Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

SPD verteidigt Grundrente mit markigen Worten

Koalition uneins – Scholz: Kritiker gehören „ausgebuht“

- Von Klaus Wieschemey­er

BERLIN - Ein Wort genügte SPDFraktio­nsgeschäft­sführer Carsten Schneider, um den Koalitions­partner auf die Palme zu bringen. „Einskommai­rgendwas“Milliarden Euro würde die Grundrente kosten, sagte Schneider am Mittwoch. Allein bei der Rettung der Lufthansa seien ganz andere Summen im Spiel.

Bei Abgeordnet­en von CDU und CSU kam das nicht gut an. Und auch nicht, dass der Finanzmini­ster noch einen drauflegte. „Wir geben großen Unternehme­n Kredite von mehreren Milliarden Euro. Und dann kommt jemand daher und sagt, die Grundrente, die knapp über eine Milliarde kostet, können wir aber nicht bezahlen. So jemand gehört eigentlich ausgebuht“, sagte Olaf Scholz am Donnerstag.

Für den Koalitions­partner ist das eine Kampfansag­e. Dessen Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus hatte den Zeitplan erst am Dienstag infrage gestellt und eine „seriöse Finanzieru­ng“gefordert. Insbesonde­re das „einskommai­rgendwas“zeige, dass die Sozialdemo­kraten den Bezug zum Sparen verloren hätten, ätzt ein CDU-Abgeordnet­er. Doch die SPD bleibt hart. Und so dürfte die Einbringun­g des Gesetzes am Freitag in den Bundestag auch von koalitionä­ren Gegensätze­n überschatt­et sein.

Die Kritik der Union ist vielfältig: Da ist die bisher fehlende Gegenfinan­zierung

– eigentlich will Scholz die Grundrente mit einer Finanztran­saktionsst­euer bezahlen, die es aber noch nicht gibt. Zudem gibt es Kritik der Arbeitgebe­r, Bedenken der Rentenvers­icherung – und nun auch noch Corona. FDP-Fraktionsv­ize Christian Dürr riet der Koalition, „Wunschproj­ekte“wie die Grundrente angesichts der Lage auf Eis zu legen.

Die Koalition hatte sich erst im November auf die Grundrente geeinigt und den Gesetzentw­urf im Februar auf den Weg gebracht. Mit ihr sollen vom 1. Januar 2021 an Menschen unterstütz­t werden, die zwar viele Jahre in die Rentenkass­e gezahlt haben, wegen geringer Beiträge aber nur eine kleine Rente bekommen. Die Regierung geht von 1,3 Millionen Berechtigt­en und Kosten von 1,4 Milliarden Euro aus.

Wegen organisato­rischer Probleme bei der Umsetzung hat SPD-Arbeitsmin­ister Hubertus Heil inzwischen eine rückwirken­de Auszahlung ins Spiel gebracht. An der Idee hält die Partei aber weiter fest: „Die Grundrente kommt und wird aus Steuern finanziert“, sagte SPD-Fraktionsv­ize Katja Mast. Unterstütz­ung bekommt die SPD vom DGB und dem Sozialverb­and VdK: „Die Grundrente ist ein erster Schritt zu mehr Würde und Respekt. Über diesen ersten Schritt jetzt zu diskutiere­n, ist hingegen würdelos“, sagte dessen Präsidenti­n Verena Bentele.

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