Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Pfingstferien: Dinge sammeln, Briefe schreiben, Auto parken
Ja, diese Pfingstferien werden anders werden. Statt uns auf das Strandhotel in Italien vorzubereiten, schreiben wir derzeit in der Familie jeden Abend ambitionierte Listen mit schönen Ausflugszielen in der Region. Immer natürlich unter der Vorgabe Exklusivität, also mit dem Anspruch, dort wenige bis gar keine anderen Menschen zu treffen. Wie ich hörte, arbeiten praktisch alle unsere Bekannten am exakt gleichen Plan.
Ein Vorteil des Verreisens ist ja immer auch, dass man beim Packen gleich mal entrümpeln kann. Die Badehose, die letztes Jahr schon gezwickt hat, wird genauso aussortiert wie der angestaubte Spielekoffer, den die Kinder nicht mehr anschauen, seit sie wissen, wie der Code vom Tablet lautet. Vielleicht gibt es im Museum Humpisquartier für solche Schätze ja noch ein Plätzchen in einer Vitrine. Dort läuft – Achtung, Tipp für die Pfingstferien! – die Ausstellung „Das Leben der Dinge“. Dort wird erklärt und gezeigt, warum und welche Sachen wir lieben und sammeln – wenn wir sie nicht gerade dank Corona alle aus dem Keller ausgemistet und beim Wertstoffhof entsorgt haben, um im Keller Platz für Toilettenpapier und Hefe zu schaffen. Armin Bausch kann ein Lied von dieser Entwicklung singen.
Vielleicht nutzen wir die Pfingstferien auch dazu, wieder einmal einen schönen Brief zu schreiben. Beispielsweise unserem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Das hat Claudia Haller-Schuler dieser
Tage auch getan, und zwar mit durchschlagendem Erfolg. Kaum hatte sich die Ratsstuben-Chefin in dem persönlichen Schreiben darin beklagt, dass am Ravensburger Marienplatz alle Lokale ringsrum öffnen dürfen außer der Ratse, wurde in Stuttgart schon bekannt gegeben, dass von Samstag an auch Bars und Kneipen zumindest wieder draußen bewirten dürfen. Vielleicht kam der positive Bescheid, für den sich jetzt alle Wirte im Ländle bei Claudia Haller-Schuler bedanken dürfen, ja auch dadurch zustande, dass die Absenderin ihren Mann August beim Brief an den Landesvater ins CC genommen hat. Der Gatte nämlich ist ja als CDU-Landtagsabgeordneter einer Regierungspartei in Stuttgart sicher ganz nah dran an am MP und dem Zirkel der Macht.
Eine gute Gastwirtschaft in Ravensburg, Weingarten oder den Gemeinden zu besuchen, ist selbstredend auch ein Tipp für die Pfingstferien. Wem dabei mangels Gesprächspartnern in Hörweite ein wenig langweilig wird, kann ja dem Beispiel des Ravensburger Ordnungsamtes folgen und mit dem Zollstock zwischen zwei Bissen und dem Ausfüllen des Datenformulars immer mal den korrekten Abstand zwischen zwei Tischen nachmessen.
Und irgendwie muss man doch dabei gewesen sein, als die erste Stunde in der Marienplatztiefgarage nur einen Euro gekostet hat, oder? Liebe Frau Weithmann und die Grünen, jetzt mal bitte ganz kurz weghören: Bei einem Ausflug ins zentrale Ravensburger Parkhaus haben auch die Kinder großen Spaß, man muss ja in der Stunde nicht mal unbedingt aussteigen. Das bringt dann so ein bisschen das Gefühl zurück, das man in einem Stau im Alpentunnel gehabt hätte. Den Parkschein mit einem Euro für eine Stunde übrigens unbedingt aufheben, vielleicht sogar sammeln. Die Tickets sind irgendwann viel Geld wert und landen vielleicht sogar eines Tages im Humpismuseum.
Jetzt warten wir noch darauf, dass das Flappach wieder öffnet und das Rutenfest doch noch stattfindet. Liebe Frau Haller-Schuler: Können Sie nicht Herrn Kretschmann wieder einen netten Brief schreiben? Nehmen Sie gerne Ihren Mann ins CC.
Danke und Ihnen schöne Ferien!