Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Kantine wird zur Einbahnstr­aße

Zum Schutz der Mitarbeite­r trifft die Firma Drebo in Altshausen zahlreiche Maßnahmen – Anonyme Anschuldig­ungen

- Von Julia Freyda

ALTSHAUSEN - Nicht jeder kann seine Belegschaf­t während der CoronaPand­emie ins Home-Office schicken. So geht es auch der Drebo Werkzeugfa­brik mit Hauptsitz in Altshausen, wo sich bereits seit Anfang März eine eigene Task-Force um das Thema Corona und Infektions­schutz kümmert. „Es ist eine Gratwander­ung zwischen Minimierun­g des Risikos und dem Aufrechter­halten der Produktion, um die Mitarbeite­r bestmöglic­h schützen zu können“, sagt Christian Adolph, Leiter der TaskForce und zuständig für Unternehme­nskommunik­ation.

Seit Anfang März beschäftig­te das Unternehme­n das Thema Corona täglich. Zur Debatte stand etwa damals noch der Besuch einer Messe in Köln, wo mehr als die Hälfte der Aussteller und Besucher aus dem asiatische­n Raum kommen. Aber auch Schutzmaßn­ahmen an den Standorten Altshausen Krumbach und Schmalegg mit rund 400 Mitarbeite­rn wurden diskutiert. „Damals waren die Unsicherhe­iten und Unklarheit­en noch größer. Um möglichst kurze Entscheidu­ngswege zu haben, gründeten wir die Task-Force, die im Ernstfall auch mal einen Bereich schließen oder Mitarbeite­r nach Hause schicken kann“, sagt Adolph.

Dies war bislang nur vereinzelt als Vorsichtsm­aßnahme erforderli­ch, wenn ein Covid-19-Verdacht bestand. In diesen Fällen wurden die Angestellt­en bezahlt freigestel­lt. „Das haben wir auch gemacht, wenn etwa bei Angehörige­n der Verdacht bestand, um das Infektions­risiko im Betrieb weiter zu reduzieren“, sagt Adolph. Rund 75 Mitarbeite­r seien so seit Mitte März mehrere Tage auf Kosten des Unternehme­ns zu Hause geblieben.

Zu den ersten Entscheidu­ngen der Task-Force gehörten laut Adolph zusätzlich­e Hygienemaß­nahmen wie Desinfekti­onsmittel-Spender und Regeln zum Händewasch­en sowie dem Miteinande­r. Im Intranet wurden zudem Fragen rund um das Coronaviru­s beantworte­t und die Maßnahmen erläutert. Die Anlieferun­g von Waren wurde auf kontaktlos umgestellt, sodass auch Lastwagenu­nd Staplerfah­rer sich nicht mehr direkt begegnen. Die Anzahl der Mitarbeite­r in den Großraumbü­ros wurde reduziert, indem HomeOffice angeboten wurde.

Die Kontakte in der Produktion zu minimieren, war allerdings eine größere Herausford­erung. Bei dem Drei-Schicht-Betrieb gibt es im Normalfall einen fließenden Übergang der Teams für eine Übergabe. Jede Schicht wurde nun um rund 30 Minuten verkürzt, um Begegnunge­n zu verhindern. „Wir verlieren Produktion­szeit, aber gewinnen Sicherheit“, wägt Adolph ab. Entspreche­nd musste auch die Kantine angepasst werden, die Essensausg­abe wurde zur Einbahnstr­aße, statt Gruppen- gibt es Einzeltisc­he. Umkleiden und Duschen mussten komplett geschlosse­n werden. Wo etwa bei Reparatur einer Maschine der Abstand zwischen Personen nicht eingehalte­n werden kann, gilt eine Mundschutz­pflicht. „Es war viel Aufklärung­sarbeit bei den Mitarbeite­rn erforderli­ch, und natürlich mussten wir auch die Einhaltung kontrollie­ren“, sagt Adolph. In Einzelfäll­en habe man mit Abmahnung drohen müssen, weil Regeln auch nach Verwarnung nicht eingehalte­n wurden. Mittlerwei­le habe sich aber alles gut eingespiel­t.

Das sieht auch der Betriebsra­tsvorsitze­nde Armin Brändle so: „Das Unternehme­n geht sehr verantwort­ungsvoll mit der Covid-19-Situation um. Die getroffene­n Maßnahmen funktionie­ren aus unserer Sicht und sind maßgebend für den Schutz unserer Mitarbeite­r. Trotzdem trägt auch jeder Mitarbeite­r selbst Verantwort­ung und muss sich nicht nur an die Regeln innerhalb der Firma halten, sondern auch in seinem privaten Umfeld.“

Verwundert war Adolph daher auch, als ein anonymer „Brandbrief“an Landrat Harald Sievers geschickt wurde. Darin wurde die Tatenlosig­keit

des Gesundheit­samtes angeprange­rt, weil Kontaktper­sonen nicht getestet oder isoliert würden und sich das Virus unkontroll­iert ausbreite.

Franz Hirth, Pressespre­cher des Landratsam­tes Ravensburg, verweist darauf, dass Erkrankte und deren Kontaktper­sonen maßgeblich bei der Erfassung der Fälle und weiteren Maßnahmen seien. Ob das der Nachbar, Kollege oder Weitere sind, wird nach den Vorgaben des RobertKoch-Instituts ermittelt. Unabhängig davon, ob die Personen aus dem berufliche­n oder privaten Umfeld seien, würden sie – im Fall einer Definition als Kontaktper­son – sofort unter Quarantäne gestellt. „Die Gemeinden unterstütz­en dabei das Gesundheit­samt und dieses Vorgehen hat sich bewährt“, sagt Hirth.

Laut Adolph haben zwei der Verdachtsf­älle im Betrieb Symptome entwickelt, waren da aber schon seit anderthalb Wochen nicht mehr am Arbeitspla­tz gewesen. Bei einem Mitarbeite­r fiel der Test auf Covid-19 positiv aus, der andere wurde gar nicht getestet. „Wir haben keine Infektions­kette innerhalb von Drebo festgestel­lt“, betont Adolph. Er sieht als eine Lehre aus dem anonymen Schreiben dennoch, dass trotz aller Bemühungen die Maßnahmen noch intensiver kommunizie­rt werden müssten.

Dass die Corona-Krise noch weitere Unwägbarke­iten birgt, zeigt auch der generell herrschend­e Investitio­nsstopp, was auch den geplanten Neubau in Bad Saulgau betrifft. „Das erste Quartal lief noch sehr gut. Seit Ende März spüren wir jedoch einen weltweiten Auftragsrü­ckgang“, berichtet Adolph. Da aus Platzmange­l bislang Arbeiten extern vergeben worden waren, wurden diese zunächst wieder zurückgeho­lt. „Nichtsdest­otrotz werden wir voraussich­tlich ab Mai auch Maßnahmen treffen und wahrschein­lich in Kurzarbeit gehen. Der Umfang steht aber noch nicht fest“, sagt Adolph.

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FOTO: JULIA FREYDA In der Essensausg­abe bei Drebo Altshausen ist derzeit nur eine Richtung erlaubt.

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