Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Franz Josef Kuhnle wird 94
Geburtstagsständchen für den Bischof im Pflegeheim
- Die Corona-Isolation zusätzlich zu den „normalen“Altersbeschwerden macht den Senioren in den Pflegeheimen viel Kummer und Leid. Es trifft ausnahmslos hoch und niedrig unter den Bewohnern, wenn man mal davon absieht, dass dort das Leben ziemlich unterschiedslos verläuft. So drückt die ohne Ausnahme jedem drohende Epidemie die Stimmung. Glücksmomente bescheren allen im Haus die Geburtstage. Für Schwestern und Pfleger sind sie Gelegenheit, mit diesem Anlass etwas mehr Abwechslung und Lockerheit in den beschwerlichen Alltag zu zaubern.
Darauf hoffte man auch in dem Pflegeheim in Tettnang, in dem der frühere Weihbischof der Diözese Rottenburg Stuttgart, der Stuttgarter Franz Josef Kuhnle, am Montag seinen 94sten beging. Doch es kam noch etwas Unerwartetes dazu.
Und alle im Haus hatten je nach noch vorhandener Aufnahmefähigkeit ihre Freude daran. Denn Freunde des früher an vielen Stationen im Land tätigen und umgänglich-kontaktfreudigen Kirchenmannes ließen sich etwas einfallen. Das Besuchsverbot wegen Corona muss doch etwas gelockert werden können, ohne selber in das Haus zu kommen. Die inzwischen ebenfalls ergrauten oder kahl geworden früheren Vikare des Jubilars in Künzelsau und Stuttgart (Fidelis), wo Kuhnle vor seiner Weihe zum Bischof Pfarrer war, versammelten also weitere Freunde aus dem Bodenseeraum. Vor dem von außen zugänglichen Balkon des Pflegeheims sangen sie als ein gemischter Männer- und Frauenchor ein veritables und kräftiges Ständchen zum Geburtstag. Die Rührung bei Bewohnern und Personal und beim Gefeierten selber war unübersehbar. Die Sänger kamen von den Ufern des Bodensees, aus Wangen und aus Ravensburg, stellvertretend für die vielen Freunde des Bischofs aus seiner Tätigkeit in der ganzen Diözese.
In Ravensburg-Oberzell war Kuhnle seit 1997 bis 2018 nominell als Ruheständler, aber praktisch als „Vikar“noch einmal voll in die Gemeindeseelsorge eingestiegen. Seine erste Station 1991 nach seinem Abschied aus der Rottenburger Kirchenleitung waren Schwarzenbach und Roggenzell bei Wangen. Dort war er, was noch ziemlich ungewöhnlich in der Kirche für einen Bischof war, nach Naturell und Engagement auf Gemeindeebene wieder bis zum „Ruhestand“1997 als „gewöhnlicher“Pfarrer tätig.