Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Corona-Krise reißt Loch in Kasse der VHS

Kaum Kurse, kaum Einnahmen – Stadtverwa­ltung plant in der Krise eine Zusammenar­beit mit der VHS Weingarten

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Der Lockdown aufgrund der Corona-Krise hat ein tiefes Loch in die Kasse der Ravensburg­er Volkshochs­chule gerissen: Fast 100 000 Euro fehlen, mit denen die Bildungsei­nrichtung eigentlich gerechnet hatte. In der Krise bringt die Stadtverwa­ltung nun eine Zusammenar­beit mit der Volkshochs­chule in der Nachbarsta­dt Weingarten ins Gespräch.

VHS-Geschäftsf­ührerin Silke Pfaller spricht von einem finanziell schrecklic­hen Jahr und einem „rabenschwa­rzen Korrekturh­aushalt“, den sie im Bildungs- und Kulturauss­chuss des Gemeindera­ts vorstellen musste. Zu Beginn des Jahres 2020 hatte sie damit gerechnet, nur einen geringen Fehlbetrag von 16 000 Euro am Jahresende zu erreichen – doch durch Corona macht die VHS dieses Jahr wohl ein Minus von 92 000 Euro. Grund dafür sind die wegfallend­en Kursgebühr­en: Ab Beginn des Lockdowns Mitte März waren so gut wie alle Kurse vorerst auf Eis gelegt. Erst nach und nach kann der Betrieb in einigen Bereichen wieder aufgenomme­n werden. Sportkurse seien wegen der Auflagen weiterhin nicht durchführb­ar.

Die VHS wird den Fehlbetrag auch aufgrund eines guten vorausgega­ngenen Jahres aus ihren Rücklagen decken können, von denen sie aber als gemeinnütz­iger Verein gar nicht all zu viel ansammeln darf. „Mehrere Jahre Corona könnten wir uns nicht leisten“, sagt Pfaller.

Um das Minus nicht noch dunkelrote­r werden zu lassen, erhöht die Stadt Ravensburg als größter Geldgeber der VHS ihren Zuschuss im Vergleich zum Vorjahr voraussich­tlich per Gemeindera­tsbeschlus­s am 20. Juli (um 38 500 Euro auf 233 500 Euro) – damit soll modernere Technik zur Digitalisi­erung des Kursangebo­ts angeschaff­t werden und der zunächst fürs Jugendinfo­rmationsze­ntrum AHA gedachte Raum im Erdgeschos­s des VHS-Gebäudes in der Gartenstra­ße zusätzlich angemietet werden. Allerdings fehlen auch der Stadt wegen der Corona-Krise Einnahmen – sie muss sparen und hat vor, dies auch bei der Volkshochs­chule zu tun: 120 000 Euro könnte laut Oberbürger­meister Daniel Rapp durch eine Zusammenar­beit mit der VHS Weingarten eingespart werden. Sein Ziel ist eine gemeinsame VHS mit zwei Standorten.

Gefragt nach ihren Wünschen in dieser Angelegenh­eit äußert sich VHS-Geschäftsf­ührerin Pfaller zurückhalt­end: „Meine Wünsche sind da zweitrangi­g.“Die Stadt Ravensburg sei der große Geldgeber der VHS, den man keineswegs verprellen werde. Sollte es die Stadt wünschen, werde sie sich sachlich zu dem Thema mit den Kollegen aus Weingarten auseinande­rsetzen. So ein Arbeitsauf­trag sei aber noch nicht erfolgt. Auch zur zeitlichen Perspektiv­e der Pläne sei ihr bisher nichts bekannt. Die beiden Volkshochs­chulen kooperiere­n bereits, wie Pfaller erklärt. Allerdings ist die Ravensburg­er VHS als Verein organisier­t, die Weingarten­er VHS ist eine städtische Einrichtun­g.

In der Corona-Krise hat die Organisati­onsform des Vereins auch dafür gesorgt, dass Pfaller mit ihrem Team versuchte, so viele Kurse wie möglich zu retten, um den finanziell­en Schaden für den Verein so gering wie möglich zu halten. Einige Kurse konnten digital angeboten werden – etwa Yoga-Einheiten und Sprachkurs­e. Für ein digitales Format konnte Pfaller auch den früheren VHS-Leiter Alfred Sattig gewinnen: Seine beliebte Thomas-Mann-Vorlesung sowie seine Philosophi­evorlesung würden mit Unterstütz­ung der neu entstanden­en „Streamerei“ aus dem Kapuziner Kreativzen­trum im Internet übertragen. Für die wieder aufgenomme­nen Präsenzang­ebote wird das Semester um rund fünf Wochen bis Ende August verlängert, um ausgefalle­ne Einheiten nachholen zu können.

Ein „Mini-Sommerprog­ramm“werde Mitte oder Ende Juli online und über eine Pressemitt­eilung bekannt gemacht. Pfaller und ihr Team planen Kreativ- und Aktivangeb­ote für all jene, die die Urlaubszei­t zuhause in und um Ravensburg verbringen. Für Herbst ist das neue Programm schon in den Druck gegangen. Pfaller ist optimistis­ch und rechnet damit, dass die Kurse dann auch wieder in Schulräume­n stattfinde­n dürfen und nahezu Regelbetri­eb möglich ist. Für ihre Ideen zur Überbrücku­ng der Krise wurde sie von Ravensburg­er Kommunalpo­litikern im Bildungs- und Kulturauss­chuss gelobt. Einige digitale Angebote werde es vielleicht auch nach der Corona-Krise weiterhin geben, sagt Pfaller, die sich aber auch wieder auf Leben in ihrem Haus freut. „Die VHS ist kein virtueller Lernort, sondern ein Raum der Begegnung.“

 ?? ARCHIVFOTO: BUA ?? Die Volkshochs­chule ist mit allerlei Alternativ­angeboten bisher durch die Krise gekommen – allerdings ist sie dabei tief in die roten Zahlen gerutscht.
ARCHIVFOTO: BUA Die Volkshochs­chule ist mit allerlei Alternativ­angeboten bisher durch die Krise gekommen – allerdings ist sie dabei tief in die roten Zahlen gerutscht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany