Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bundestag beschließt Rekordschu­lden

Parlament bringt weitere Corona-Hilfen und die neue Grundrente auf den Weg

- Von Klaus Wieschemey­er und unseren Agenturen

BERLIN - Zur Bekämpfung der Corona-Krise kann der Bund in diesem Jahr 217,8 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen. Das ist knapp das Fünffache der Neuverschu­ldung in der Finanzkris­e 2010. Der Bundestag verabschie­dete am Donnerstag in Berlin den zweiten Nachtragsh­aushalt für das Jahr 2020. Der soll unter anderem die Senkung der Mehrwertst­euer, einen einmaligen Kinderbonu­s, den Ganztagsau­sbau sowie den Ausgleich kommunaler Gewerbeste­uereinbrüc­he

finanziere­n. Auch sind Hilfen für Kommunen, Sportverei­ne, Behinderte­neinrichtu­ngen, Kunst- und Kulturscha­ffende sowie Verlage geplant.

Durch den Nachtrag steigt die Schuldenqu­ote von weniger als 60 auf mehr als 75 Prozent. Die neuen Kredite sollen ab 2023 innerhalb von zwei Jahrzehnte­n getilgt werden. Während Grüne und Linke vor zu rigoroser Sparpoliti­k warnten, drängt die Union auf schnelle Rückzahlun­g. „Diese Generation muss die Schulden wieder zurückzahl­en“, sagte CDU-Fraktionsv­ize Andreas Jung.

Scholz versprach, die Bundesregi­erung werde nicht gegen die Krise ansparen: „Und wir werden den Sozialstaa­t, der uns so leistungsf­ähig durch diese Krise führt, nicht antasten, sondern aufbauen“, sagte der Vizekanzle­r. Entspreche­nd würden ab 2021 die Renten von Menschen mit niedrigen Bezügen und langen Beitragsze­iten mit einer Grundrente aufgestock­t. Der Bundestag verabschie­dete die Regelung am Donnerstag. Mit der neuen Leistung sollen rund 1,3 Millionen Menschen einen Zuschlag erhalten. Wegen des Verwaltung­saufwands dürften viele Berechtigt­e

die Rente erst verspätet erhalten. Die Kosten werden auf bis zu 1,6 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Weil die zur Gegenfinan­zierung geplante europäisch­e Finanztran­saktionsst­euer nicht in Sicht ist, dürfte das Geld aus dem Haushalt kommen. Am Freitag soll der Bundesrat der Grundrente zustimmen.

Dann steht in der Länderkamm­er auch das Ja zum Kohleausst­ieg an. Deutschlan­d soll demnach bis 2038 die Kohleverst­romung beenden. Der Bund will besonders betroffene­n Ländern mit 40 Milliarden Euro helfen.

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