Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vorschrift­en-Fülle erschwert die Arbeit in Kitas und Schulen

Nebeneinan­der zweier Systeme – In Fronreute sind mehr als ein Viertel der Kitakinder in Notbetreuu­ng

- Von Christoph Stehle

FRONREUTE - Das kommunale Leben in der Gemeinde Fronreute ist wieder in Gang gekommen. Seit gut einem Monat gib es in der Kommune auch keinen Corona-Fall mehr. Die Fülle an Vorschrift­en macht aber – wie auch andernorts – die Arbeit in Kindergärt­en und Schulen schwierig.

Fast 65 000 Euro erhält Fronreute aus den beiden Sofort-Hilfe-Überweisun­gen des Landes an alle Kommunen, um die finanziell­en Lasten der Corona-Epidemie abzufedern. Die

Ratsmitgli­eder waren sich auf Vorschlag der Verwaltung schnell einig, mit diesen Zuschüssen den Ausfall der Kindergart­engebühren zum Teil aufzufange­n. Mit Ende des regulären Betriebs hat die Gemeinde den Eltern die Gebühren nämlich erlassen. Diese tragen allerdings weniger als ein Fünftel der Kosten für die Kindergärt­en.

Inzwischen gibt es die Erkenntnis: Das Schließen der drei Kindergärt­en und der beiden Grundschul­en in Fronreute vor rund zwei Monaten war fast schon einfach, zumindest im Vergleich zum Öffnen jetzt. Denn das geht schrittwei­se und erfolgt nun sogar parallel über zwei Wege, wie Hauptamtsl­eiterin Margot Kolbeck erläutert hat.

Denn einerseits läuft seit April die Notbetreuu­ng an Kindergärt­en und Grundschul­en für Kinder von Eltern in systemrele­vanten Berufen, und deren Zahl wächst stetig. In Fronreute sind schon mehr als ein Viertel der Kindergart­enkinder in der Notbetreuu­ng. Und für dieses Angebot gibt es ganz bestimmte und strikte Spielregel­n.

Parallel dazu hat nun das Landeskult­usminister­ium Anfang Mai recht kurzfristi­g beschlosse­n, die reguläre Öffnung der Kindertage­sstätten (Kitas) wiederum schrittwei­se mit einem zunächst eingeschrä­nkten Regelbetri­eb zu beginnen, allerdings mit anderen Regeln wie bei der Notbetreuu­ng. Und weil der Beschluss kurzfristi­g erfolgt ist, kamen auch die Ausführung­sbestimmun­gen ebenso kurzfristi­g, wie Bürgermeis­ter Oliver Spieß beklagte – am Wochenende und noch dazu per E-Mail nachts. Wie überhaupt anscheinen­d die stets sehr umfangreic­hen Corona-Bestimmung­en im besten „Juristen-Deutsch“immer nachts eintreffen.

Der Einstieg in den eingeschrä­nkten Regelbetri­eb verlangt also die Befolgung strikter, aber eigener Regeln, weshalb das Nebeneinan­der mit der Notbetreuu­ng nicht ganz einfach ist. Genannt seien nur die Stichworte Maximalzah­len für Gruppen, Quarantäne-Bestimmung­en und die für Eltern aufwendig zu organisier­enden kurzen Präsenzzei­ten.

Dieses Nebeneinan­der zweier Systeme verlangt nun von Verwaltung, Kindergärt­en und Grundschul­en teils eine Quadratur des Kreises, allein schon auf Ebene der Personalei­nteilung. Möglich ist alles auch deshalb, weil es zusätzlich die kommunale Betreuung im Ehrenamt gibt. Aber auch die Verfügbark­eit des erforderli­chen Raumes sprengt die vorhandene­n Kapazitäte­n. So plant Kolbeck, die Notbetreuu­ng teils in die Biegenburg­Halle nebenan zu verlegen.

Neben diesen Fragen gibt es nach wie vor das Primat des Infektions­schutzes, was dem Wunsch der Eltern nach einer möglichst raschen Rückkehr zur Normalität entgegenst­eht. Denn für viele Familien wird die Vereinbark­eit von Arbeit und Kinderbetr­euung immer aufwendige­r, und für Alleinerzi­ehende oder weniger Vermögende wird es vielfach eng.

Was den Primat des Infektions­schutzes angeht, so ist auch da inzwischen vieles nur theoretisc­h perfekt, wie Bürgermeis­ter Spieß ausführte. So gelten die strikten Bestimmung­en für Kindergärt­en und Schulen. Im Zuge der Lockerunge­n für den öffentlich­en Raum und für beispielsw­eise Familienfe­ste sieht es auf privater Ebene dann bald anders aus. Daher wird es wohl so kommen, dass Kindergärt­en und Schulen strikte Bestimmung­en befolgen, deren Wirksamkei­t in der Freizeit konterkari­ert wird.

Unabhängig von all den Regeln hat Kolbeck die Ratsmitgli­eder noch auf eine ganz andere Seite erinnert, die sich im Lauf der letzten Wochen ergeben hat. Viele Erzieherin­nen heben nämlich hervor, wie wichtig es auf pädagogisc­her, psychische­r und sozialer Ebene sei, dass Kinder nicht immer nur daheim sind.

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FOTO: STEHLE Der Kindergart­en in Blitzenreu­te muss Notbetreuu­ng und eingeschrä­nkten Regelbetri­eb unter einen Hut bringen.

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