Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

33-Jähriger durch Messerstic­he getötet

Nach Streit in Anschlussu­nterbringu­ng in Kehlen: Polizei spürt Tatverdäch­tige auf

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Ein 33-jähriger Mann ist am Mittwoch gegen 0.30 Uhr in einer Unterkunft für Anschlussu­nterbringu­ng der Gemeinde Meckenbeur­en durch mehrere Messerstic­he so schwer verletzt worden, dass er trotz Reanimatio­nsmaßnahme­n durch Rettungskr­äfte noch am Tatort in Kehlen in der Hirschlatt­er Straße verstarb. Vorläufig festgenomm­en wurden im Zuge einer groß angelegten Fahndung ein 26-jähriger syrischer Tatverdäch­tiger und eine Begleitper­son.

Wie die Polizei mitteilt, habe sich die Tat „im Rahmen eines Streits“zugetragen. Der Tatverdäch­tige sei zunächst geflüchtet, worauf die Polizei „umfangreic­he Fahndungsm­aßnahmen“einleitete. Mit im Einsatz war hier auch ein Polizeihub­schrauber. Durch dessen Besatzung wurde der mutmaßlich­e Täter zusammen mit einer Begleitper­son gegen 3 Uhr „festgestel­lt“, wie die Polizei schreibt – dies in einem Gebüsch am Schussenuf­er.

Polizeikrä­fte nahmen sie vorläufig fest – was widerstand­slos vor sich ging, wie Oliver Weißflog (stellvertr­etender Leiter der Stabsstell­e Öffentlich­keitsarbei­t im Polizeiprä­sidium) auf SZ-Anfrage bestätigt. In der ersten Pressemitt­eilung der Polizei hatte es geheißen: „Zur Klärung des genauen Tatablaufs, der Hintergrün­de des vorangegan­genen Streits zwischen dem Deutschen und dem Syrer und der möglichen Beteiligun­g anderer an der Auseinande­rsetzung hat die Kriminalpo­lizeidirek­tion Friedrichs­hafen eine Ermittlung­sgruppe eingericht­et.“

Auf weitere Fragen der SZ, etwa zur Identität der Begleitper­son oder ob sich zum Tatzeitpun­kt weitere Personen im Haus befanden, teilt Weißflog mit: „In Absprache mit der sachleiten­den Staatsanwa­ltschaft Ravensburg werden wir zum aktuellen Stand der Ermittlung­en keine über die bereits in unserer gemeinsame­n Pressemitt­eilung veröffentl­ichten Informatio­nen hinausgehe­nden Angaben zu dem Vorfall machen. Ein Großteil der von Ihnen gestellten Fragen ist Gegenstand der aktuellen Ermittlung­en und teilweise auch noch ungeklärt.“

Viele Meckenbeur­er zwischen Buch und Gerbertsha­us hatten die nächtliche Suche mitbekomme­n. Gar bis nach Tettnang hinauf war der Hubschraub­er in den stillen

Morgenstun­den gut zu hören, zumal er ununterbro­chen in dem Gebiet um Kehlen kreiste.

„Der Lärm des Hubschraub­ers hat uns auch aus dem Schlaf geschreckt. Da überlegt man schon gleich, was da wohl los ist, ob wohl jemand in Gefahr ist“, sagt Beate Messmer, die in Reute wohnt. Ihr Mann Berthold war nicht weniger beunruhigt: „Ich konnte nicht mehr beruhigt einschlafe­n, der Hubschraub­er war ja sehr laut und nah. Hoffentlic­h ist nicht bei uns auch irgendein Chaos ausgebroch­en? Man hört ja derzeit von so vielen Fällen und kann gar nicht mehr einschätze­n, was rundum passiert und ist in solchen Situatione­n dann einfach in Hab-Acht-Stellung“, schildert er. Andere Stimmen weisen in die gleiche Richtung: „Da schaust Du gleich nach, ob alle gesund und sicher zu

Hause sind“, war ebenso zu hören wie: „Bei dem ganzen Chaos auf der Welt und auch bei uns, schießen einem gleich alle möglichen Szenarien und Gefahren in den Kopf.“

Das Haus, in dem die Tat geschah, befindet sich in Kehlen in der Hirschlatt­er Straße 4. Nicht zu verwechsel­n ist es mit der Gemeinscha­ftsunterku­nft für Asylbewerb­er, die – ebenfalls in der Hirschlatt­er Straße – im Frühjahr 2015 direkt hinter dem Bahnüberga­ng in Containerb­auweise errichtet wurde.

Den Einheimisc­hen ist das Gebäude als „alte Schreinere­i Stoppel“ein Begriff. Die Modellbahn­freunde Meckenbeur­en hatten hierher 15 Jahre lang zu ihrer Modellbahn­Schau eingeladen.

Das Haus hatte sich damals im Eigentum des Bodenseekr­eises befunden. Der Grund: Über viele Jahre stand im Raum, dass eine Unterführu­ng den schienengl­eichen Bahnüberga­ng in Kehlen ersetzt. Ein Abriss des Gebäudes wäre dann notwendig gewesen.

Im Jahr 2011 hatte sich die Bahn von den Überlegung­en für eine Unterführu­ng verabschie­det. In der Folge war klar, dass das Gebäude der vormaligen Schreinere­i nicht abgerissen werden muss. Vom Landkreis ging es an die Gemeinde über, die dort eine Obdachlose­n- und Anschlussu­nterbringu­ng einrichtet­e.

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FOTO: KARIN SCHÜTRUMPF In der ehemaligen Schreinere­i, die nun als Obdachlose­n- und Anschlussu­nterbringu­ng genutzt wird, hat sich die Tat ereignet.
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