Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der schwäbische WM-Traum ist beendet
Mountainbiker müssen Absage der Heim-Weltmeisterschaft in Albstadt hinnehmen
ALBSTADT (dpa/sz) - Erst verschoben, dann abgesagt: Die ersehnte Heim-Weltmeisterschaft in Albstadt entfällt für die Mountainbiker ersatzlos. Für Routinier Manuel Fumic wird das Karriereende damit anders als geplant aussehen. Junge Fahrer wie Ronja Eibl gewinnen mit der Pause Zeit. Und auch die Mountainbiker von Centurion Vaude müssen sich anpassen.
Mountainbike-Routinier Manuel Fumic hatte alles schon genau geplant. Erst die Heim-WM im schwäbischen Albstadt, dann für seine fünften Olympischen Spiele nach Tokio und anschließend einen Schlussstrich ziehen unter 20 Jahre Profisport. Doch nun kommt wegen der Coronavirus-Pandemie alles anders: Die Spiele in Japan sind vorerst auf 2021 verlegt, das heiß ersehnte Event auf der Schwäbischen Alb entfällt sogar ersatzlos, wie seit dieser Woche klar ist. Wie geht es weiter?
Fumic erwägt mit seinen 38 Jahren nun, seine Karriere über den Herbst 2020 hinaus zu verlängern. „Jetzt liegt es an mir, ob ich nochmal ein Jahr dranhänge“, sagte der Routinier. Da das Großevent in Albstadt aber auch 2021 nicht nachgeholt wird, wird zumindest die Verabschiedung vor heimischer Kulisse entfallen. „Olympia ist ein großes Ziel, aber dadurch, dass ich vier Spiele hatte, war Albstadt sogar das größere Ziel. Das war die größere bittere Pille mit der WM“, sagte Fumic.
Die Mountainbiker hatten bis zuletzt gehofft, dass entweder im Herbst oder im kommenden Jahr in Albstadt um Gold, Silber und Bronze gekämpft werden könnte. Doch der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) und die Ausrichterstadt beendeten am Donnerstag alle Hoffnungen. „Aus der Politik gab es klare Signale, dass auch im Oktober international noch mit gravierenden Reisebeschränkungen zu rechnen ist“, sagte BDR-Präsident Rudolf Scharping. Man habe deshalb in Abstimmung mit der Stadt und dem RadsportWeltverband UCI „die Notbremse gezogen“.
2021 und 2022 soll es zwar wieder Weltcups in Albstadt geben, was gerade für Fumic kein großer Trost sein dürfte. Auch die Mountainbiker von Centurion Vaude um die Topfahrer Daniel Geismayr und Ben Zwiehoff wären gerne bei der WM gefahren – quasi vor der eigenen Haustür. Und an Albstadt haben die Fahrer des Teams aus Meckenbeuren und Ravensburg schließlich sehr gute Erinnerungen.
Den Klassiker in Albstadt haben die Centurion-Vaude-Fahrer schon oft gewonnen. Die Strecken waren bekannt, die Hoffnungen groß. Nun kam eine weitere Absage dazu.
Wie für viele andere Sportler, deren Wettkampfkalender ganzjährig Reisen erfordert, ist für Fumic die derzeitige Situation vollkommen neu. „Ich war fast von November bis März im Ausland unterwegs und habe die Gelegenheit zu Hause erst mal genutzt, um Zeit mit meiner Familie und meinen drei Kindern zu verbringen“, sagte der Profi aus Kirchheim unter Teck. Sein individuelles Training sei von der derzeitigen Krise kaum beeinflusst, er fährt ohnehin meistens alleine oder in ganz kleinen Gruppen. Ansonsten gilt: Basis und Level halten, für den Tag X trainieren, sofern der bei Fumic überhaupt vor einem Rücktritt als Profisportler liegt.
Jüngeren Athleten wie der 20-jährigen Ronja Eibl, die aus der Nähe von Albstadt stammt und das Gesicht
der WM war und weiter sein sollte, könnte das um ein Jahr verschobene Großereignis Olympia sogar entgegenkommen. „Je jünger man ist, desto mehr profitiert man, weil man ein Jahr mehr zur Vorbereitung hat“, sagte die U23-Gesamtweltcupsiegerin. Die komplette Absage der WM kann die Lokalmatadorin „nicht nachvollziehen“. Sie hatte auf eine Verlegung auf 2021 gehofft, da die WM aus organisatorischen Gründen nur in einem Olympiajahr ausgetragen werden kann.