Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
1000-Kühe-Stall: BUND legt Beschwerde ein
Verband hält die Berücksichtigung der Einflüsse auf Schutzgebiete für zu wenig gewürdigt
OSTRACH - Die Auseinandersetzung zwischen dem Umweltschutzverband BUND und dem Landratsamt Sigmaringen wegen der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den 1000-Kühe-Stall in Ostrach-Hahnennest geht in die nächste Runde: In einer Pressemitteilung teilt der BUND-Regionalverband Bodensee-Oberschwaben mit, dass der Verband beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim Beschwerde gegen die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen einlegen wird. In dieser Entscheidung hatte das Verwaltungsgericht einen Antrag des BUND auf Baustopp abgewiesen.
Die vier in diesem Unternehmen zusammengeschlossenen landwirtschaftlichen Betriebe wollen in Hahnennest bei Ostrach einen Stall für 1000 Kühe und 80 Kälber bauen. Der BUND befürchtet negative Auswirkungen auf Umwelt und Natur durch das Großprojekt. Bei seiner Beschwerde konzentriert sich der BUND vor allem auf zwei Punkte der Urteilsbegründung, in denen die Sigmaringer Richter selbst Mängel benennen oder dem Landratsamt eine genaue Prüfung der Umsetzung empfehlen.
Die Richter hatten in ihrer Entscheidung bezüglich der Vorprüfung
über die Auswirkungen auf die FFH-Schutzgebiete nicht ausgeschlossen, dass diese in der Sache tatsächlich defizitär oder in den Akten nicht ausreichend dokumentiert sein könnte. Der BUND möchte nun prüfen lassen, ob diese Mängel tatsächlich, wie von den Richtern angeführt, in einem behördlichen Verfahren heilbar sind.
Zweiter Ansatzpunkt für seine Beschwerde sieht der BUND im Grundwasserschutz. „Der BUND befürchtet, dass durch diesen landwirtschaftlichen Industriebetrieb die Stickstoffeinträge in das Grundwasser
und die in der Nähe liegenden Schutzgebiete erhöht werden“, so Regionalgeschäftsführer Ulfried Miller. Ein Großteil der Flächen liege in Wasserschutzgebieten, „die bereits hohe Nitratwerte im Grundwasser aufweisen“, so der BUND. Sie lägen teilweise bereits über dem Grenzwert von 50 Milligramm je Liter. Das Verwaltungsgericht sah zwar keine mögliche Grundwassergefährdung, weil die Vorschriften der Wasserschutzgebietsverordnung eingehalten werden. Die Richter empfehlen allerdings dem Landratsamt, ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung
der Nitratmesswerte zu legen und zu überprüfen, ob die dargelegte Abgabekapazität (Flächen) tatsächlich und dauerhaft gemäß den Vorschriften vorhanden ist.
Für den BUND hat diese Entscheidung aber eine Bedeutung, die über den Einzelfall hinausgeht. „Es geht um grundsätzliche Rechtsfragen zur Beteiligung eines Naturschutzverbandes und zu Verbandsklagen an Bebauungsplanverfahren und immissionschutzrechtlichen Verfahren, die auf diesem Weg geklärt werden können“, wird die BUND-Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarsky-Grosch in der Pressemitteilung zitiert.
Die Auseinandersetzung um das Projekt in Hahnennest dauert inzwischen fünf Jahre. Nachdem die Planungen im Jahr 2015 öffentlich geworden waren, kam es im August zu den ersten Protesten. Im Februar 2019 erteilte das Landratsamt die nun angefochtene immissionsrechtliche Genehmigung.
Dagegen legte der BUND Widerspruch ein und wandte sich gleichzeitig ans Verwaltungsgericht. Unter anderem bemängelte der Verband, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde. Im Juni 2019 eröffneten die Landwirte in Hahnennest offiziell die Bauarbeiten mit einem Spatenstich.