Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mehr Schulden unausweich­lich

- Von Hannes Koch politik@schwaebisc­he.de

Katastroph­al fällt die Steuerschä­tzung aus. Und auch in den nächsten Jahren dürfte die Finanzlage von Bund und Ländern schwierig bleiben. Deshalb wird die deutsche Politik mittelfris­tig mit höherer Staatsvers­chuldung zu leben lernen. Für 2020 hat der Bundestag bereits einen Nachtragsh­aushalt mit zusätzlich­en Krediten von 156 Milliarden Euro beschlosse­n. Die Schuldenbr­emse wurde ausgesetzt. Doch das tatsächlic­he Loch im Budget ist tiefer. Es kommen das geplante Konjunktur­programm und weitere Steuerausf­älle hinzu. Das Defizit im Bundeshaus­halt könnte am Ende dieses Jahres bei 250 Milliarden Euro liegen. Außer Schulden gibt es keinen Weg, diese Summen zu beschaffen.

2021 wird wohl nicht viel besser aussehen. Vermutlich schlagen die Kosten dieses Jahres in den öffentlich­en Haushalten durch, etwa Fehlbeträg­e der Arbeitslos­en- und Krankenver­sicherung. Die Steuereinn­ahmen werden weiter niedriger sein als vor der Krise, und Steuererhö­hungen kommen wegen der Bundestags­wahl eher nicht in Betracht. Auch 2021 könnte deshalb mit einem erhebliche­n Defizit enden. 2022 normalisie­rt sich die Lage vielleicht. Dann aber dürfte sich der Fokus wieder auf die nötigen Ausgaben richten: für digitale Infrastruk­tur, Energiepol­itik, Bildung oder den Umbau der Autoindust­rie. Kürzungen im Staatshaus­halt sind da eher nicht ratsam.

Woher soll also das Geld kommen, um die ab 2023 geplante Rückzahlun­g der Corona-Schulden von größenordn­ungsmäßig 500 Milliarden Euro zu finanziere­n? Mehr Steuern sind politisch schwierig. Niemand hat Lust, mit höheren Abgaben alte Kredite abzutragen. Für die Schuldenbr­emse könnte das bedeuten, dass sie formell in Kraft bleibt, praktisch aber umgangen wird. Trotzdem brechen die öffentlich­en Haushalte nicht an Überschuld­ung zusammen. Allmählich wird Deutschlan­d aus den Corona-Schulden herauswach­sen. Irgendwann werden wir das Maastricht-Kriterium wieder einhalten. Über den Graben zwischen Einnahmen und Ausgaben führt in den kommenden Jahren nur eine Brücke: mehr Schulden.

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