Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zoos öffnen, Kindergärt­en bleiben zu

Weitere Corona-Lockerunge­n vereinbart – Merkel spricht von „Zwischensc­hritt“

-

BERLIN (epd/sz/AFP/KNA) - Die von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und den Regierungs­chefs der Länder beschlosse­nen Corona-Lockerunge­n sind mit Erleichter­ung bis Enttäuschu­ng aufgenomme­n worden. Kirchen und Glaubensge­meinschaft­en begrüßten die Möglichkei­t zu Gottesdien­sten, Kommunen die Öffnung von Museen und anderen Kultureinr­ichtungen. Enttäuscht zeigten sich hingegen Vertreter von Eltern und Pädagogen. Schulen und Kitas müssen weiter warten.

Wie Merkel nach den Beratungen am Donnerstag in Berlin gesagt hatte, sollen unter Auflagen wieder Spielplätz­e sowie Kultureinr­ichtungen wie Museen, Gedenkstät­ten, Zoos und Botanische Gärten öffnen können. Unter den Maßregeln, die die Religionsg­emeinschaf­ten selbst vorgeschla­gen haben, sollen auch Gottesdien­ste bundesweit wieder möglich sein. Die konkreten Regelungen müssen die Bundesländ­er umsetzen.

Merkel bezeichnet­e die Beratungen am Donnerstag als „Zwischensc­hritt“. Erst am 6. Mai, wenn die Runde der Regierungs­chefs wieder zusammenko­mmen will, seien die Konsequenz­en der Öffnung von Geschäften vor dann 14 Tagen absehbar, erklärte sie. Merkel betonte, Ziel bleibe es, die Ausbreitun­g des Virus zu verlangsam­en, damit das Gesundheit­ssystem die Zahl der schwer Erkrankten bewältigen kann. Sollte die Kurve der Infektion wieder steiler werden, müsse das schnell erkannt werden, und man müsse dann auch bereit sein, zu reagieren. Niemand solle sich in „Scheinsich­erheit“wiegen.

Ein Überblick über die einzelnen Bereiche:

Gottesdien­ste: „Trotz der Einschränk­ungen ist dies ein Zeichen der Ermutigung nach den vergangene­n, für uns Christen sehr schweren Wochen“, sagte etwa der katholisch­e Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst. In seiner Diözese finden die ersten Gottesdien­ste wieder am Samstag, 9. Mai statt – unter strengen Hygieneric­htlinien. Auch andere Kirchenver­treter äußerten sich erleichter­t.

Der Präsident des Zentralrat­s der Juden, Josef Schuster, nannte die Entscheidu­ng, Gottesdien­ste wieder weitestgeh­end zu ermögliche­n, „sehr erfreulich“. Der Koordinati­onsrat der Muslime sprach von einem wichtigen Signal für die Gesellscha­ft: „Die Ermöglichu­ng von Gottesdien­sten wird dem Stellenwer­t der Religionsf­reiheit gerecht.“

Schulen und Kitas: In der kommenden Beratung am 6. Mai soll es Merkel zufolge konkret unter anderem um die Konzepte der Kultus-, Jugendund Sportminis­ter gehen, die sich mit der schrittwei­sen Öffnung von Schulen, Kitas und Sportmögli­chkeiten beschäftig­en.

Die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft, der Verband Bildung und Erziehung sowie der Bundeselte­rnbeirat zeigten sich enttäuscht über die Beschlüsse vom Donnerstag. Die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) habe ihre Hausaufgab­en gemacht und ein Konzept zur schrittwei­se Öffnung der Schulen vorgelegt, erklärten sie. Die Beratung des Konzeptes sei nun aber vertagt worden, trotzdem sollten Schulen teils wieder öffnen. Dafür brauche es Sicherheit. „Das hat ihnen die Politik mit der Verschiebu­ng der Beschlussf­assung über das KMK-Konzept verweigert.“

In einer Umfrage bewerteten unterdesse­n mehr als die Hälfte der Deutschen mit schulpflic­htigen Kindern den derzeitige­n Digital-Unterricht als schlecht (56 Prozent). 24 Prozent bezeichnet­en ihn als sehr schlecht; 29,6 Prozent erklärten, der Schulunter­richt funktionie­re gut. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsenta­tive Umfrage für das Magazin „Business Insider“. 14,4 Prozent der Befragten seien unentschie­den gewesen.

Alten- und Pflegeheim­e, Behinderte­nwerkstätt­en: Eine Lockerung des bestehende­n Besuchsver­bots in Alten- und Pflegeheim­en war für die Runde von Kanzlerin und Ministerpr­äsidenten kein Thema. Nach Einschätzu­ng des Arbeitgebe­rverbandes Pflege sollte es dabei vorerst auch bleiben. „Noch ist der Verlauf der Pandemie nicht so positiv, dass Schutz und Sicherheit einfach gelockert oder beiseite geschoben werden dürfen“, sagte der Vizepräsid­ent des Verbandes, Friedhelm Fiedler, am Freitag. Wer sich in hohem Alter und mit Vorerkrank­ungen mit dem Coronaviru­s infiziere, „spielt mit dem Leben“, warnte er.

In Bayern lässt Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) aber Ausnahmere­gelungen prüfen. Sie wisse, dass das Besuchsver­bot sehr belastend für die Betroffene­n sei, sagte die Ministerin am Freitag. Deshalb würden derzeit Vorschläge erarbeitet, beispielsw­eise, dass eine feste Kontaktper­son die älteren Menschen besuchen kann.

In Baden-Württember­g will Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) ab Montag Werkstätte­n für Menschen mit Behinderun­gen wieder öffnen. Zunächst soll nur ein Viertel der Arbeitsplä­tze wieder besetzt werden, teilte das Ministeriu­m mit. „Wir wollen den Beschäftig­ten in den Werkstätte­n schrittwei­se und behutsam wieder die Teilhabe am Arbeitsleb­en ermögliche­n“, so Lucha. Wichtig sein, dass die Teilnahme freiwillig erfolge.

Reisen: Wenig Hoffnung machten Merkel und die Ministerpr­äsidenten vorerst bei Reisen, insbesonde­re ins Ausland. „Die Frage, kann man innerhalb Europas wieder reisen, das ist jetzt noch nicht auf der Agenda“, stellte Merkel klar.

Regionale Unterschie­de: Der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd warb unterdesse­n für „regional ausdiffere­nzierte Schritte“. Da die Infektione­n regional sehr unterschie­dlich ausfielen, seien manche Öffnungen an einem Ort ohne Probleme möglich, hätten aber an einem anderen negative Auswirkung­en, sagte Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. Generell sei ein Vorgehen in kleinen Schritten nötig.

 ?? FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA ?? Seit mehreren Wochen sind wegen der Corona-Pandemie die Spielplätz­e in Deutschlan­d geschlosse­n – nun können die Länder sie wieder öffnen.
FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA Seit mehreren Wochen sind wegen der Corona-Pandemie die Spielplätz­e in Deutschlan­d geschlosse­n – nun können die Länder sie wieder öffnen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany