Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mit Pizzaschieber und Desinfektionsmittel
In Zeiten der Corona-Krise ist vieles anders – auch die Bürgermeisterwahl in Horgenzell
HORGENZELL - Volker Restles zweite Amtszeit als Bürgermeister von Horgenzell endet am 31. Juli. Für den 17. Mai sind in Horgenzell Bürgermeisterwahlen angesetzt – keine einfache Sache in Zeiten der CoronaKrise. „Das ist echt eine Herausforderung, woran man alles denken muss“, sagt Josephine Münst. Sie ist im Horgenzeller Rathaus für die Organisation der Wahl zuständig.
Eigentlich hätten die Horgenzeller ihre Bürgermeisterwahl gern verschoben. „Aber das dürfen wir nicht“, sagt Wahlmanagerin Münst. Sie hat sich beim Kommunalamt erkundigt. Das Ergebnis: „Die Stelle ist ausgeschrieben, wir haben zwei Kandidaten, das Verfahren läuft – da könnten wir die Wahl nur noch abbrechen.“In diesem Fall müsste das gesamte Verfahren von vorn beginnen, sagt Münst. Deshalb hat die Verwaltung beschlossen, die Sache durchzuziehen. Falls je Mitte Mai eine Ausgangssperre käme, könnte das Kommunalamt im Landratsamt die Wahl immer noch abbrechen.
Worauf gilt es zu achten? „Wir dürfen keine Menschen aus den Risikogruppen als Wahlhelfer einsetzen“, sagt Münst. Sie plant eine große „Backup-Gruppe“als Reserve – für den Fall, dass viele Wahlhelfer wegen Corona-Infektion ausfallen. Die Wahllokale sollen so ausgewählt werden, dass genügend Platz zum Abstandhalten und für Hygienemaßnahmen zur Verfügung steht. „Bisher hat es noch nie zur Wahlvorbereitung gehört, Desinfektionsmittel, Handschuhe und Gesichtsmasken zu beschaffen“, sagt Münst. Sie muss auch für große Mengen Stifte sorgen, denn jeder Wähler bekommt seinen eigenen.
Apropos Abstand halten: Die Wahlhelfer dürfen die Urne erst freigeben, wenn geklärt ist, dass der
Wähler auch wirklich wahlberechtigt ist. „Sonst hätten wir einen ungültigen Wahlzettel in der Urne“, sagt Münst. In früheren Jahren haben die Wahlhelfer dazu einfach die Wahlurne mit der Hand abgedeckt. Das geht jetzt in Corona-Zeiten nicht – wegen der Abstandsregeln. „Da muss der Bauhof erfinderisch werden“, sagt Münst. Ihr schwebt eine Art Pizzaschieber vor, mit dem die Wahlhelfer die Urne aus der Entfernung bedecken können. Auf die Bauhof-Mitarbeiter kommen noch mehr ungewohnte Aufgaben im Zusammenhang mit der Bürgermeisterwahl zu. Sie müssen die Wahllokale nach den aktuellen Vorschriften einrichten und ausstatten. Wahrscheinlich werden sie bei der Wahl selbst als Ordnungsdienst eingesetzt, damit ausreichend Abstand zwischen allen Beteiligten gewahrt bleibt.
Bürgermeister Volker Restle hofft, dass nicht zu viele Bürger die Wahllokale besuchen. Damit will er nicht etwa die Wahlbeteiligung niedrig sehen. Restle appelliert an die Horgenzeller, sich dieses Mal für die Briefwahl zu entscheiden. Allein auf Briefwahl setzen dürfe die Gemeinde jedoch nicht. Das lasse das kommunale Wahlrecht nicht zu.
Bewerbungsschluss für die Horgenzeller Bürgermeisterwahl war am 21. April. Es gibt zwei Bewerber: Amtsinhaber Restle kandidiert wieder, sein Gegenkandidat ist Samuel Speitelsbach aus Ravenstein im Neckar-Odenwald-Kreis. Anders als in den Vorjahren organisiert die Gemeinde dieses Mal keine öffentliche Kandidatenvorstellung. Das hat der Gemeinderat kürzlich unter dem Eindruck der Corona-Pandemie beschlossen. Trotz all der ungewohnten Herausforderungen ist Wahl-Managerin Münst optimistisch: „Wir sind gut gerüstet, wir kriegen das hin.“