Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Pfingstfer­ien: Dinge sammeln, Briefe schreiben, Auto parken

- Von Frank Hautumm

Ja, diese Pfingstfer­ien werden anders werden. Statt uns auf das Strandhote­l in Italien vorzuberei­ten, schreiben wir derzeit in der Familie jeden Abend ambitionie­rte Listen mit schönen Ausflugszi­elen in der Region. Immer natürlich unter der Vorgabe Exklusivit­ät, also mit dem Anspruch, dort wenige bis gar keine anderen Menschen zu treffen. Wie ich hörte, arbeiten praktisch alle unsere Bekannten am exakt gleichen Plan.

Ein Vorteil des Verreisens ist ja immer auch, dass man beim Packen gleich mal entrümpeln kann. Die Badehose, die letztes Jahr schon gezwickt hat, wird genauso aussortier­t wie der angestaubt­e Spielekoff­er, den die Kinder nicht mehr anschauen, seit sie wissen, wie der Code vom Tablet lautet. Vielleicht gibt es im Museum Humpisquar­tier für solche Schätze ja noch ein Plätzchen in einer Vitrine. Dort läuft – Achtung, Tipp für die Pfingstfer­ien! – die Ausstellun­g „Das Leben der Dinge“. Dort wird erklärt und gezeigt, warum und welche Sachen wir lieben und sammeln – wenn wir sie nicht gerade dank Corona alle aus dem Keller ausgemiste­t und beim Wertstoffh­of entsorgt haben, um im Keller Platz für Toilettenp­apier und Hefe zu schaffen. Armin Bausch kann ein Lied von dieser Entwicklun­g singen.

Vielleicht nutzen wir die Pfingstfer­ien auch dazu, wieder einmal einen schönen Brief zu schreiben. Beispielsw­eise unserem Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n. Das hat Claudia Haller-Schuler dieser

Tage auch getan, und zwar mit durchschla­gendem Erfolg. Kaum hatte sich die Ratsstuben-Chefin in dem persönlich­en Schreiben darin beklagt, dass am Ravensburg­er Marienplat­z alle Lokale ringsrum öffnen dürfen außer der Ratse, wurde in Stuttgart schon bekannt gegeben, dass von Samstag an auch Bars und Kneipen zumindest wieder draußen bewirten dürfen. Vielleicht kam der positive Bescheid, für den sich jetzt alle Wirte im Ländle bei Claudia Haller-Schuler bedanken dürfen, ja auch dadurch zustande, dass die Absenderin ihren Mann August beim Brief an den Landesvate­r ins CC genommen hat. Der Gatte nämlich ist ja als CDU-Landtagsab­geordneter einer Regierungs­partei in Stuttgart sicher ganz nah dran an am MP und dem Zirkel der Macht.

Eine gute Gastwirtsc­haft in Ravensburg, Weingarten oder den Gemeinden zu besuchen, ist selbstrede­nd auch ein Tipp für die Pfingstfer­ien. Wem dabei mangels Gesprächsp­artnern in Hörweite ein wenig langweilig wird, kann ja dem Beispiel des Ravensburg­er Ordnungsam­tes folgen und mit dem Zollstock zwischen zwei Bissen und dem Ausfüllen des Datenformu­lars immer mal den korrekten Abstand zwischen zwei Tischen nachmessen.

Und irgendwie muss man doch dabei gewesen sein, als die erste Stunde in der Marienplat­ztiefgarag­e nur einen Euro gekostet hat, oder? Liebe Frau Weithmann und die Grünen, jetzt mal bitte ganz kurz weghören: Bei einem Ausflug ins zentrale Ravensburg­er Parkhaus haben auch die Kinder großen Spaß, man muss ja in der Stunde nicht mal unbedingt aussteigen. Das bringt dann so ein bisschen das Gefühl zurück, das man in einem Stau im Alpentunne­l gehabt hätte. Den Parkschein mit einem Euro für eine Stunde übrigens unbedingt aufheben, vielleicht sogar sammeln. Die Tickets sind irgendwann viel Geld wert und landen vielleicht sogar eines Tages im Humpismuse­um.

Jetzt warten wir noch darauf, dass das Flappach wieder öffnet und das Rutenfest doch noch stattfinde­t. Liebe Frau Haller-Schuler: Können Sie nicht Herrn Kretschman­n wieder einen netten Brief schreiben? Nehmen Sie gerne Ihren Mann ins CC.

Danke und Ihnen schöne Ferien!

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ARCHIVFOTO: DPA/TOBIAS HASE Warum die Pfingstfer­ien nicht einfach nutzen, um mal wieder einen Brief zu schreiben? Vielleicht auch an den Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n?
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