Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vorschriften-Fülle erschwert die Arbeit in Kitas und Schulen
Nebeneinander zweier Systeme – In Fronreute sind mehr als ein Viertel der Kitakinder in Notbetreuung
FRONREUTE - Das kommunale Leben in der Gemeinde Fronreute ist wieder in Gang gekommen. Seit gut einem Monat gib es in der Kommune auch keinen Corona-Fall mehr. Die Fülle an Vorschriften macht aber – wie auch andernorts – die Arbeit in Kindergärten und Schulen schwierig.
Fast 65 000 Euro erhält Fronreute aus den beiden Sofort-Hilfe-Überweisungen des Landes an alle Kommunen, um die finanziellen Lasten der Corona-Epidemie abzufedern. Die
Ratsmitglieder waren sich auf Vorschlag der Verwaltung schnell einig, mit diesen Zuschüssen den Ausfall der Kindergartengebühren zum Teil aufzufangen. Mit Ende des regulären Betriebs hat die Gemeinde den Eltern die Gebühren nämlich erlassen. Diese tragen allerdings weniger als ein Fünftel der Kosten für die Kindergärten.
Inzwischen gibt es die Erkenntnis: Das Schließen der drei Kindergärten und der beiden Grundschulen in Fronreute vor rund zwei Monaten war fast schon einfach, zumindest im Vergleich zum Öffnen jetzt. Denn das geht schrittweise und erfolgt nun sogar parallel über zwei Wege, wie Hauptamtsleiterin Margot Kolbeck erläutert hat.
Denn einerseits läuft seit April die Notbetreuung an Kindergärten und Grundschulen für Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen, und deren Zahl wächst stetig. In Fronreute sind schon mehr als ein Viertel der Kindergartenkinder in der Notbetreuung. Und für dieses Angebot gibt es ganz bestimmte und strikte Spielregeln.
Parallel dazu hat nun das Landeskultusministerium Anfang Mai recht kurzfristig beschlossen, die reguläre Öffnung der Kindertagesstätten (Kitas) wiederum schrittweise mit einem zunächst eingeschränkten Regelbetrieb zu beginnen, allerdings mit anderen Regeln wie bei der Notbetreuung. Und weil der Beschluss kurzfristig erfolgt ist, kamen auch die Ausführungsbestimmungen ebenso kurzfristig, wie Bürgermeister Oliver Spieß beklagte – am Wochenende und noch dazu per E-Mail nachts. Wie überhaupt anscheinend die stets sehr umfangreichen Corona-Bestimmungen im besten „Juristen-Deutsch“immer nachts eintreffen.
Der Einstieg in den eingeschränkten Regelbetrieb verlangt also die Befolgung strikter, aber eigener Regeln, weshalb das Nebeneinander mit der Notbetreuung nicht ganz einfach ist. Genannt seien nur die Stichworte Maximalzahlen für Gruppen, Quarantäne-Bestimmungen und die für Eltern aufwendig zu organisierenden kurzen Präsenzzeiten.
Dieses Nebeneinander zweier Systeme verlangt nun von Verwaltung, Kindergärten und Grundschulen teils eine Quadratur des Kreises, allein schon auf Ebene der Personaleinteilung. Möglich ist alles auch deshalb, weil es zusätzlich die kommunale Betreuung im Ehrenamt gibt. Aber auch die Verfügbarkeit des erforderlichen Raumes sprengt die vorhandenen Kapazitäten. So plant Kolbeck, die Notbetreuung teils in die BiegenburgHalle nebenan zu verlegen.
Neben diesen Fragen gibt es nach wie vor das Primat des Infektionsschutzes, was dem Wunsch der Eltern nach einer möglichst raschen Rückkehr zur Normalität entgegensteht. Denn für viele Familien wird die Vereinbarkeit von Arbeit und Kinderbetreuung immer aufwendiger, und für Alleinerziehende oder weniger Vermögende wird es vielfach eng.
Was den Primat des Infektionsschutzes angeht, so ist auch da inzwischen vieles nur theoretisch perfekt, wie Bürgermeister Spieß ausführte. So gelten die strikten Bestimmungen für Kindergärten und Schulen. Im Zuge der Lockerungen für den öffentlichen Raum und für beispielsweise Familienfeste sieht es auf privater Ebene dann bald anders aus. Daher wird es wohl so kommen, dass Kindergärten und Schulen strikte Bestimmungen befolgen, deren Wirksamkeit in der Freizeit konterkariert wird.
Unabhängig von all den Regeln hat Kolbeck die Ratsmitglieder noch auf eine ganz andere Seite erinnert, die sich im Lauf der letzten Wochen ergeben hat. Viele Erzieherinnen heben nämlich hervor, wie wichtig es auf pädagogischer, psychischer und sozialer Ebene sei, dass Kinder nicht immer nur daheim sind.