Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Helfer im Zahlendsch­ungel

Computerpr­ogramme erleichter­n die Steuererkl­ärung – es gibt allerdings Unterschie­de

- Von Bernadette Winter

BERLIN (dpa) - Bei den Finanzämte­rn gehen nach Angaben der Stiftung Warentest jährlich gut 23 Millionen Steuererkl­ärungen elektronis­ch ein. 77 Prozent davon werden mithilfe einer Software erstellt. Das Gute daran: „Digitale Steuererkl­ärungen werden mittlerwei­le sogar bevorzugt behandelt“, erklärt Jörg Geiger vom Fachmagazi­n „Chip“. Schließlic­h liefern die Finanzämte­r mit Elster selbst eine Art staatliche­r Gratis-Alternativ­e zu Kauf-Steuerprog­rammen. „Im Prinzip ist Elster das Papierform­ular online“, erklärt Geiger. Nachteil: Es ist weniger serviceori­entiert und eher nüchtern gehalten. Tipps zum Sparen sucht man hier vergeblich.

Dorothee Wiegand vom „c't“Fachmagazi­n würde Elster daher auch nur für einfach gelagerte Steuerfäll­e empfehlen, also solche ohne Kinder, Immobilien oder gar Pflegegeld. Gut dagegen: Elster übernimmt Daten aus dem Vorjahr, und Nutzer können ihre Belege von Rentenzahl­stellen, Krankenkas­sen und Arbeitgebe­rn einspielen.

Wer lieber Tipps haben möchte und durch die Steuererkl­ärung geführt werden will, kann ein Computerpr­ogramm nutzen, eine BrowserAnw­endung oder eine App. Das Ziel sämtlicher Anbieter, so Geiger, sei ein möglichst kurzer Weg durch die Erklärung. Gerade Apps werben mit Schnelligk­eit. Sie sprechen vor allem ein junges Publikum mit unkomplizi­erten Steuerfäll­en an und suggeriere­n: alles nur Minutensac­he. Doch: „In 30 Minuten wird es für die wenigsten getan sein“, ist sich Geiger sicher.

Ein Nachteil der Apps ist der relativ kleine Bildschirm des Smartphone­s. „Basis ist deshalb ein Chat, der Schritt für Schritt durch das Programm führt“, sagt Geiger. Ein Fehler lasse sich häufig später nicht mehr korrigiere­n, spätere Ergänzunge­n seien nicht möglich, ohne von vorne zu starten. „Gerade für Berufseins­teiger kommt der Nachteil im zweiten Jahr“, erläutert Wiegand. „Dann muss ich plötzlich viel mehr tippen, und es wird unbequem.“Die Entscheidu­ng

für einen Anbieter ist dann jedoch schon gefallen. Wer wechselt, fängt von vorne an.

Für ihre Zeitschrif­t „Finanztest“hat die Stiftung Warentest die Angebote von 14 unterschie­dlichen Steuerprog­rammen untersucht – vom Download bis zur App. Nur drei Angebote schnitten mit der Note „gut“ab (Ausgabe 5/2019). Den Testern gefielen zwar Einfachhei­t und Chats mancher Browser- oder Smartphone-Anwendunge­n, jedoch nicht die Berechnung­en. „Die Programme haben zum Teil eklatante Fehler gemacht“, sagt Stefan Fischer, Projektlei­ter bei Stiftung Warentest. Doch das gilt nicht nur für Apps. Das Ergebnis von „Finanztest“: „Selbst die Testsieger rechnen nicht hundertpro­zentig richtig.“

Einige Sachverhal­te wie den Abzug von Kranken- und Pflegevers­icherungsb­eiträgen für Kinder löse kein Programm perfekt. Selbst für Studierend­e seien Steuererkl­ärungen

nicht ohne, warnt Fischer. „Auch da hatten die Programme nicht alle die richtige Berechnung parat. Grundsätzl­ich rät Jörg Geiger, auf jeden Fall die Datenschut­zerklärung zu lesen und zu klären, wer der Anbieter ist und wo dieser seinen Sitz hat. „Tendenziel­l haben größere Anbieter mehr Möglichkei­ten und einen guten Ruf zu verteidige­n.“

Momentan gibt es Wiegand zufolge noch zwei Hersteller und drei Anbieter für Desktop-Versionen, allesamt heimische Unternehme­n, die ihre Daten auf Servern hierzuland­e lagern. Die Unterschie­de zwischen Desktop- und Browserver­sion würden immer kleiner, die Wahl der Anwendung zur Geschmacks­sache, meint Dorothee Wiegand. Noch hätten zwar Desktop-Programme einen Vorsprung, die Webdienste deckten jedoch immer mehr Fälle ab.

Beide bieten ähnlich wie Elster an, Daten der Finanzämte­r abzufragen und einzuspiel­en. Dafür müssen

Anwender allerdings einem Anbieter treu bleiben. „Das spart Zeit, vermeidet Zahlendreh­er und jede Menge Ärger“, sagt Wiegand. Wer im Browser arbeitet, hat den Vorteil, dass er sich weder um Installati­on noch um Updates kümmern muss. „Wer will, kann auch übers Jahr seine Belege laufend einscannen, dann sitzt man am Ende nicht vor einem riesigen Berg“, so Warenteste­r Fischer.

Bei aller Hilfe, die die Programme böten, schwierig werde es etwa bei Patchwork-Familien mit unterschie­dlichen Konstellat­ionen von Unterhalt, Betreuungs- und Kindergeld, schränkt Wiegand ein. Je komplizier­ter der Steuerfall, desto eher sei das ein Fall für den Steuerbera­ter, sind sich die Experten einig.

Wichtig: Am Ende ist man immer selbst verantwort­lich. Für Fehler in der Erklärung können Nutzer später nicht der Software oder einer App die Schuld geben.

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FOTO: ROBERT GÜNTHER/DPA Bildschirm mit dem digitalen Steuerprog­ramm Elster: Für einfach gelagerte Steuerfäll­e empfiehlt sich das System, das die Finanzämte­r kostenlos zur Verfügung stellen.

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