach mal bei mir angefragt, ob es nicht besser wäre Einfamilienhäuser zu bauen. Das war nur eine Überlegung und ich dachte, ich frage einfach mal. Wenn die Stadt gesagt hätte, das macht uns nichts aus, hätten wir das gemacht“, sagt der Eigentümer. „Die Stadt meinte, es wäre wichtig Zweifamilienhäuser zu bauen und hat mich gefragt, ob ich den Antrag immer noch aufrecht erhalten will. Also gut, dann ziehe ich den Antrag zurück. Ich wusste nicht, dass das den Stadträten wichtig ist. Damit war das erledigt.“Ja, es stimme, dass das
Vorhaben nur im sogenannten 13bVerfahren realisiert werden könne. „Deshalb haben wir das auch noch Ende vergangenen Jahres gemacht, weil das 13b-Verfahren 2019 auslief“, sagt der Eigentümer. Ein naturschutzrechtliches Gutachten ist danach nicht nötig. Ausgleichsflächen gibt es keine. Die Ausnahmeregelung war Ende vergangenen Jahres erloschen.
Der Rest des 8400 Quadratmeter großen Grundstücks soll Wiese bleiben. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich die Wiese nicht bebauen möchte“, sagt der Eigentümer. „Ich möchte die Wiese als landschaftliche Fläche erhalten. Warum soll ich die verbauen lassen? Aber unten an der Straße ist Brachland, das nur als Hundetoilette benutzt wird.“
Die Pläne der Stadt die Fläche großzügiger mit Mehrfamilienhäusern zu bebauen, lehnt der Eigentümer ab. Auch die Weingartener Grünen bevorzugen diese Variante. „Da bin ich strikt dagegen“, sagt er. „Ich möchte dieses Naturstück erhalten.“Es passe auch irgendwie nicht zusammen. Zuerst solle da wegen der Luftschneise gar nicht gebaut werden und dann plane man das Grundstück großräumig zu bebauen.“
Damit dürfte der Streit, um die Bebauung der Köpfinger Straße allerdings noch nicht beendet sein. Die Mehrheit wie die Freien Wähler Weingarten (FWW) stimmte für die Bebauung mit drei Einzelhäusern mit jeweils zwei Wohneinheiten (SZ berichtete). Die Grünen und die SPD sind dagegen. Ihr Argument: Wenn also eine ökologisch wertvolle Fläche in Randlage nach Paragraf 13b bebaut werden solle, dann nur um möglichst viel bezahlbaren Wohnraum vor allem für junge Familien zu generieren.
Die Grünen bevorzugen eine verdichtete Bebauung, wie sie das Stadtplanungsamt vorgeschlagen hatte. Es hatte drei Entwürfe zum Bau von Mehrfamilienhäusern präsentiert.
Zudem greife hier das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“nicht, da weniger als zehn Wohneinheiten geplant sind. „Klientenpolitik statt zukunftsgerichteter und sozialer Wohnungspolitik ohne eine Antwort auf Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu liefern, löst kein Wohnungsproblem, sondern schafft sozialen Unfrieden“, sagte GrünenStadträtin Hermine Städele.
Kritik kommt auch vom Naturschutzverband Nabu. Da solle großzügig eine ökologisch wertvolle Fläche bebaut werden unter Zuhilfenahme des Paragrafen 13b, heißt es in einer Stellungnahme des
Weingartener Nabu-Sprechers Hubert Kapler. Der Paragraf sei umstritten. Ihn hier anzuwenden sei gänzlich unangemessen. „Die eigentliche Problemlage ist jedoch viel weitreichender“, schreibt Kapler. Es fehlt der überfällige Diskurs darüber, welche Haltung die Stadt allgemein bezüglich zukünftiger Bebauung einnehmen will.“
Das vorgelegte Stadtentwicklungskonzept (SZ berichtete) rechne mit einer Entwicklung von über 80 Hektar Wohn- und Gewerbeflächen. Das entspreche etwa 130 Fußballfeldern innerhalb von 20 Jahren.
Über dieses Flächenentwicklungskonzept müssten zunächst Gemeinderat und Bürgerschaft ergebnisoffen diskutieren und einen Konsens erarbeiten, damit ein tragfähiger, nachhaltiger Fahrplan für die Siedlungsentwicklung entstehe, fordert Kapler. Dagegen entstehe jedoch der Eindruck, die Stadt scheue den schwierigen Abwägungsprozess und übt sich in Salamitaktik: mal hier ein Bebauungsgebiet, mal dort.