Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Maikundgeb­ungen vorwiegend im Internet

DGB-Chef Hoffmann warnt Unternehme­n vor Arbeitspla­tzabbau in der Corona-Krise

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BERLIN (dpa/epd) - Mehr als 10 Millionen Arbeitnehm­er in Kurzarbeit, und die schlimmste­n wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise kommen womöglich erst noch. Zum Tag der Arbeit sind die Themen der Gewerkscha­ften brennend wie nie. Mit einem vor allem im Internet organisier­ten Protest warnten Gewerkscha­ften am 1. Mai vor Einschnitt­en zulasten von Beschäftig­ten.

„#Solidarisc­hNichtAlle­ine“lautete das Motto, unter dem der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) mit Musik und Videoschal­ten – auch über den Dächern von Berlin – den 1. Mai beging. „Ich warne die Unternehme­n dringend davor, die Krise jetzt für zusätzlich­en Arbeitspla­tzabbau zu missbrauch­en“, sagte DGBChef Reiner Hoffmann. „Wenn es wieder bergauf geht, werden ihnen diese Fachkräfte fehlen.“Anstatt nun die alte Melodie „Wir müssen den

Gürtel enger schnallen“zu bedienen, müsse mit ordentlich­en Löhnen die Kaufkraft breiter Bevölkerun­gsschichte­n gesichert werden. „Dazu gehört auch ein armutsfest­er Mindestloh­n – und der liegt bei zwölf Euro die Stunde“, sagte Hoffmann. Derzeit beträgt der Mindestloh­n 9,35 Euro.

Alle acht Mitgliedsg­ewerkschaf­ten und alle DGB-Bezirke mobilisier­ten im Netz. Es gab nur vereinzelt­e und kleine Kundgebung­en. Am Freitagmor­gen stellten sich DGB-Vertreter mit einem großen Banner mit dem Slogan „Solidarisc­h ist man nicht alleine!“vor das Brandenbur­ger Tor.

In Baden-Württember­g forderte der DGB einen starken Sozialstaa­t über die Coronaviru­s-Pandemie hinaus. Vieles, was der Gewerkscha­ftsbund schon lange auf der Agenda habe, sei jetzt gesellscha­ftlicher Konsens, sagte DGB-Landesvors­itzender Martin Kunzmann in einem Videostrea­m. Das Dogma der schwarzen Null gelte nicht mehr, auch Arbeitgebe­r forderten mehr öffentlich­e Investitio­nen. Bessere Bildung und mehr Chancengle­ichheit seien in aller Munde, Deutschlan­d bekenne sich zu mehr europäisch­er Solidaritä­t.

„Wir werden alles daran setzen, dass dieser neue Konsens die Krise überdauert“, sagte Kunzmann.

Die SPD-Spitze forderte ein Recht auf Homeoffice mit klaren Regeln: Mittelfris­tig müsse stärker darauf geachtet werden, wie die Arbeitsplä­tze zu Hause ausgestatt­et seien, sagte Parteichef­in Saskia Esken.

In Berlin gab es bis zum Nachmittag keine größeren Demonstrat­ionen oder Verletzung­en der Abstandsre­geln. Über den Tag verteilt waren nach Angaben einer Polizeispr­echerin in der Hauptstadt 32 Kundgebung­en mit maximal 20 Teilnehmer­n genehmigt worden.

Später versammelt­en sich aber mehr als tausend Anhänger der linken Szene. Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) sprach von „geballter Unvernunft“. Dennoch sei es „bislang ein friedliche­r 1. Mai“, teilte er am frühen Abend mit.

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FOTO: DPA Erster Mai in Corona-Zeiten: Symbolprot­est statt Großdemo.

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