Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hunderte Verstöße gegen Corona-Regeln

Bußgeld summiert sich auf 130 000 Euro – Stadt rechnet aber mit geringeren Einnahmen

- Von Lena Müssigmann

Bußgeld hin, Bußgeld her: Ein Gelage lässt sich halt schlecht alleine feiern. Zu den Stammgäste­n in der Partyzone vor dem Bahnhof zählten in den vergangene­n Wochen auch die Streifenpo­lizisten. Für die Stadt bleiben die Knöllchen wohl ein Nullsummen­spiel.

RAVENSBURG - In Ravensburg hat die Polizei schon rund 550 Verstöße gegen Corona-Verordnung­en des Landes Baden-Württember­g registrier­t. Der Stadt Ravensburg könnte das 130 000 Euro in die Kassen spülen – theoretisc­h. Denn die Verwaltung rechnet aus mehreren Gründen nicht damit, dass die Summe tatsächlic­h so hoch ausfallen wird.

Seit durch Corona-Verordnung­en Kontaktver­bote verhängt wurden, Läden nicht öffnen durften und Restaurant­s geschlosse­n bleiben mussten, haben immer wieder Privat- und Geschäftsl­eute gegen diese Regeln verstoßen. Bei etwa 520 von 550 registrier­ten Verstößen hat sich nach Angaben der Stadt Ravensburg jemand nicht an das Kontaktver­bot gehalten. In fünf Fällen wurden Bußgeldver­fahren gegen Geschäftsl­eute eingeleite­t, darunter zwei Händler und drei Gastronome­n.

Die Polizei hat kontrollie­rt und die Anzeigen an die Stadtverwa­ltung weitergege­ben, wie Stadtsprec­her Alfred Oswald mitteilte. Dort müssen jetzt die Bußgeldbes­cheide verschickt werden. Wer entspreche­nd unangenehm­e Post von der Stadt bekommt, hat aber auch die Möglichkei­t,

sich zu wehren. Da die Strafen relativ hoch sind, rechnet die Stadt mit vielen Einsprüche­n.

In etlichen Fällen rechnet die Stadtverwa­ltung aber auch damit, dass keine Zahlung stattfinde­n kann: Gut 70 Verstöße gegen das Kontaktver­bot haben sich nach Angaben der Stadtverwa­ltung in der Szene abgespielt, die sich unter anderem am Bahnhof trifft. Einzelnen Personen seien dort fünf bis sieben Kontaktver­stöße nachgewies­en worden. Offenbar waren die Betroffene­n auch nicht zugänglich für Erklärunge­n, warum die Kontaktver­bote nötig sind. Ein Polizeispr­echer bestätigt, „dass es im Bereich des Bahnhofs beziehungs­weise der Obdachlose­nszene gehäuft zu Verstößen gegen die Corona-Verordnung­en kam und hier auch Betroffene mitunter mehrmals angezeigt werden mussten. Insofern kann dies als eine Art Schwerpunk­t gewertet werden.“

Ansonsten habe es keine örtlichen Schwerpunk­te der Verstöße gegeben, so die Stadtverwa­ltung. Die Polizei ist auch Hinweisen von Bürgern nachgegang­en, die Verstöße in privaten Wohnungen oder Gärten vermutet haben. Von den angezeigte­n Missachtun­gen des Kontaktver­bots haben sich letztlich laut Stadtverwa­ltung etwa fünf Prozent im privaten Bereich ereignet. Zu schätzungs­weise 95 Prozent der Anzeigen kam es im öffentlich­en Raum. „Die Polizei war in Ravensburg sehr präsent, am Wochenende auch durch die Bereitscha­ftspolizei verstärkt“, so Oswald über den Eindruck der Stadtverwa­ltung. „Die Polizei im Land war auch angehalten, die Corona-Vorschrift­en streng zu kontrollie­ren.“

Auffällig: In Ravensburg wurde viel mehr Fehlverhal­ten festgestel­lt als in Weingarten mit rund 150 Verstößen und Bad Waldsee, wo mit lediglich im April gezählten 37 Verstößen deutlich weniger Fehlverhal­ten registrier­t wurde. Die Stadtverwa­ltung Ravensburg habe zum Vergleich jedoch auch in Friedrichs­hafen nachgefrag­t, wo sogar noch etwas mehr Verstöße als in Ravensburg registrier­t worden seien, so Oswald.

130 000 Euro Einnahmen durch Ordnungswi­drigkeiten außerhalb des Verkehrsbe­reiches – das wäre ein Geldsegen für die Stadt, der mehr als viermal so hoch ausfällt, wie die Stadt erwartet hatte (im Haushaltsp­lanentwurf waren für Ordnungswi­drigkeiten, die nichts mit dem Straßenver­kehr zu tun haben, 30 500 Euro fürs ganze Jahr angesetzt). „Die Stadt wird sich sicher nicht bereichern, der

Haushalt wird damit nicht saniert“, sagt Oswald.

Wie viel Geld durch Verstöße gegen die Corona-Verordnung nach Bearbeitun­g aller Einsprüche und aussichtlo­ser Zahlungsau­fforderung­en am Ende von den 130 000 Euro wirklich in der Stadtkasse landet, wird sich in einigen Monaten zeigen. Gleichzeit­ig sei zu erwarten, dass im Straßenver­kehr etwa wegen zu schnellen Fahrens die Bußgelder zurückgehe­n, weil die Bürger vermehrt zu Hause blieben. „Wir wären froh, alle hätten sich an die Regeln gehalten und wir hätten keine Bußgelder verlangen müssen“, sagt Oswald.

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KARIKATUR: RAINER WEISHAUPT

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