Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gewaltbereitschaft bei Extremisten wächst
Zahl der Strafdelikte nimmt zu – Seehofer sieht Sicherheit durch rechte Gruppen bedroht
BERLIN - Die Zahl der Straftaten von Rechts- und Linksextremisten hat deutlich zugenommen. Zu diesem Ergebnis kommt der Verfassungsschutzbericht 2019, den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, am Donnerstag vorstellten. So ging die absolute Zahl der Gewaltdelikte auf beiden Seiten zwar zurück. Ihn besorge jedoch „die wachsende Gewaltbereitschaft in allen Phänomenbereichen“, sagte Haldenwang. Die Hemmschwelle sinke ständig. Auf der rechten Seite führte er den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, die Bluttat von Hanau sowie den Anschlag von Halle an. Aber auch im linken Spektrum gebe es zunehmend ein „planvolles Vorgehen gegen Menschen und Sachwerte abseits von Demonstrationen“. So seien Angehörige der Szene mit großer Brutalität gegen Polizisten vorgegangen.
Insgesamt gab es mehr extremistische Straftaten und einen personellen Zuwachs beider politischer Ränder. Die rechtsextremistische Szene wuchs um rund ein Drittel auf 32 000 Personen, vor allem durch die Einstufung der inzwischen aufgelösten AfD-Gruppierung „Der Flügel“als „gesichert rechtsextremistisch“. 13 000 Anhänger der rechten Szene gelten als gewaltbereit. Die Zahl der Linksextremisten wuchs im gleichen Zeitraum um knapp fünf Prozent auf 33 500. Von ihnen werden 9200 als gewaltbereit eingeordnet. Die Zahl linksextremistischer Straftaten nahm im vergangenen Jahr um rund 40 Prozent zu. Haldenwang kündigte an, der Staat werde „entschieden gegen diese Tendenzen vorgehen“. „Kein Rechtsextremist und kein
Linksextremist darf sich in Deutschland mehr sicher fühlen“, betonte er.
Seehofer wies darauf hin, dass Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Deutschland weiter zunähmen. „Der Bereich ist die größte Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland“, sagte er. Ausdrücklich warnte er vor antijüdischen Bestrebungen. „Der Antisemitismus stellt in der rechtsextremen Szene ein wichtiges Bindeglied dar“, erklärte der Minister. Mehr als 90 Prozent der Delikte in dem Bereich würden von Angehörigen dieser Szene begangen.