Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Daimler will Smart-Werk verkaufen
Kleinwagen soll künftig in China gebaut werden – Beteiligung an Batteriehersteller
STUTTGART (dpa/sz) - Der Autobauer Daimler trimmt sein weltweites Netz von Produktionsstandorten auf mehr Effizienz und will dafür das Werk im französischen Hambach verkaufen. Der Konzern muss schon wegen der enormen Kosten für Digitalisierung und den Wandel der Branche zur Elektromobilität kräftig sparen. Nun komme noch die Corona-Pandemie dazu, die zu neuen Rahmenbedingungen im Markt führe – „und in diesem Zusammenhang optimieren wir unser globales Produktionsnetzwerk“, sagte Vorstandschef Ola Källenius am Freitag. „Deswegen beabsichtigen wir, Gespräche über den Verkauf des Werks Hambach aufzunehmen.“
An dem Standort unweit der Grenze zu Deutschland sind 1600 Mitarbeiter beschäftigt. Dort wird bisher noch der Kleinwagen Smart gebaut, den Daimler von der nächsten Modellgeneration an zusammen mit seinem Großaktionär Geely in China produzieren will. Die beiden Konzerne hatten dazu gemeinsam ein neues Unternehmen gegründet, um der Marke neuen Schwung zu geben. Hambach hätte laut früheren Ankündigungen im Gegenzug einen Kompaktwagen aus der neuen Elektro-Modellreihe EQ von MercedesBenz bekommen sollen.
Angaben zu einem Zeitplan für die Verkaufsgespräche machte Daimler nicht. „Ein wichtiges Ziel ist für uns, die Zukunft des Standortes zu sichern“, sagte Produktionsvorstand Markus Schäfer. „Weitere Prämisse: Die aktuellen Smart-Modelle sollen weiter in Hambach produziert werden.“Mehr als zwei Millionen Smart-Zweisitzer sind dort bis heute vom Band gelaufen. Die viersitzigen Modelle baut Kooperationspartner Renault in seinem Werk in Slowenien. Der geplante Verkauf des Werks werde mit einem negativen Sondereffekt in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe zu Buche schlagen, kündigte Daimler an.
Einen nicht näher bezifferten Millionenbetrag gab der Autobauer zudem für eine dreiprozentige Beteiligung an dem chinesischen Batteriezellenhersteller Farasis aus. Es sei eine weitreichende strategische Partnerschaft inklusive Kapitalbeteiligung auf den Weg gebracht worden, teilte Daimler in der Nacht zum Freitag mit. Als strategischer Partner sei der chinesische Hersteller ein „festgesetzter
Eckpfeiler“in der bestehenden Riege der Batteriezellenlieferanten, hieß es. Der Vertrag biete Daimler und seiner Kernmarke Mercedes-Benz eine sichere Belieferung, Farasis wiederum erhalte Planungssicherheit für den Kapazitätsaufbau.
Daimler und Farasis hatten schon im Sommer 2019 eine Partnerschaft zur Produktion von Batteriezellen mit Strom aus erneuerbaren Energien vereinbart. Die Verträge seien nun ergänzt worden. Unter bestimmten Umständen könne Farasis frühzeitig als Lieferant in die nächsten Generationen der EQ-Elektromodelle von Mercedes-Benz einsteigen. Daimler wiederum darf einen Vertreter in den Aufsichtsrat von Farasis entsenden. Diesen Posten soll Daimler-Vorstand Markus Schäfer übernehmen. Die Beteiligung stehe allerdings noch unter dem Vorbehalt etwaiger regulatorischer Genehmigungen.
Daimler sieht die Beteiligung als wichtigen Meilenstein, um seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Spätestens 2039 soll die gesamte Neuwagenflotte von Mercedes-Benz CO2-neutral sein, für die Produktion soll das schon ab 2022 gelten.
Daimler entwickelt und baut die Batterien für seine Autos zwar selbst und zieht dafür gerade ein weltweites Netz von Fabriken hoch. Das Herzstück der Batterie, die Zelle, kauft der Konzern aber von einer Reihe externer Hersteller. Farasis produziert bislang nur in China, baut aber unter anderem auch ein Werk in Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt und schafft dort bis zu 2000 neue Arbeitsplätze. Der ostdeutsche Standort soll als CO2-neutrale Fabrik konzipiert werden.