Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Direkteinstieg des Bundes bei Lufthansa rückt näher
Staatshilfen von bis zu zehn Milliarden Euro im Gespräch – Piloten bieten Gehaltsverzicht an
FRANKFURT/BERLIN (dpa/AFP) Die Bundesregierung plant laut einem Bericht des „Spiegels“einen Direkteinstieg bei der angeschlagenen Fluggesellschaft Lufthansa. Dem Magazin zufolge geht es um Hilfen im Gesamtvolumen von bis zu zehn Milliarden Euro. Der „Spiegel“berief sich auf Angaben aus Verhandlungskreisen.
Demnach soll gut die Hälfte davon – 5,5 Milliarden Euro – als stille Beteiligung fließen. Dafür verlange der Bund eine direkte Beteiligung von 25,1 Prozent an dem Dax-Konzern sowie eine Garantiedividende von neun Prozent. Zudem solle die staatliche Förderbank KfW 3,5 Milliarden Euro bereitstellen. Die Regierung bürge dafür.
Das Finanzministerium teilte auf Anfrage mit: „Wie üblich äußern wir uns nicht zu einzelnen Unternehmen.“Die Lufthansa wollte den Bericht nicht kommentieren. Konzernchef Carsten Spohr hatte kürzlich vor einem zu großen Staatseinfluss auf sein Unternehmen gewarnt. Anstelle des direkten Staatseinstiegs prüft die Lufthansa auch eine Insolvenz in Eigenverwaltung.
Kosten sparen könnte der Konzern bei den Gehältern. Die Piloten der Lufthansa bieten dem Unternehmen einen freiwilligen Gehaltsverzicht bis zum Sommer 2022. Voraussetzung ist der Verzicht auf die Insolvenz in Eigenverwaltung. Ein derartiges Schutzschirmverfahren erfülle die Anforderungen nicht, die Krise sozialpartnerschaftlich zu überwinden, teilte die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) mit.
Das Angebot beinhalte für die mehr als 5000 aktiven Piloten im
Konzerntarifvertrag ein um bis zu 45 Prozent abgesenktes Gehalt und habe ein Gesamtvolumen von 350 Millionen Euro. Enthalten sei auch eine weitere, kurzzeitig wirksame Absenkung des Kurzarbeitergeldes. Aktuell seien die Cockpitkosten mit Einverständnis der Gewerkschaft bereits um mehr als 50 Prozent abgesenkt.
Im Falle einer Insolvenz in Eigenverwaltung stünden Betriebsrenten und Übergangsvergütungen zur Disposition, weil der Konzern versuchen könnte, die Pensionsverpflichtungen loszuwerden. Auch könnten leichter Tarifverträge gekündigt und Beschäftigte entlassen werden. Lufthansa hat für den gesamten Konzern bislang von einem Personalüberhang von rund 10 000 Beschäftigten gesprochen, gleichzeitig aber das Ziel ausgegeben, möglichst viele Beschäftigte im Unternehmen halten zu wollen. Aktuell fliegen die Lufthansa-Airlines wegen der CoronaEinschränkungen nur rund ein Prozent des üblichen Programms.