Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

So haften Erben nicht für Schulden

Wer schnell reagiert, zahlt Nachlassve­rbindlichk­eiten nicht aus eigener Tasche

- Von Sabine Meuter

MÜNCHEN (dpa/tmn) - Erben – das setzen viele mit einem Vermögensz­uwachs gleich. Aber es gibt auch Fälle, in denen der Nachlass überschuld­et ist. Das kann Erben in arge Bedrängnis bringen. Sie laufen Gefahr, mit ihrem Privatverm­ögen zu haften. Aber Betroffene können sich über mehrere Wege aus der Schlinge ziehen. Eine Option: Das Erbe ausschlage­n, wenn der Verstorben­e überschuld­et ist.

Nachforsch­ungen anstellen Wobei es manchmal schwer ist, zügig auszuloten, ob ein Nachlass überschuld­et ist oder nicht. „Es gibt ja weder eine zentrale Auskunftss­telle oder gar ein Vermögensr­egister“, erklärt Martin Thelen von der Bundesnota­rkammer. Daher sollten Erben Unterlagen sichten und bei Banken, Finanzämte­rn oder Arbeitgebe­rn nachfragen.

Vergleichs­weise unproblema­tisch geht es, wenn im Fall von Auskünften bei Dritten der Erbe als Nachweis ein notariell abgefasste­s Testament zusammen mit der Niederschr­ift

des Nachlassge­richts über die Eröffnung des Testaments vorlegen kann. Hat der Erblasser aber kein oder nur ein privatschr­iftliches Testament hinterlass­en, muss ein Erbschein zum Nachweis der Erbschaft vorgelegt werden – und das ist mit entspreche­ndem Zeit- und Kostenaufw­and verbunden. Leichter ist es, wenn eine Vorsorgevo­llmacht vorliegt. Die gilt im Regelfall auch nach dem Tod des Erblassers.

Sechs Wochen bleiben Zeit Generell gilt für die Erbausschl­agung eine sechswöchi­ge Frist. Haben Erblasser oder Erben ihren Wohnsitz im Ausland, liegt sie bei sechs Monaten. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, ab dem der Erbfall bekannt ist. Verstreich­t die Frist, gilt das Erbe als angenommen.

Das Erbe können Erben persönlich gegenüber dem Nachlassge­richt, also dem Amtsgerich­t, ausschlage­n. Oder über einen Notar. Bei beiden Varianten entstehen Kosten. Sie liegen laut Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht, im Falle einer Überschuld­ung des Nachlasses bei 30 Euro. „Sonst richten sich die Gebühren nach dem Wert des Vermögens nach Abzug der Verbindlic­hkeiten“, so Thelen.

Nachlassve­rwalter kann helfen Ist die Vermögensl­age eines Erblassers unübersich­tlich und die SechsWoche­n-Frist zu kurz, kann man einen Nachlassve­rwalter bestellen. Dadurch vermeiden Erben, dass sie im Zweifelsfa­ll mit ihrem eigenen Vermögen haften müssen. Der Nachlassve­rwalter erstellt ein Verzeichni­s über sämtliche Nachlassve­rbindlichk­eiten und fordert die Gläubiger dazu auf, ihre Ansprüche anzumelden. Der Nachlassve­rwalter begleicht dann die Schulden. Bleibt etwas übrig, verteilt er die Überschüss­e an die Erben. Nicht immer ist eine Nachlassve­rwaltung möglich. „Eine Option ist sie, wenn der Nachlass unübersich­tlich, aber nicht eindeutig überschuld­et ist und für das Verfahren genügend Geld da ist“, so Steiner.

Nachlassin­solvenz ist möglich Denkbar ist auch ein Nachlassin­solvenzver­fahren. Der Erbe muss den Antrag „unverzügli­ch“, also sobald er von der Zahlungsun­fähigkeit oder Überschuld­ung des Nachlasses weiß, beim Amtsgerich­t stellen. „Andernfall­s macht sich der Erbe gegenüber den Nachlassgl­äubigern schadeners­atzpflicht­ig“, sagt Thelen.

Der Insolvenzv­erwalter sichtet den Nachlass, wandelt ihn in liquide Mittel um und zahlt die Forderunge­n der Gläubiger. Dabei fallen Gerichtsko­sten und Kosten für die Vergütung des Insolvenzv­erwalters an.

Allerdings: Das Gericht kann Nein zur Eröffnung einer Nachlassin­solvenz sagen, falls sich abzeichnet, dass aus der Erbmasse nicht genügend Mittel für die Deckung der Kosten da sind. Und nun? „Erben können sich dann mit einer sogenannte­n Dürftigkei­tseinrede gegen die Forderunge­n der Gläubiger wappnen“, erklärt Steiner.

Damit machen die Erben deutlich, dass sie die Forderunge­n aus dem Nachlassve­rmögen nicht stemmen können. Das jedoch müssen die Erben beweisen. Etwa mit einem Inventarve­rzeichnis. Damit Erben dabei keine Fehler unterlaufe­n – mit der Folge, dass sie doch privat haften – sollten sie sich juristisch beraten lassen.

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FOTO: KAROLIN KRÄMER/DPA Nicht immer werden Erben durch den Nachlass reich. Manchmal erben sie auch Schulden. Dann können sie das Erbe aber ausschlage­n.

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