Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sonnenbad mit Sicherheitsabstand
Spanien lockert die strengsten Quarantäneregeln Europas und will damit den Tourismus wieder ankurbeln
MADRID - Spanien will den Sommer retten. Bis zu Beginn der Feriensaison will das Land den Tourismus, den Motor der spanischen Wirtschaft, wieder hochfahren. Auch Hotels, Strände und Sehenswürdigkeiten sollen bis dahin wieder für Urlauber geöffnet werden – allerdings mit strengen Hygieneregeln.
In Gästeherbergen, Restaurants, Bars und an den Playas muss künftig auf Sicherheitsabstand geachtet werden. An den Stränden sollen Personenlimits sicherstellen, dass es nicht zu eng wird. Eine Maskenpflicht gilt bisher in Spanien nicht. Aber die Empfehlung der Regierung lautet, in geschlossenen Räumen und in Transportmitteln, wo wegen des Zusammentreffens vieler Menschen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht, Mund- und Nasenschutz zu tragen.
„Wir wollen Spanien wieder in Bewegung setzen“, sagte Regierungschef Pedro Sánchez. „Aber zugleich müssen wir die Gesundheit und das Leben der Bürger schützen.“Spanien habe es zwar geschafft, die Zahl der Neuinfizierungen zu reduzieren. „Doch das Virus ist noch immer da.“Am Freitag wurden von den spanischen Behörden 1175 neue Infektionen gemeldet – ein vergleichsweise geringer Anstieg um 0,5 Prozent gegenüber dem Vortag. Die Gesamtzahl der durch Tests verifizierten Covid-19-Erkrankungen stieg auf 215 216. Die Zahl der Toten kletterte um 281 auf 24 824.
Die erste Lockerung der härtesten Ausgangsbeschränkungen Europas trat bereits vor einigen Tagen in Kraft: Kinder dürfen nun wieder für eine Stunde täglich ins Freie. Von diesem Samstag an darf auch die erwachsene Bevölkerung für Sport und Spaziergänge wieder stundenweise vor die Tür. Eine Erleichterung, die von Millionen Bürgern, die seit dem 15. März unter kollektiver Quarantäne stehen, sehnlichst erwartet wird.
Am Montag werden dann, nach sieben Wochen Zwangspause, Friseure und andere Dienstleister wieder öffnen. Auch Restaurantküchen können den Betrieb aufnehmen; aber zunächst nur, um Speisen zum Mitnehmen zuzubereiten. Eine Woche später, am 11. Mai, startet die nächste Exit-Phase: Dann soll Hotels, gastronomischen Außenterrassen, Einzelhandelsgeschäften, Kirchen und Museen gestattet werden, die Türen zu öffnen – wenn auch mit strengen Auflagen. In Hotels dürfen zum Beispiel zunächst keine Büfetts angeboten werden, die Pools bleiben geschlossen. In Kirchen darf nur jeder dritte Sitzplatz besetzt werden. Vierzehn
Tage später, am 25. Mai, können Restaurants, Bars und Cafés in ihren Innenräumen Gäste bewirten. Auch Sehenswürdigkeiten, Kinos, Theater und Einkaufszentren sollen dann für Besucher geöffnet werden. Der Betrieb sämtlicher Einrichtungen wird zunächst auf 30 bis 50 Prozent der üblichen Personenkapazität begrenzt. Im Juni sollen schließlich die Strände geöffnet werden, Diskotheken dürfen aufmachen und Stierkämpfe können wieder stattfinden. Für Spaniens
Tourismusbranche wächst mit diesem Exit-Plan die Hoffnung, dass die Urlaubssaison doch noch nicht verloren ist. Als Versuchslabor für den Neustart des Fremdenverkehrssektors dienen vier spanische Ferienziele, die bereits weitgehend virusfrei sind: Die kanarischen Inseln La Gomera, El Hierro, La Graciosa und die Baleareninsel Formentera südöstlich Mallorcas dürfen bereits am kommenden Montag die Hotels öffnen und den Tourismusbetrieb wieder
aufnehmen. Andere Urlaubshochburgen, wie etwa Mallorca, sollen eine Woche später starten. Allerdings können in ganz Spanien, wegen der weiterhin geltenden Reisebeschränkung, nur einheimische Gäste beherbergt und bewirtet werden. Deswegen wollen viele Hoteliers und Gastwirte mit der Öffnung ihrer Betriebe noch einige Wochen warten.
Selbst die Spanier dürfen sich bis Juni nur innerhalb ihres Provinzbezirks bewegen. Die Ferienbranche hofft aber, dass von Juli oder August an das Einreiseverbot für ausländische Urlauber aufgehoben wird. Denn der internationale Tourismus, macht 80 Prozent der Einnahmen des spanischen Urlaubssektors aus.