Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gemeinsam bauen, Kosten sparen
Welches Konzept hinter Baugemeinschaften steckt und wie sie konfliktfrei gelingen
SCHONDORF - Was einer nicht schafft, schaffen viele: Dieser Gedanke steht hinter Baugemeinschaften und Wohnungsbaugenossenschaften. Gemeinsam bauen spart Kosten und ermöglicht bezahlbaren Wohnraum.
Baugemeinschaften: Wohnen ist in vielen Regionen in Deutschland zum Luxusgut geworden. Als bezahlbar gilt, wenn eine Miete bis zu 25 Prozent des Nettoeinkommens beträgt. In Städten wie München sind es durchaus 50 bis 60 Prozent. Zunehmend wollen Bauwillige selbst Initiative ergreifen, gemeinsam bauen, dabei Kosten sparen und so bezahlbaren Wohnraum schaffen. Solche Baugemeinschaften liegen im Trend: „Individuelle, innovative Wohnkonzepte lassen sich realisieren, man lebt mit Gleichgesinnten in Nachbarschaft und hat Mitspracherecht“, sagt Klaus Kellhammer, Vorstandsmitglied des Verbands Privater Bauherren (VPB). Bauen in der Baugemeinschaft ist zwischen zehn und 15 – manche sagen sogar bis zu 30 – Prozent günstiger als der Kauf einer Immobilie vom Bauträger.
Herausforderungen: „Geeignete Mitstreiter und ein Grundstück zu finden sind die größten Hürden“, sagt Kellhammer. Bauwillige sind darauf angewiesen, Bauland zu günstigen Konditionen zu erhalten. Viele Städte und Kommunen fördern Baugemeinschaften und vergeben Grundstücke bevorzugt an Baugruppen. „Zunehmend werden Grundstücke auch über Architektenwettbewerbe an Baugemeinschaften vergeben“, erklärt Kellhammer. Die Büros suchen dann wiederum Interessenten für das jeweilige Projekt.
Organisation: Baugemeinschaften sind meist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert. Kellhammer empfiehlt, sich schon ab einem frühen Stadium Experten an die Seite zu holen: einen Architekten, der Erfahrungen mit Baugemeinschaften
hat, einen Projektsteuerer, der den Architekten beaufsichtigt und Finanzen sowie Zeitplan im Blick hat, und einen Anwalt, der alle juristischen Fragen klärt. „Es gibt viel zu regeln, etwa was passiert, wenn einer aussteigen möchte. Expertenrat ist unerlässlich, sonst gibt es Streit.“Bauprojekte haben einen langen Vorlauf, oft zwei bis drei Jahre von der ersten Idee bis zum Einzug.
Wohnungsbaugenossenschaften: Auch Genossenschaftswohnen ist stark nachgefragt. Den Mitgliedern einer Wohnungsbaugenossenschaft gehören Grundstück und Wohnungen gemeinsam. Um Mitglied zu werden, muss man Anteile erwerben. Die Höhe der Anteile liegt zwischen 500 und 3000 Euro. „In noch jungen Genossenschaften, die erst einen Bestand an Immobilien aufbauen müssen, sind die Anteile oft höher als in Bestandgenossenschaften“, sagt Matthias Zabel vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Wird einem dann eine Wohnung zugewiesen, müssen oft noch mal Pflichtanteile erworben werden, die vergleichbar sind mit einer Mietkaution.
Hürden: In den vergangenen zehn Jahren haben sich unter dem Dach des GdW 75 neue Wohnungsbaugenossenschaften gegründet, die Neubauprojekte anschieben. Oft werden jahrelang vor Baubeginn Mitstreiter gesucht, die Anteile erwerben, um so das Eigenkapital für einen Neubau zu schaffen. Wem es gelingt, Mitglied zu werden, dem winken Vorteile: lebenslang günstiges Wohnen ohne Gefahr der Eigenbedarfskündigung. Die Mieten – die Nutzungsgebühr – sind vergleichsweise günstig. Zabel warnt aber vor schwarzen Schafen in der Branche: Als vermeintliche Genossenschaften versuchen sie, Geld einzusammeln und letztlich zu veruntreuen. „Bei aggressiver Werbung und hohen Renditeversprechen sollte man gewarnt sein.“Denn: „Genossenschaftswohnen ist kein Anlagemodell, sondern ein Modell für bezahlbaren Wohnraum.“