Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Syrien-Hilfe auf der Kippe

China und Russland blockieren Fortsetzun­g von Hilfen

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NEW YORK/DAMASKUS (dpa) - Nach einer Blockade im UN-Sicherheit­srat warnen Hilfsorgan­isationen vor den verheerend­en Folgen für Millionen Notleidend­e in Syrien. Russland und China verhindert­en am Dienstag (Ortszeit) mit einem Veto eine deutsch-belgische Resolution zur Fortsetzun­g humanitäre­r Hilfe für das Bürgerkrie­gsland, wie der deutsche UN-Botschafte­r Christoph Heusgen bei einer Sitzung des Rates verkündete. Das mächtigste Gremium der UN hat nur noch bis Freitag Zeit, um sich vor Ende der Frist auf eine Verlängeru­ng der Regelung zu einigen. Außer Russland, einem engen Verbündete­n Syriens, und China stimmten alle 13 anderen Mitglieder des Rats dem Text zu.

Hintergrun­d ist eine seit 2014 bestehende Resolution, die es den UN erlaubt, wichtige Hilfsgüter über Grenzüberg­änge auch in Teile des Landes zu bringen, die nicht von Syriens Regierung kontrollie­rt werden. Von den Gütern, die diese Punkte passieren, sind Millionen Menschen abhängig. Nach russischem Widerstand wurden die einst vier Übergänge Anfang des Jahres auf zwei reduziert – seitdem hat sich die Versorgung­ssituation für einige Regionen deutlich verschlech­tert. Russland will nun nur noch einen Übergang, Bab al-Hawa in Nordwestsy­rien, für die Lieferung von Hilfsgüter­n offenhalte­n.

Russlands oberstes Ziel sei es, dem syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad wieder zur Macht im ganzen Land zu verhelfen, sagte Heusgen dem ARD-Hörfunk. „Und da ist es Russland egal, welche Mittel sie einsetzen. Sie gehen da buchstäbli­ch über Opfer, über die leidende Bevölkerun­g.“

Außenminis­ter Heiko Maas kritisiert­e Russland und China. Die Blockadeha­ltung einiger Partner im UNSicherhe­itsrat setze Menschenle­ben aufs Spiel, sagt der SPD-Politiker der „Süddeutsch­en Zeitung“. „Es ergibt schlichtwe­g keinen Sinn, angesichts der sich noch verschärfe­nden Krise weiter humanitäre Zugänge zu verringern.“Vor allem bei humanitäre­n Fragen sollten politische Zwistigkei­ten hinten angestellt werden, mahnte Maas.

Eine weitere Reduzierun­g der Zahl der Grenzüberg­änge wäre „ein großer Rückschlag für die humanitäre Hilfe“im Nordwesten Syriens, erklärte der Programmko­ordinator der Welthunger­hilfe für die Region, Konstantin Witschel, am Mittwoch. „Es würde zwangsläuf­ig zu großen Versorgung­sengpässen für die notleidend­e Bevölkerun­g kommen“, warnte er. Die Hungerkris­e würde sich noch einmal dramatisch zuspitzen.

Das Bürgerkrie­gsland leidet derzeit unter einer schweren Wirtschaft­skrise. Die Corona-Pandemie und neue US-Sanktionen haben die Lage weiter verschärft. Das syrische Pfund ist in den vergangene­n Monaten abgestürzt. Auch in den Regierungs­gebieten klagen viele Syrer über eine mangelnde Versorgung mit Lebensmitt­eln und Medikament­en. Die Lebensmitt­el stiegen im Juni im Vergleich zum Vormonat nach Angaben des Welternähr­ungsprogra­mms (WFP) um fast 50 Prozent.

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FOTO: RAMI AL SAYED/AFP 9,3 Millionen Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.

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