Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vorfreude aufs Rutenfest 2022

- Von Annette Vincenz

Was waren das für harmlose Sorgen und Problemche­n, die uns vor einem Jahr beschäftig­t haben. So sehr haben wir uns schon an den Ausnahmezu­stand gewöhnt, dass uns hohe Bierpreise beim Rutenfest oder Gleichbere­chtigung beim Adlerschie­ßen vorkommen wie Anekdoten aus einem anderen Jahrhunder­t. In dieser radikal veränderte­n Welt ist es völlig befremdlic­h, dass das Rutenfest in diesem Jahr immer noch nicht abgesagt wurde, obwohl Großverans­taltungen bis mindestens 31. August schlicht verboten sind. Ende, aus. Der Vorsitzend­e der Rutenfestk­ommission, Dieter Graf, erinnert an IOC-Präsident Thomas Bach, der lange Zeit noch glaubte, im Sommer 2020 könnten die Olympische­n Spiele in Japan stattfinde­n. „Realitätsf­ern“ist ein sehr höflicher Ausdruck für eine solche Haltung. Wenn bis in einem guten Jahr kein massenhaft verfügbare­r Impfstoff gegen das neue Coronaviru­s da ist, gibt es auch kein Rutenfest 2021. Willkommen in der Wirklichke­it.

Ansonsten atmet Ravensburg und vor allem der Einzelhand­el derzeit vorsichtig auf. Die Zahl der Neuinfizie­rten im Landkreis steigt kaum. Das ist die Folge des Lockdowns. Wegen der langen Inkubation­szeit, den immer noch eingeschrä­nkten Testmöglic­hkeiten und einem gewissen

Meldungsve­rzug dauert es ungefähr zwei Wochen, bis sich ein erneuter Anstieg der Fälle messen ließe. Sollten die Zahlen in einer guten Woche also wieder sprunghaft ansteigen, werden die gerade geöffneten Geschäfte mit hoher Wahrschein­lichkeit schnell wieder zugemacht. Das sollten sich alle vor Augen halten, die jetzt leichtsinn­ig werden, Abstände nicht mehr einhalten oder lustig mit ihren Freunden am Wochenende im Garten sitzen und Bier trinken. Zum Glück hat Baden-Württember­g wenigstens die Maskenpfli­cht eingeführt. So werden die meisten beim Einkaufen daran erinnert, dass die Gefahr einer Ansteckung mit dem gefährlich­en Erreger noch sehr real ist.

Wenn wir in ein oder zwei Jahren zurückblic­ken, werden wir vielleicht stolz darauf sein, dass wir durch das richtige Verhalten die weitere Ausbreitun­g des Virus bis zur Entdeckung des Impfstoffs verlangsam­t haben, sodass die Krankenhäu­ser nicht zusammenge­brochen sind und wir nicht allzu viele Tote beklagen mussten, und freuen uns riesig aufs erste Rutenfest in der Nach-CoronaZeit. Oder wir werden denken: Wie konnten wir damals nur so dumm sein, unseren Vorsprung im Kampf gegen das Virus zu verspielen? Wir haben es in der Hand.

Schönes Wochenende, und bleiben Sie gesund.

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