Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie Corona die Geburt verändert
Hebammen sehen Maske und Distanz als große Probleme – Doch es gibt auch positive Aspekte
WEINGARTEN - Die Geburt ist für werdende Mütter eine der größten Herausforderungen im Leben. Das hat sich durch die Corona-Pandemie nicht verändert – im Gegenteil. Die Ängste und Sorgen sind in den vergangenen Wochen und Monaten noch größer geworden, erzählen die beiden Hebammen Sabine Lauer und Brigitte König, die viele Jahre am Weingartener Krankenhaus 14 Nothelfer gearbeitet haben. Doch während sie den werdenden Müttern in vielen Gesprächen die Ängste meist nehmen können, bleibt durch die Maskenpflicht eine bislang ungekannte Distanz. Die Auswirkungen von Corona auf den Beruf der Hebammen sind gravierend – und doch nicht ausschließlich negativ.
Dabei gilt es die verschiedenen Aufgabenbereiche der Hebammen zu unterscheiden. Während Lauer sich auf Vorbereitungskurse spezialisiert hat, begleitet König die werdenden Eltern auch bei der Geburt. In der Nachsorge sind dann wieder beide tätig. Und genau diesem Bereich messen die Hebammen eine besonders große Bedeutung bei. Schließlich seien die ersten Tage nach der Geburt besonders wichtig. „Gerade an den ersten Tagen ist es wichtig, die Frauen zu beruhigen“, sagt König.
Schließlich seien die Eltern durch Corona viel häufiger alleine und würden weniger Besuch erhalten. Daher halten König und Lauer, wenn auch deutlich reduzierter, weiterhin an Hausbesuchen fest. Das sei auch medizinisch wichtig, um mögliche Probleme und Krankheiten schon frühzeitig zu entdecken. Oftmals würden sich junge Eltern nicht trauen, direkt zum Arzt oder ins Krankenhaus zu gehen.
Trotz der Besuche leidet das Verhältnis zwischen Müttern und Hebammen auch weiterhin. Ausschlaggebend sind dabei vor allem die Schutzmasken, die zwangsläufig eine Distanz aufbauen und die Vertrautheit stören. „Man hat schon das Gefühl, dass man nicht ganz so nah an die Familie kommt, wie sonst üblich“, sagt Lauer. „Die Barriere ist einfach da.“Derweil würden die Masken die Neugeborenen nicht erschrecken oder negativ beeinflussen. Daher kann Lauer ihnen durchaus etwas abgewinnen, weil sie dann das Anlegen des Babys zeigen kann und Mutter auch zum Trösten näher kommen kann. „Das entspannt mich etwas mehr.“
Denn auch das Thema Körperkontakt sei aktuell sehr schwierig. Denn eigentlich sind die Hebammen angehalten, Körperkontakt so gut es geht zu vermeiden. „Man kann die Säuglinge nicht mehr drücken und hernehmen. Das fehlt mir sehr. Ich muss mich sehr zusammenreißen, die Distanz einzuhalten“, sagt König. „Das ist für Hebammen sehr schwer, da sie viel über den Körperkontakt machen. Und auch die Frauen müssen mal in den Arm genommen werden, wenn sie getröstet werden. Das fällt im Moment alles flach.“
Noch viel schwieriger ist es für sie und die Kolleginnen, die bei den Geburten
im Kreissaal mit dabei sind. König arbeitet nach der Schließung des Weingartener Krankenhauses 14 Nothelfer mittlerweile in Wangen. „Eine Geburt ist so eine Extremsituation. Wenn das Kind kommt, bin ich ihr als Hebamme ganz nah. Da kann ich nicht ins andere Eck stehen“, sagt König, die wegen der Schutzmasken auch nicht die Mimik der werdenden Mütter beobachten kann. Auch das sei problematisch.
Daher kann Lauer ihren virtuellen Geburtsvorbereitungskursen per Videoschalte auch etwas Gutes abgewinnen. Dadurch sehen die werdenden Eltern sie auch ohne Maske. Das stärke die Bindung. Da es jedoch viele Dinge gibt, die man gemeinsam üben muss, bietet sie seit einigen Wochen und unter strengen Hygienemaßnahmen auch wieder richtige Kurse an. Allerdings mit deutlich weniger Teilnehmern als bisher. „Das Miteinander macht einen Kurs aus. Die Frauen wollen in einem intimen Rahmen Fragen stellen können. Die Ängste online nehmen geht einfach sehr schlecht“, sagt sie.
Dabei hat sich die inhaltliche Ausrichtung durch Corona auch ein wenig geändert. Lauer ist nun noch viel stärker als zuvor als Psychologin gefragt. Eine der größten Sorgen der Frauen sei gewesen, dass ihre Partner nicht mit zur Geburt in den Kreissaal hätten kommen können. Das ging sogar so weit, dass sich einige intensiv mit den $ " " ! # ! !
Themen Kaiserschnitt und Hausgeburt auseinandergesetzt hätten.
Da, mit einer einzigen und auch nur sehr kurzen Ausnahme, alle Krankenhäuser in der Region den Partner bei der Geburt jedoch zuließen, habe sie den Frauen diese Angst nehmen können. Allerdings sehen es die beiden Hebammen kritisch, dass die Männer oftmals erst zur Geburt selbst ins Krankenhaus durften. Die Stunden davor mussten die werdenden Mütter alleine durchstehen. „Das finde ich persönlich ganz schlecht. Die Frauen brauchen ihre Partner“, sagt König. „Das muss man so schnell wie möglich wieder verändern.“
Schließlich gehe es rund um die Geburt darum, die psychische Belastung so gering wie möglich zu halten. Ohne Unterstützung sei das schwierig und könne auch negative Folgen haben, so König. „Eine gute Betreuung ist das A und O bei der Geburt“, sagt die Hebamme, die den Einschränkungen aber auch etwas Positives abgewinnen kann: „Die Frauen erholen sich sehr gut, weil sie im Krankenhaus keinen Besuch mehr haben. Die Kinder und Frauen sind wesentlich entspannter.“ ! "! " " "