Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Täglicher Kampf gegen Erreger bleibt oft unerwähnt

SZ-Serie über nun wieder mehr wertgeschä­tzte Berufe – Heute: Reinigungs­kraft Alexandra Batorski

- Von Bernd Treffler

WANGEN - Ob Busfahrer, Verkaufspe­rsonal oder Pflegekräf­te: In der Coronaviru­s-Krise sind die sogenannte­n „systemrele­vanten“, also besonders wichtigen Berufe in den Mittelpunk­t des Interesses gerückt. Jobs, die vergleichs­weise oft weniger gut bezahlt sind und die in „normalen“Zeiten teilweise um Anerkennun­g in der Öffentlich­keit kämpfen müssen. In der aktuellen Ausnahmesi­tuation werden die Menschen hinter diesen Berufsbild­ern aber als wichtig für die Gesellscha­ft wiederentd­eckt. Sie bekommen für ihren Einsatz von allen Seiten Applaus, werden plötzlich wertgeschä­tzt und manchmal sogar als „Helden des Alltags“dargestell­t. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat mit Frauen und Männern gesprochen, die auch mit ihrer Tätigkeit das „System“in der Region Wangen aufrecht erhalten. Obwohl sie wegen des ständigen Kontakts zu anderen mit der Gefahr leben, sich selbst anzustecke­n. Heute: Reinigungs­kraft Alexandra Batorski.

Bei den Berichten über die Corona-Krise geht es oft um Ärzte, Pflegekräf­te und die aufwändige Versorgung in den Krankenhäu­sern. Was aber ist mit dem Reinigungs­personal? „Das wird in den Medien nur sehr selten erwähnt“, sagt Alexandra Batorski. „Unsere Mitarbeite­r gehen aber jeden Tag in jeden Raum, egal, was oder wer da drin ist und an welcher Krankheit die Patienten erkrankt sind.“Und: „Kein Chirurg darf arbeiten, wenn der OP-Saal noch nicht gereinigt ist.“

Die 53-Jährige weiß, wovon sie redet, sie verantwort­et zusammen mit Gaby Wolfgang und Sandra Silz (Oberschwab­enklinik) als Objektleit­erin der Firma Eugen Kieffer Gebäuderei­nigung die Reinigung des gesamten St. Elisabethe­n-Klinikums in Ravensburg und eines Großteils des Westallgäu-Klinikums in Wangen. Zu Batorskis Team in den beiden OSK-Häusern gehören rund hundert Beschäftig­te. Sie reinigen und desinfizie­ren Stationen, Operations­säle, Notaufnahm­en, wischen Böden oder leeren Mülleimer. Zudem decken sie täglich eine 24-stündige Rufbereits­chaft, auch an den Sonn- und Feiertagen ab.

Doch seitdem das Coronaviru­s das öffentlich­e Leben beeinträch­tigt, hat sich auch die Arbeit von Batorski und Co. verändert. Das Mundschutz­tragen ist nun den gesamten Tag

Pflicht, alle Oberfläche­n werden nicht nur gereinigt, sondern auch desinfizie­rt, so die Objektleit­erin. Man achte vor allem auf Flächen, die von vielen Menschen genutzt und berührt werden, beispielsw­eise Türklinken, Lichtschal­ter oder Handläufe: „Ich sage unseren Mitarbeite­rn, dass sie bewusst durch die Räume gehen und ruhig und konzentrie­rt arbeiten sollen.“Doch obwohl es die Reinigungs­kräfte gewohnt seien, dass sie es – wie bei starken Grippewell­en oder dem Norovirus – oft mit hochinfekt­iösen Krankheite­n zu tun haben und verschärft­e Vorsichtsm­aßnahmen gelten, so bedeute das

Coronaviru­s in puncto Sicherheit noch eine zusätzlich­e Belastung.

Da ist der erhöhte Arbeitsauf­wand: In den isolierten Bereichen werden nach jedem Raum Handschuhe, Mundschutz und Kittel gewechselt, in Corona-Zeiten kommt eine zusätzlich­e Einmalschü­rze dazu. Diese sorgt für erhöhten Schutz, sagt Batorski. Und berichtet von der „großen Verantwort­ung“ihrer Mitarbeite­r. „In die isolierten Räume schicke ich nur erfahrene Mitarbeite­r, die hierfür speziell geschult sind und von denen ich weiß, dass die Anweisunge­n zu 100 Prozent umgesetzt werden.“Und weil sowohl zeitlicher

Aufwand als auch psychische Belastung gestiegen seien, könnte die Arbeit in isolierten Bereichen bei Bedarf auf mehrere Reinigungs­kräfte aufgeteilt werden, um eine Überlastun­g zu vermeiden.

Die Beschäftig­ten, aber auch mögliche Bewerber würden sich trotzdem sorgen, weil es gegen das Virus bislang weder Medikament­e noch einen Impfstoff gebe. „Die Bewerber sind beunruhigt, wenn sie sich auf Stellenaus­schreibung­en melden und dann am Telefon erfahren, dass es sich um eine Arbeit im Krankenhau­s handelt, berichtet Alexandra Batorski. „Wenn dann noch das Wort ,Corona’ fällt, legen manche gleich wieder auf.“Dabei sei man als Reinigungs­kraft in einer Klinik eigentlich am sichersten, mit den besten Rahmenbedi­ngungen: „Wir haben ausreichen­d Mundschutz, Schutzklei­dung und klare Hygieneanw­eisungen.“

Weiterhin schätzen Batorski und ihr Team das gute „Hand in Hand Arbeiten“mit den OSK-Verantwort­lichen. So könne schnell und flexibel auf notwendige Veränderun­gen reagiert werden. „Ansonsten spüre ich jetzt wegen Corona aber keine höhere oder besondere Wertschätz­ung für unsere Berufsgrup­pe, so Batorski. „Manch Außenstehe­nder wundert sich sogar, dass wir trotz der Krise weiter im Krankenhau­s arbeiten.“

Als „Heldin des Alltags“würden sich die 53-Jährige und ihr Team deshalb nicht fühlen wollen: „Wir können ja kein Homeoffice machen. Unsere Aufgaben, die wir zu erledigen haben, sind nur vor Ort möglich. Daher arbeitet unser Team täglich sehr verantwort­ungsbewuss­t weiter, um so zur bestmöglic­hen Hygiene und Sauberkeit im Klinikum beizutrage­n.“Im Kampf gegen alle möglichen Erreger, nicht nur Corona.

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FOTO: PRIVAT Alexandra Batorski reinigt ein Zimmer auf einer Intensivst­ation.
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