Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bei Dividenden verdient der Fiskus mit
Steuerpflichtige können Pauschbetrag von ihren Einkünften aus Kapitalvermögen abziehen
STUTTGART - Wer am Kapitalmarkt Dividenden, Zinserträge oder Kursgewinne einstreicht, muss immer auch mit dem Fiskus rechnen. Ausschüttungen von Aktiengesellschaften, Zinszahlungen aus Anleihen oder Spar- und Bausparverträgen, aber auch Gewinne aus der Veräußerung von Aktien oder Bonds gelten als Überschusseinkünfte gemäß des Einkommensteuergesetzes (EStG). Man muss sich also im Klaren sein, dass der Fiskus bei Einkünften aus Kapitalvermögen gerne mitverdient.
Allerdings können die Steuerpflichtigen von ihren Einkünften aus Kapitalvermögen einen SparerPauschbetrag von 801 Euro jährlich abziehen, gemeinsam veranlagte Ehegatten können die doppelte Höhe, also 1602 Euro, ansetzen. Dazu muss man bei der Bank, der Fondsgesellschaft oder Bausparkasse, bei der die Anlegergelder liegen, einen entsprechenden Freistellungsauftrag einreichen. Von den Einnahmen, die nun den Sparer-Freibetrag übersteigen, errechnet das Finanzamt die abzuführende Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent sowie den Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent. Sofern die Steuerpflichtigen einer Religionsgemeinschaft angehören, fällt noch Kirchensteuer an, die je nach Bundesland acht bis neun Prozent der Abgeltungssteuer beträgt. Die im Jahr 2009 eingeführte Abgeltungssteuer gilt als eine sogenannte Quellensteuer, weil sie von dort, wo sie anfällt, nämlich bei dem jeweiligen Finanzinstitut, direkt an das Finanzamt abgeführt wird. Das bedeutet, von allen Gewinnen mit Aktien, Fonds, Zertifikaten oder Anleihen, die über den Sparer-Pauschbetrag hinausgehen, kassiert der Fiskus automatisch rund ein Viertel.
Doch was passiert, wenn ein Anleger etwa aufgrund des Kurseinbruchs durch die Corona-Krise seine Wertpapiere mit Verlust verkauft hat?
Dann schreibt ihm die depotführende Bank diese Verluste in einem sogenannten Verlustverrechnungstopf gut. Das heißt, die Bank führt auf spätere Gewinne mit Wertpapieren erst dann wieder Abgeltungssteuer ans Finanzamt ab, wenn diese Verluste ausgeglichen worden sind. Anleger, deren Depot durch den Verkauf von Wertpapieren also einen Verlust aufweist, können somit in Zukunft potenziell steuerfreie Gewinne erzielen.
Ein Problem kann allerdings entstehen, wenn ein Anleger zwei Depots bei verschiedenen Banken hat. Dann werden eventuelle Verluste in einem Depot nicht mit den Gewinnen im anderen verrechnet. Um dies zu vermeiden, bedarf es einer Verlustbescheinigung, die von der depotführenden Bank ausgestellt werden muss. Parallel dazu muss die Anlage KAP (Kapitaleinkünfte) der Steuererklärung ausgefüllt und beigefügt werden. Versäumt man es, eine Verlustbescheinigung bis 15. Dezember zu beantragen, bleiben die Verluste in dem oben beschriebenen Verlustverrechnungstopf stehen und können erst mit künftigen Gewinnen verrechnet werden.
Zu beachten ist darüber hinaus, dass sich Verluste aus Geschäften mit Einzelaktien ausschließlich mit Aktiengewinnen gegenrechnen lassen – nicht mit Kapitalerträgen aus anderen Anlagen wie Anleihen oder Sparverträgen. Realisierte Kurverluste werden also im „Verlustverrechnungstopf für Aktien“gesammelt und ausschließlich mit künftigen Aktiengewinnen verrechnet. Veräußerungsgewinne aus Aktiengeschäften dürfen dagegen mit allen anderen negativen Kapitalerträgen verrechnet werden. Veräußerungsverluste aus Zertifikaten, Fonds, gezahlte Stückzinsen beim Erwerb von Anleihen können mit allen positiven Kapitalerträgen, also zum Beispiel Dividenden, Zinsen, Veräußerungsgewinnen aus allen Wertpapiergeschäften, verrechnet werden.
Die Anlage KAP spielt auch eine Rolle, wenn die 2009 eingeführte Quellensteuer den Steuerpflichtigen gegenüber der Regelung zuvor benachteiligt. In diesem Fall kann auf der Anlage KAP eine Günstigerprüfung beantragt werden. Das Finanzamt berechnet in diesem Fall, ob es steuerlich vorteilhafter wäre, wenn die Einkünfte aus Kapitalvermögen in die Berechnung der normalen Steuer einbezogen werden. Ist dies der Fall, verfährt das Amt entsprechend. Die Günstigerprüfung findet ausschließlich auf Antrag statt. Bleibt das entsprechende Kreuz auf dem Antrag aus, wird sie nicht durchgeführt. Bei erfolgreicher Günstigerprüfung wird die zu viel gezahlte Abgeltungssteuer zurückerstattet.