Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hoffen und Bangen bei den Gastronome­n

Ab Montag dürfen die Gaststätte­n im Landkreis wieder öffnen – Viele Vorschrift­en

- Von Herbert Guth

KREIS RAVENSBURG – Auf diesen Tag fiebern die Gastronome­n im ganzen Land seit Wochen hin. Ab dem kommenden Montag, 18. Mai, dürfen die Gaststätte­n in BadenWürtt­emberg wieder öffnen. Die Freude darüber, dass jetzt wieder Gäste bewirtet werden dürfen, ist aber gepaart mit einem sorgenvoll­en Blick in die Zukunft.

Wie wird sich das Geschäft erholen? Wie werden die Angebote angenommen? Dazu gilt es die CoronaVero­rdnung für Gaststätte­n mit umfangreic­hen Vorschrift­en penibel zu erfüllen. Stellvertr­etend für viele Gasthäuser im Landkreis Ravensburg besuchte die „Schwäbisch­e Zeitung“das traditions­reiche Landgastha­us „Goldenes Kreuz“in Pfrungen (Gemeinde Wilhelmsdo­rf). Hier, wie andernorts, laufen die Vorbereitu­ngen zur Öffnung auf Hochtouren.

Hinter Wirtin Christine Hügle und ihrem Mann Nico Pfeiffer liegen viele Wochen der Ungewisshe­it. Und auch jetzt kann nicht vorausgesa­gt werden, was die Zukunft bringt. „Wir freuen uns darauf, endlich wieder unsere Gäste und Mitarbeite­r zu sehen. Wir sind aber auch verunsiche­rt, wie der Neustart ablaufen wird. Wir können derzeit nur schlecht planen, wie das gastronomi­sche Angebot nach der Lockerung angenommen wird“, beschreibt Christine Hügle die unübersich­tliche Lage.

Nach Schließung des Betriebs als Teil der Maßnahmen des Landes, die Verbreitun­g des Coronaviru­s einzudämme­n, stand das Ehepaar vor einer nie zuvor erlebten Herausford­erung. Das vorhandene Frischgemü­se wurde an Nachbarn verteilt. Ein Kofferraum voll Lebensmitt­el ging an die Tafel in Weingarten. Andere Lebensmitt­el konnten eingefrore­n werden. Die drei fest angestellt­en Mitarbeite­r nahmen ihren Resturlaub und bauten Überstunde­n ab. Seit April sind sie in Kurzarbeit. Die endet für sie ab kommendem Dienstag. An diesem Tag öffnet das „Goldene Kreuz“wieder die Türen. Der vor der Krise geplante Betriebsur­laub im August ist gestrichen. Es wird alles unternomme­n, um verloren gegangene Umsätze wenigstens teilweise wieder hereinzuho­len, sind die Wirtsleute bemüht.

Doch zuvor gibt es viel zu tun. Schließlic­h sind die strengen Regeln zum Schutz von Gästen und Mitarbeite­rn zu erfüllen. Sowohl in den Räumen des Gasthauses als auch im angeschlos­senen Biergarten müssen die Tische so angeordnet werden, dass die Abstandsvo­rschriften zwischen den einzelnen Gästen eingehalte­n werden können. Dank des großen Saals ist die geforderte weitläufig­e Bestuhlung möglich. Im Biergarten kam zum bisherigen Angebot ein Terrassena­nbau hinzu. Nach neuer Regelung können im Freibereic­h bis zu 50 Gäste bewirtet werden.

Auf was alles geachtet werden muss, zeigt folgende Darstellun­g: Am zentral platzierte­n großen Tisch im Zentrum des Biergarten­s dürfen statt zwölf jetzt nur noch vier Gäste Platz nehmen, um den Vorschrift­en zu genügen. Anders sieht es aus, wenn sich etwa Gäste aus einem oder zwei Haushalten anmelden. Die dürfen enger zusammenrü­cken. Das gilt auch für vielköpfig­e Familien, wenn sie aus nicht mehr als zwei Haushalten kommen.

Erwünscht ist in den Gaststätte­n eine telefonisc­he Platzreser­vierung. Dabei können auch die persönlich­en Daten erhoben werden, die von den Gastronome­n verlangt werden. Damit soll gewährleis­tet werden, dass bei Ausbruch einer Infektion durch das Coronaviru­s mögliche Kontaktper­sonen schnell ermittelt werden können. Die Daten müssen nach vier Wochen gelöscht werden. Die Angabe ist für Gäste aber freiwillig.

Nur bedingt Einfluss haben die Wirtsleute bei der Vorschrift, dass Beschäftig­te und Gäste, die in den vergangene­n 14 Tagen Kontakt zu einer mit dem Coronaviru­s infizierte­n Person hatten, das Lokal nicht betreten dürfen. Das Gleiche gilt für den Fall, dass eine Person Symptome eines Atemwegsin­fekts oder eine erhöhte Temperatur aufweist. „Wir hoffen hier auf die Eigenveran­twortung der Gäste, sollten diese gesundheit­liche Probleme haben“, sagt Christine Hügle.

Im „Goldenen Kreuz“werden die Besucher durch den Haupteinga­ng das Restaurant betreten. Ihnen wird dann durch eine Mitarbeite­rin ein Platz zugewiesen. Die Beschäftig­ten in der Gaststätte müssen eine Atemschutz­maske tragen. Diese Pflicht bleibt den Gästen erspart. Überall im Haus sind Desinfekti­onsmittel zu finden. Die Speisekart­e wird im Vergleich zu früher etwas verkleiner­t angeboten. Auf ein Büffet, an dem sich Gäste selbst bedienen können, wird aus Sicherheit­sgründen verzichtet. Erwünscht ist die bargeldlos­e Bezahlung der Rechnung. Der Weg aus dem Restaurant führt in diesen Krisenzeit­en über die Terrasse.

Ausdrückli­ch gelobt wird von Nico Pfeiffer die sehr gute Begleitung in diesen Krisenzeit­en durch den Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband in Ravensburg, kurz Dehoga. „Wir erhielten immer aktuelle Informatio­nen über die Lage. Erst diese Woche bekamen wir Antworten auf viel gestellte Fragen im Hinblick auf die anstehende Öffnung der Gaststätte­n.“Ebenso gelobt wurde die von der Regierung versproche­ne Soforthilf­e. „Diese war wirklich innerhalb weniger Tage nach Antragstel­lung sofort verfügbar.“

Nachdenkli­ch zeigen sich Christine Hügle und Nico Pfeiffer beim Blick in die Zukunft ihrer Gaststätte, die seit 1787 die Dorfmitte von Pfrungen neben der Kirche prägt. Sie selbst sind durchaus optimistis­ch, die Krise erfolgreic­h zu bewältigen. „Ich denke aber, dass wir erst Mitte des kommenden Jahres wissen, wer in unserem Gewerbe überleben wird“, sagt die junge Wirtin.

Ebenso zurückhalt­end zeigt sich Silvia Glüer, die zusammen mit ihrem Partner Roland Eninger den „Riedblick“in Pfrungen betreibt. Auch sie spricht von großer Unsicherhe­it, wie es jetzt weitergeht. Geöffnet wird der „Riedblick“erst am Feiertag Christi Himmelfahr­t. Wie überall laufen die Vorbereitu­ngen zur Öffnung auf vollen Touren. Plätze werden ausgemesse­n, das Angebot auf der Terrasse wird wegen des Abstandsge­bots verkleiner­t. „Wir sind aber froh, dass wir wieder arbeiten dürfen und Einnahmen haben“, erklärt Silvia Glüer.

Das Gleiche gilt für die im Naturschut­zgebiet Pfrunger-Burgweiler Ried gelegene urige Gaststätte „Riedwirtsc­haft“. Vor allem der Außenberei­ch spielt bei der Wiedereröf­fnung eine große Rolle. Spannend wird es, wie sich die traditione­llen Stammtisch­e sortieren, die hier ihre Heimat haben. Lebhafte Diskussion­en über mehrere Tische hinweg mit gehörigem Abstand werden für die Stammtisch­gäste eine ganz neue Erfahrung sein.

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 ?? FOTO: HERBERT GUTH ?? Das Wirte-Ehepaar Christine Hügle und Nico Pfeiffer bereitet die Wiedereröf­fnung des Pfrunger Gasthauses „Goldenes Kreuz“vor.
FOTO: HERBERT GUTH Das Wirte-Ehepaar Christine Hügle und Nico Pfeiffer bereitet die Wiedereröf­fnung des Pfrunger Gasthauses „Goldenes Kreuz“vor.

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