Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schweigen ist Gold
Nun ist er also gekommen, der Tag, an dem die Lebensfreude wieder in die Wohnzimmer der Republik einkehrt. Eine Zeit, in der der Papa nicht „mehr seine Frau anmotzt. Er schubst sie auch nicht weg. Endlich hat er Fußball“, wie ein bekannter „Bild“Kolumnist mit anscheinend etwas eigener Sozialisation schrieb. Rosige Glückseligkeit, die jedoch nur von kurzer Dauer sein könnte.
Denn was mit Kalou begann und der Herrlich-Gate einmal mehr zeigte ist, wie wackelig das Gebilde Bundesliga mit ihrem tollen Hygienekonzept ist, das nicht einmal die Protagonisten zu verstehen scheinen. Wenn ausgerechnet Herrlich, der sich wegen eines im Jahr 2000 entfernten Hirntumors selbst als „Risikopatient“tituliert, so blauäugig handelt (Masken, Kontaktverbote und Hotel-Quarantäne scheinen nicht Erinnerung genug), wie sollen dann Hunderte Spieler unter Kontrolle gehalten werden? Die Antwort ist simpel: gar nicht. Das DFL-Konzept wird vielfach gebrochen werden, es hängt allein am Schweigen – oder zumindest nicht bei Facebook live streamen – der Beteiligten. Dies sollte allen Fans bewusst sein. Dass der nominell kontaminierte Herrlich anschließend wohl noch zu seiner Mannschaft sprach, ist Realsatire genug. Hätte die DFL hart durchgegriffen, der FCA hätte wohl komplett aussetzen müssen – und damit seinen Teil zur erneuten Unterbrechung beigetragen. Aber das schafft die Bundesliga möglicherweise sehr schnell ganz allein.