Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Ich erwarte noch diese Woche weitere Grenzöffnu­ngen“

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Gibt es Länder, die besonders auf einen Neustart des grenzübers­chreitende­n Tourismus drängen? Ja. Mehrere EU-Staaten haben in den vergangene­n Wochen nationale Alleingäng­e gestartet. Das liegt an der großen wirtschaft­lichen Bedeutung des Tourismus: In Deutschlan­d trug der Sektor laut dem internatio­nalen Tourismusv­erband WTTC 8,6 Prozent zum Bruttoinla­ndsprodukt bei, in Italien über 13 Prozent, in Spanien 14,6, in Österreich 15,4 und in Griechenla­nd sogar 20,8 Prozent. Millionen Arbeitsplä­tze hängen in Europa direkt oder indirekt am Fremdenver­kehr. Die griechisch­e Regierung hat am Montag europaweit­e Regelungen gefordert – und angekündig­t, andernfall­s Abkommen mit einzelnen Staaten abzuschlie­ßen. Man verhandle unter anderem mit Israel, Zypern, Österreich, Australien und Bulgarien. Kroatien plant erste Öffnungen für Touristen ab dem 18. Mai – und will mit Slowenien und Österreich verhandeln, um Durchfahrt­srechte für Deutsche und Tschechen

STUTTGART (tja) - Grenzen öffnen, Urlaub möglich machen: Baden-Württember­gs Europa- und Tourismusm­inister Guido Wolf (CDU, Foto: dpa) hat klare Wünsche an EU und Bund.

Was erwarten Sie von der EU-Kommission in puncto Tourismus?

Diese Branche steht für elf Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es der EU, für zwölf Prozent der Arbeitsplä­tze und für drei Millionen Unternehme­n. 90 Prozent davon sind kleine und sehr kleine Unternehme­n. Es ist gut, dass die Kommission dieses Problem erkannt hat: Der Tourismus steht dadurch auf EU-Ebene im Fokus wie lange nicht mehr. Die wirtschaft­liche Bedeutung dieser Branche ist nicht zu unterschät­zen.

Ich erwarte, dass die Kommission die verschiede­nen Aspekte beleuchtet und angeht. Ich denke da an die koordinier­te Öffnung der Binnen-, später auch der Außengrenz­en. Außerdem wäre eine europaweit koordinier­tere Vorgehensw­eise etwa bei Hygiene-Regeln in Feriengebi­eten sinnvoll.

Welche Bedeutung haben EUUrlauber für den Südwesten?

Für Baden-Württember­g ist der Tourismus eine Leitökonom­ie. Rund 80 Prozent der Gästeankün­fte und -übernachtu­ngen stellen zwar die Baden-Württember­ger selbst. Das heißt aber nicht, dass uns Europa im Tourismus-Bereich egal wäre oder egal sein dürfte. Im Gegenteil: Die ausländisc­hen Gäste bilden immerhin rund ein Fünftel der Ankünfte und Übernachtu­ngen.

Viele Grenzen sind geschlosse­n, können Sie dennoch Hoffnung machen auf Urlaub im Ausland? Die EU funktionie­rt ohne offene Grenzen nicht. Ich erwarte, dass wir in Deutschlan­d noch in dieser Woche zu weiteren Grenzöffnu­ngen zu den Nachbarsta­aten kommen. Ich kann gut verstehen, dass die Menschen mit Blick auf die Urlaubssai­son allmählich ungeduldig werden. Ich denke, am wichtigste­n ist, dass die Menschen für den Sommer eine Perspektiv­e bekommen: Sei es nun der Urlaub im Ausland oder der Urlaub im Ländle – die Menschen brauchen eine Pause. Und die haben sie verdient, wenn auch derzeit nur unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsre­geln.

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