Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Hannah Arendt zieht am Philosophenweg ein
Auf dem Höhenweg am Veitsburghügel verweist eine Info-Tafel jetzt auch auf die politische Denkerin
RAVENSBURG - Mit seiner schönen Aussicht auf das Schussental ist der Philosophenweg bei Spaziergängern und Vorübergehenden beliebt. Seit dem Jahr 2008 pflegt die Kunstschaffende Karin Nowak hingebungsvoll einen der beschaulichen Gärten am Hügel. Auf ihren Wunsch hin hat Maximilian Dechant, Sprecher
der Agendagruppe Veitsburg, jetzt eine Tafel für Hannah Arendt angefertigt.
Der wohl bekannteste Philosophenweg führt in Heidelberg mit Blick auf das Schloss ebenfalls an einem Hang entlang. Schon im Jahr 2005 hat die Agendagruppe Veitsburg dem Namen des Philosophenwegs in Ravensburg mit einer Beschilderung Nachdruck verliehen.
Die Gruppe brachte mehrere Tafeln mit Wissenswertem über verschiedene Philosophen an. Die Porträts darauf hat Maximilian Dechant gezeichnet.
Über den QR-Code in einer unteren Ecke der Schilder kommt man direkt zu den jeweiligen WikipediaArtikeln über die Geistesgrößen. Im Juni 2015 eröffnete Oberbürgermeister Daniel Rapp den Themenweg. Flanierende Spaziergänger können in gebotener Kürze Kant und Wittgenstein begegnen, Schopenhauer, Adorno und Martin Heidegger. „Denken lernen wir, indem wir auf das achten, was es zu bedenken gibt“, sagt der in Meßkirch geborene Professor und Universitätsrektor.
Weil er dem Nationalsozialismus nahestand und Zeit seines Lebens nicht davon abrückte, fällt immer wieder ein Schatten auch auf sein Werk. Seine Schülerin und langjährige Geliebte Hannah Arendt erregte 1960 als Berichterstatterin des Eichmann-Prozesses in Jerusalem Aufsehen und mit ihrer Feststellung der „Banalität des Bösen“.
Weil die Kunstschaffende Karin Nowak in der Reihe der Philosophen eine Frau vermisste, ergänzt jetzt die bedeutende Philosophin und politische Denkerin Hannah Arendt (1906 bis 1975) die Serie. Letzte Woche brachte Maximilian Dechant die Tafel für Hannah Arendt an. Kennzeichnend für die angesehene, immer noch aktuelle Philosophin ist, dass sie den Menschen von seinem Anfang her begreift, von seiner Geburtlichkeit, nicht von seiner Sterblichkeit. In ihrem 1967 veröffentlichten Hauptwerk „Vita activa – oder Vom tätigen Leben“sagt sie: „Der Neubeginn, der mit jeder Geburt in die Welt kommt, kann sich in der Welt nur darum zur Geltung bringen, weil dem Neuankömmling die Fähigkeit zukommt, selbst einen neuen Anfang zu machen, das heißt zu handeln.“Anstatt der von Karin Nowak geplanten Einweihungsfeier umrahmte kontemplative Stille die kulturelle Handlung. Maximilian Dechant betonte: „Ich finde es gut, dass unter den abgebildeten Philosophen am Veitsburghang jetzt auch eine Frau ist.“