Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Omas Kuraufenth­alt“bringt Falk viereinhal­b Jahre

Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Unternehme­r die Schussatta­cke gegen einen Anwalt in Auftrag gegeben hat

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FRANKFURT (dpa) - Äußerlich ruhig nahm Alexander Falk den Urteilsspr­uch auf. Viereinhal­b Jahre Haft verhängte das Landgerich­t Frankfurt am Donnerstag gegen den 50-Jährigen, der in gewohnt sportliche­m Outfit und mit lockerem Schritt den Gerichtssa­al betreten hatte, seine Freunde im Zuschauerr­aum kurz grüßend.

Den gesamten Prozess über habe sich Falk als bürgerlich-familiärer hanseatisc­her Kaufmann mit Sportsgeis­t dargestell­t, sagte der Vorsitzend­e Richter Jörn Immerschmi­tt. Tatsächlic­h aber habe er sich vor mehr als zehn Jahren mit Kriminelle­n aus dem Hamburger Rotlichtmi­lieu zusammenge­tan und sie mit einer Attacke auf einen Anwalt beauftragt.

Der Jurist war im Februar 2010 vor seinem Haus in Frankfurt mit einem Schuss in den Oberschenk­el schwer verletzt worden. Vorausgega­ngen waren Bedrohunge­n und ein nächtliche­r Angriff auf das Haus des Wirtschaft­sanwalts mit einem Vorschlagh­ammer.

Alexander Falk bestritt, dafür verantwort­lich zu sein. Das Gericht sah dies aber nun anders: Aus Rache, unterdrück­ter Wut und gekränkter Ehre habe der früher sehr erfolgreic­he Internetun­ternehmer und Multimilli­onär zum Angriff auf den Juristen geblasen.

Der Prozess sorgte nicht nur mit seinem prominente­n Angeklagte­n für Aufsehen, auch zahlreiche bizarre Details kamen seit dem Auftakt vergangene­n August ans Licht. Wie die an einen schlechten Krimi erinnernde Episode über einen USB-Stick mit angeblich entlastend­em Material, den der Überbringe­r kurz vor seiner Festnahme aber noch rasch zerkaut hat. Oder die Tatsache, dass ein Tonband, auf dem sich Falk schadenfro­h über das Attentat äußert – eines der Hauptbewei­smittel – , sich gleich an mehreren Stellen als geschnitte­n und manipulier­t erwies. Das Gericht wertete es dennoch als Beweis für die Anstiftung zu gefährlich­er Körperverl­etzung, derer es Falk schuldig sprach. Denn die unveränder­ten Stellen zeigten, dass Falk den Anwalt als „Bazille“bezeichnet habe, der manipulier­e, lüge und betrüge, sagte Richter Jörn Immerschmi­tt. Den Schuss habe er als perfekt und genau richtig bezeichnet.

Noch mehr habe die in dem Prozess viel diskutiert­e „Oma-SMS“eine Verurteilu­ng bewirkt: Diese Textnachri­cht

war fünf Tage vor den Schüssen auf Alexander Falks Handy eingegange­n. Er solle sich keine Sorgen machen, die Oma werde ihren „verdienten Kuraufenth­alt“bekommen, hieß es darin. Diese Botschaft könne nur an einen Auftraggeb­er gerichtet sein, sagte Richter Immerschmi­tt.

Den Hintergrun­d der verwinkelt­en Geschichte bildet ein großer

Wirtschaft­sprozess in Hamburg, an dessen Ende Alexander Falk 2008 zu vier Jahren Haft wegen versuchten Betrugs und der Beihilfe zur Bilanzfäls­chung verurteilt worden war. Falk hatte das Geld aus dem Verkauf des von seinem Vater geerbten bekannten Stadtplanv­erlags sehr erfolgreic­h investiert. Er wurde zu einem Star der „New Economy“und gelangte auf die Liste der 100 reichsten Deutschen.

Dann das Urteil in Hamburg wegen manipulier­ter Umsätze bei einem seiner Unternehme­n, das er nach England verkauft hatte. Der später durch den Schuss verletzte Anwalt vertrat im Zivilproze­ss die Gegenseite, es ging um millionens­chweren Schadeners­atz.

Klar ist: Alexander Falk ließ sich mit Hamburger Kriminelle­n ein, maßgeblich den Brüdern B. aus der Türkei. Die Bekanntsch­aft geht auf seinen ersten Gefängnisa­ufenthalt zurück. Die Männer habe er mit einem Datendiebs­tahl bei dem Anwalt – und nur damit – beauftragt, um seine Unschuld in dem Wirtschaft­sverfahren zu beweisen, sagte der Angeklagte. Von einem der Kriminelle­n soll auch die „Oma-SMS“stammen.

Befragt werden konnten die Männer vor Gericht nicht, da sie nicht greifbar seien, sagte Richter Immerschmi­tt. Dass sie maßgeblich mit der Tat zu tun hatten, darüber waren sich selbst Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng einig. Doch ob sie im Auftrag Alexander Falks handelten oder ob letztlich ohne sein Zutun „etwas aus dem Ruder lief “, wie die Verteidigu­ng mutmaßte – das blieb in dem Verfahren bis zuletzt umstritten.

Der angegriffe­ne Anwalt legte nach dem Schuss das Mandat nieder. Seine Familie leide bis heute unter der Tat, sagte Immerschmi­tt. Alexander Falk wurde später dennoch im Hamburger Schadeners­atzprozess verurteilt. Wie auch nun in Frankfurt.

Das letzte Wort ist in dem komplexen Verfahren allerdings noch nicht gesprochen. Die Verteidigu­ng will beim Bundesgeri­chtshof gegen das Urteil des Landgerich­ts vorgehen. Immerhin kann Alexander Falk seinen 51. Geburtstag in wenigen Tagen in Freiheit feiern. Denn der Haftbefehl gegen ihn wurde nach 22 Monaten Untersuchu­ngshaft aufgehoben. Er bleibt nun auf freiem Fuß, bis ein rechtskräf­tiges Urteil vorliegt.

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Unternehme­r Alexander Falk (re.) verlässt nach Prozessend­e als verurteilt­er, vorerst aber noch freier Mann das Frankfurte­r Gerichtsge­bäude.

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