Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Landwirtin appelliert: Nicht über Wiese fahren
Das Gras ist Futter für die Kühe und geht bei zu hoher Beanspruchung durch Freizeitsportler kaputt
MITTELURBACH - Seit 20 Jahren ist Sigrid Metzler Landwirtin und Jahr für Jahr hat sie das gleiche Problem: Radfahrer und Mountainbiker fahren im Frühjahr achtlos über ihre Wiesen und zerstören damit Futter für ihre Kühe. Mit ihrem Gang an die Öffentlichkeit möchte sie sensibilisieren und auf das Problem aufmerksam machen.
Ein leichter Windhauch lässt die Grashalme auf der Wiese zwischen Oberurbach und Roßberg tänzeln. Idyllisch gelegen am Waldrand sticht das Grün im Sonnenlicht hervor. Es könnte eine harmonische Szenerie sein. Doch ein Hauch von Ärger liegt in der Luft. Darauf deuten die Holzabsperrungen und Hinweiszettel mit der Aufschrift „Dieser Weg endet hier“hin. Nur die wenigsten Wanderer und Mountainbiker scheinen davon Notiz zu nehmen und gehen unter dem Balken hindurch – direkt auf die Wiese von Sigrid Metzler.
„Die Wiese ist unser Hauptfuttermittel für die Kühe“, verdeutlicht die 51-Jährige zunächst den Stellenwert der Grünfläche, der vielen Spaziergängern und Fahrradfahrern eventuell nicht bewusst ist.
Und auch das Ausmaß des kurzen Abstechers auf die Wiese erscheint dem Einzelnen vielleicht marginal, doch Metzler klärt auf: „Wenn da einer drüberfährt, ist das nicht schlimm fürs Gras. Und beim Zweiten auch nicht. Aber wenn so und so viele drüberfahren, dann ist das Gras kaputt.“Die erfahrene Landwirtin vergleicht das mit einer Fahrt durch einen stehenden Getreideacker. Dort knickt die Ernte um. Bei der Wiese sei das ähnlich, nur auf den ersten Blick nicht gleich zu sehen.
Dabei handelt sich bei ihren Grünflächen um Privatgelände. Das macht Metzler aber gar nicht so viel aus, vielmehr äußerst sie sogar Verständnis für die Freizeitsportler. „Im Herbst und Winter stören mich die Mountainbiker nicht, aber wenn das Gras wachsen und wir mähen sollten, dann ist das halt ungeschickt.“
Vor allem in der Vegetationszeit von Mitte März bis Oktober stelle der Rad- und Wandertourismus auf ihrem Gras ein Problem dar. Und zuletzt – auch aufgrund der CoronaEinschränkungen – hätte die Frequenz der Durchreisenden auf ihren Grünflächen deutlich zugenommen.
Die Absperrungen helfen da nur wenig, wie ein eindrückliches Beispiel aufzeigt. Metzler berichtet von Vorfällen im August, als sie die Kuhherde auf einer Weide am Waldrand neben den Bahnschienen einzäunte und so mancher Wanderer einfach unter dem Zaun hindurchkroch. „Manchmal ist in der Kuhherde auch ein Bulle dabei und der könnte das als Angriff verstehen, dann kann es richtig gefährlich werden“, erklärt Metzler die Tragweite derartiger Manöver.
Ein Grund, warum die Wanderer und Radler immer wieder auf ihren Wiesen entlangkommen, sieht Metzler auch darin begründet, dass sie bei den Wanderwegen im Wald keinen Anhaltspunkt nach Roßberg oder Wolfegg vorfinden. Vom Tannenbühl kommend führt der Weg zur Poppenhauser Halde, wo kein Hinweisschild nach Wolfegg weist. Allerdings
führt ein Privatweg dort auf Metzlers Gelände. Seit Kurzem hat sie dort eine Absperrung angebracht, um Radfahrer von der Durchfahrt abzuhalten.
Warum hier kein Schild den Weg nach Wolfegg angibt? Die Stadt Bad Waldsee begründet das so: „Der genannte Privatweg ist nicht Teil des Wanderwegesystems der Stadt Bad Waldsee. Unser Wanderweg Nummer 5 führt eindeutig an diesem vorbei. Hinweisschilder mitten im Wald werden von uns nur angebracht, wenn sie Teil unserer markierten Wegführung sind. Dies ist an dieser Stelle in Richtung Roßberg und Wolfegg nicht der Fall.“
Metzler hofft nun jedenfalls auf das Verständnis der Freizeitsportler und appelliert: „Ich bitte einfach darum, dass man das respektiert. Ich fahre ja auch nicht mit meinem Traktor in andere Gärten.“