Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Adoptivkin­der sollen über Eltern Bescheid wissen

Viel Lob und kaum Kritik am neuen Adoptionsr­echt

- Von Klaus Wieschemey­er

BERLIN - Adoptivfam­ilien sollen künftig besser beraten werden. Das ist der Kern eines neuen Adoptionsr­echts, welches der Bundesrat am Freitag voraussich­tlich durchwinke­n wird.

Ziel der Neuregelun­g ist ein offenerer Umgang mit Adoptionen. So sollen die Vermittlun­gsstellen die Adoptivelt­ern nicht nur vor, während und nach der Adoption unterstütz­en. Sie sollen die neuen Eltern auch dazu anregen, von Anfang an offen mit den Kindern über die Adoption zu sprechen. Auch sollen die Herkunftse­ltern künftig besser eingebunde­n werden. Zudem sollen unbegleite­te Auslandsad­optionen untersagt und ein verpflicht­endes Anmeldungs­verfahren eingeführt werden, um Kinderhand­el zu unterbinde­n.

Allerdings sind Auslandsad­optionen selten. Nicht einmal eins von zwanzig Adoptivkin­dern in Deutschlan­d kam 2018 aus dem Ausland. Auch insgesamt sind die Zahlen übersichtl­ich: In dem Jahr wurden 3733 Kinder in Deutschlan­d adoptiert. Das bedeutet, täglich gibt es im Schnitt nur etwa zehn Adoptionen.

„Mit dem Gesetz wollen wir das Verfahren der Adoption besser machen“, hatte Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) Ende Mai bei der Einbringun­g in den Bundestag gesagt. Und dies scheint gelungen zu sein: „Das Gesetz bedeutet eine deutliche Verbesseru­ng zugunsten des über allem stehenden Kindeswohl­s“, sagte der für den Wahlkreis Ravensburg im Bundestag sitzende Axel Müller von der CDU der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das Mitglied des Rechtsauss­chusses sieht auch den Rechtsansp­ruch auf qualifizie­rte Beratung positiv: „Die betroffene­n Kinder kommen häufig aus problemati­schen sozialen Verhältnis­sen. Entwicklun­gsdefizite oder psychische Schäden sind keine Seltenheit. Dies bedeutet mehr Beratungs- und Betreuungs­aufwand“, erklärte Müller. Auch den offenen Umgang mit der Adoption begrüßt er. Das sei nach wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen ein wichtiger Erfolgsfak­tor.

Ist also alles gut bei dem Gesetz? Nein. Im Bundestag enthielt sich die Opposition geschlosse­n. Grüne und Linke sehen insbesonde­re in der neuen Beratungsp­flicht bei „Stiefkinda­doptionen“eine Diskrimini­erung lesbischer Paare. Bekommt ein lesbisches Paar nämlich ein Kind, gilt nämlich nur die Mutter automatisc­h als Elternteil. Die Partnerin muss das „Stiefkind“hingegen adoptieren. Bei heterosexu­ellen Ehepaaren gilt der Mann hingegen als rechtliche­r Vater, auch wenn er nicht der biologisch­e sein sollte.

Die Grünen finden das „entwürdige­nd“und fordern eine automatisc­he Anerkennun­g. Der CDU-Politiker Müller sieht das anders: „Die Verfahrens­weise einer Stiefkinda­doption bei lesbischen Paaren ist aus Sicht der Union nur eine Gleichbeha­ndlung mit Blick auf das gleiche Procedere in heterosexu­ellen Ehen und somit keine einseitige Benachteil­igung“, meint er. Wer das ändern wolle, müsse nicht ans Adoptions-, sondern an das Abstammung­srecht heran. Und das scheint auch geplant. So kündigte Giffey an, „das Problem im Abstammung­srecht lösen“zu wollen. „Wir wissen, wie wichtig dieses Thema für lesbische Paare ist“, sagte sie.

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FOTO: DPA Franziska Giffey

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