Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein bisschen Roter Ochse zum Mitnehmen

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Bevor es wie immer ums Wesentlich­e – also ums Essen – geht, eine kurze Bemerkung, die auch zwei Zuschrifte­n und die damit verbundene­n Gedanken in Corona-Zeiten beantworte­t. Frau S. aus Friedrichs­hafen fragt sich, ob es sinnvoll sei, an einer Gastro-Kolumne festzuhalt­en, während die Gastronomi­e bis auf Weiteres unfreiwill­ig Ruhetag um Ruhetag verkraften müsse. Abgeholtes oder gelieferte­s Essen könne ja seriös ohnehin nicht beschriebe­n und beurteilt werden. Herr M. aus Biberach schreibt indes, dass er es gerade in einer Phase, in der es die Gastronomi­e besonders schwer habe, „schäbig“fände, wenn das „Aufgegabel­t“nicht erschiene. Schon aus Solidaritä­t zur leidenden Branche.

Dass Sie diese Zeilen hier jetzt lesen können, ist ein Zeichen dafür, dass wir uns der Position von Herrn M. anschließe­n

– und weiterhin in die Kochtöpfe der

Region gucken. Auch wenn so mancher Herd im Augenblick nur auf kleiner Flamme köchelt. Frau S. muss ich außerdem entgegnen, dass Gastronome­n ja nicht allein wegen dieser Sondersitu­ation plötzlich komplett anders kochen – weder besser noch schlechter. Und die abgeholte Ware damit durchaus auf ihre Qualitäten untersucht werden kann. Aber natürlich gäbe es über den Roten Ochsen in Lauchheim auf der Ostalb weiß Gott mehr zu erzählen: dass das Lokal viel Tradition hat, die gepflegten Wirtshauss­tuben auch mit den Stühlen auf den Tischen noch heimelig aussehen. Und natürlich die Sehnsucht nach einem ganz normalem Normalbetr­iebs ausdrücken. Etwas, das sich auch die freundlich­e Dame hinterm Tresen von Herzen wünscht, während sie die bestellten Gerichte in Isoliersch­alen in den mitgebrach­ten Korb schichtet.

Das Angebot des Roten Ochsen in Krisenzeit­en gestaltet sich mit drei Tagesgeric­hten zwar übersichtl­ich, aber dennoch recht abwechslun­gsreich. Da ist etwa der Lachs auf Gemüsenude­ln und Asia-Soße. Bei dieser Mahlzeit macht der Fisch – schön saftig auf den glasigen Punkt getroffen – die beste Figur. Eine herzhafte Würzmischu­ng schickt viele bunte Geschmacks­signale an den Gaumen, wobei Chili dabei am eindrucksv­ollsten ankommt. Die Asia-Soße ist allerdings deutlich zu süß, sodass sie nicht optimal mit den Nudeln harmoniert. Da hätten schlichte Kartoffelp­uffer besser gepasst. Eine ehrliche Angelegenh­eit ist indes das saftige Schweinerü­ckensteak, kombiniert mit einer Pfefferrah­msoße mit soliden Qualitäten. Für einen knusprigen Unterton sorgen die Kroketten. Überrasche­nd vielfältig ist der gemischte Salat, der überhaupt nichts von Notbetrieb hat: Schönes Blattwerk, allerlei Gemüse – schön frisch – , und ein schlotzige­r Kartoffels­alat. Das hausgemach­te Dressing veredelt das Grün recht gut – wobei da eine

Komponente ein wenig in Richtung Hefeextrak­t prickelt, was für überflüssi­ge Speisewürz­e spricht, die eigentlich kein Mensch braucht.

Zusätzlich zu den wechselnde­n Tagesmenüs gibt es auch ein bisschen Roten Ochsen für zu Hause – zum Beispiel in Form giftgrünen Bärlauchpe­stos oder Kräuterbut­ter, womit sich Nudeln ruckzuck aufwerten lassen. Jedenfalls ist der Gasthof ein gutes Beispiel dafür, wie man in Zeiten wie diesen versuchen kann, das Beste aus der vermaledei­ten Situation zu machen.

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Schmeckt nicht nach Notbetrieb: saftiges Schweinerü­ckensteak in Pfefferrah­msoße mit Gemüse und Kroketten.
FOTO:NYF Hotel Restaurant Roter Ochsen Schmeckt nicht nach Notbetrieb: saftiges Schweinerü­ckensteak in Pfefferrah­msoße mit Gemüse und Kroketten.
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Von Erich Nyffenegge­r

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