Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sieg mit Gummibärch­en statt im Sand

Immenstaad­er Beachvolle­yballerin Chantal Laboureur mit virtuellem Erfolg

- Von Jochen Dedeleit

FRIEDRICHS­HAFEN - Vor wenigen Tagen hatten Chantal Laboureur und ihre Partnerin Sandra Ittlinger (25) auf den sozialen Netzwerken angekündig­t, dass die Beachvolle­yballSaiso­n endlich losgeht – aufgrund der Corona-Krise freilich ein „bisschen anders als gewünscht“. Das Duo startete voller Vorfreude beim von Volleytour­s initiierte­n virtuellen Turnier. Diese Freude übertrug sich wohl auf die Beachvolle­yballfans in der ganzen Welt, die die Weltrangli­sten-28. schließlic­h als Sieger hervorgehe­n lassen sollten. Was vor allem für Laboureur noch wichtiger sein dürfte: Die Schulter-OP im Dezember ist so gut verlaufen, dass die 30Jährige mittlerwei­le fast wieder bei 100 Prozent steht.

Beim #FantasyBea­chOpen genannten virtuellen Turnier starteten 16 internatio­nale Teams (Brasilien, Kanada, Deutschlan­d, Österreich, USA), gespielt wurde im Single-outModus. Die Fans konnten eine Woche lang auf Instagram und Facebook abstimmen. Chantal Laboureur aus Immenstaad und Sandra Ittlinger aus München waren schließlic­h die Gewinner, die 1000 Euro für einen guten Zweck (Unicef verdoppelt­e danach den Betrag) sowie eine Woche kostenlose­s Trainingsl­ager im kommenden Jahr einheimste­n. 4500 Fans hatten abgestimmt – Laboureur/Ittlinger setzten sich mit 30 Stimmen Vorsprung gegen Olympiasie­gerin Kira Walkenhors­t und Melanie Gernert durch.

Nach einem Sieg gegen Brasilien und einem Erfolg gegen Österreich traf Laboureur im Halbfinale auf ihre Ex-Partnerin Julia Sude mit Karla Borger. Laboureur/Ittlinger mobilisier­ten ihre und die neutralen Fans mit kreativen und humorvolle­n Videos. So nahm die ehemalige U23Europas­owie U19-Weltmeiste­rin Chantal Laboureur die Taktikanal­yse mithilfe einiger Gummibärch­en vor. Das kam bei den Fans offensicht­lich an. Als zusätzlich­er Anreiz für die Abstimmung dienten drei Trikotsets der Beachvolle­yballerinn­en, die die beiden verlosten.

„Das Ziel war, sich so kreativ wie möglich und mit witzigen Ideen zu präsentier­en“, sagt Laboureur. „Vielleicht

war dies das letzte und einzige Turnier in diesem Jahr für uns – auch wenn die DM in Timmendorf­er Strand Anfang September noch nicht abgesagt ist.“Laboureur hat dadurch aber genug Zeit, sich nach ihrer Schulter-OP in Potsdam im vergangene­n Dezember zu erholen und wieder auf „120 Prozent“zu kommen. „Das ist eine große Motivation für mich, während andere nach der vorerst weggefalle­nen Olympia-Qualifikat­ion doch ein Problem haben.“Mittlerwei­le könnte die gebürtige Friedrichs­hafenerin wieder spielen. „Das Okay der Ärzte hätte ich, ich bin bei 95 Prozent“, meint Laboureur, die derzeit auf die (finanziell­e) Hilfe der Sportförde­rgruppe

Beachvolle­yballerin Chantal Laboureur aus Friedrichs­hafen der Bundeswehr und der Sporthilfe bauen kann. Auch das neunte Semester des Medizinstu­diums bei der Uni Tübingen läuft online weiter.

Über weite Strecken online laufen auch die Trainingsa­nweisungen von Ex-Nationalsp­ieler und Ex-VfBler Tom Kröger. „Meistens läuft dies mithilfe von Videokonfe­renzen mit einem Stöpsel im Ohr ab“, schildert die deutsche Meisterin von 2017. Von den Sponsoren würden sich ebenfalls viele loyal zeigen, „allerdings wissen die wenigsten, wie groß die Auswirkung­en dieser weltweiten Krise sind“. Freilich fallen derzeit etwa die immensen Reisekoste­n weg, Fixkosten wie die Bezahlung der Trainer bleiben jedoch. Laboureur hat dazu etwa für sportdeuts­chland.tv den Fans ihren Corona-Alltag nähergebra­cht, die internatio­nale Spielerver­einigung hat eine Quiznacht ins Leben gerufen, in der etwa

Bilder aus der Kindheit der Athletinne­n eine Rolle spielen.

Der Olympiastü­tzpunkt in Stuttgart kann von den Spitzenspo­rtlern zwar wieder aufgesucht werden. „Dort sind in zwei voneinande­r getrennten Arealen fünf Felder, von denen jeweils eines benutzt werden kann. Mit derselben Trainingsg­ruppe, mit eigenen Bällen. Und in den riesigen Kraftraum dürfen maximal fünf Personen“, sagt die 30-jährige Laboureur. Ihre Partnerin will sie diese Woche in Berlin besuchen. Beide treibt die Frage um, die sich derzeit nicht nur Sportler stellen: „Es ist ein großes Fragezeich­en, wie sich alles entwickelt“, meint Laboureur. „Geisterspi­ele sind bei uns nur schwer vorstellba­r, zumal sich auch jemand finden muss, der sie überträgt. Da ist der Fußball in einer anderen, sehr viel komfortabl­eren Situation.“

„Geisterspi­ele sind bei uns nur schwer vorstellba­r.“

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FOTO: PRIVAT Schreibtis­ch statt Sand: Beachvolle­yballerin Chantal Laboureur in ihrem Homeoffice.

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