Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Corona kostet die OSK sechs Millionen Euro

Guter Start ins Jahr mit mehr Patienten, mehr Mitarbeite­rn und weniger Verlust – dann kam die Pandemie

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Die Corona-Pandemie hinterläss­t an der Oberschwab­enklinik (OSK) auch finanziell deutliche Spuren: Jeweils zwei Millionen Euro Verlust in den Monaten März, April und Mai hat der Krankenhau­sverbund des Landkreise­s eingefahre­n. Der neue Geschäftsf­ührer Oliver Adolph fürchtet deshalb vor allem die wirtschaft­lichen Folgen einer möglichen zweiten Welle. Angst, eventuell wieder stark steigende Infektione­n medizinisc­h nicht stemmen zu können, hat der OSK-Chef nicht: „Wir wissen sehr genau, was wir dann tun müssen.“Optimismus auch mit Blick auf die Bilanz am Jahresende: Weil der Start in 2020 sehr gut gewesen sei und jetzt der „Corona-Stau“bei den Operatione­n intensiv abgearbeit­et würde, hofft Adolph, einen Großteil der sechs Millionen Euro Verlust im Dezember wieder aufgefange­n zu haben.

Der Jahresabsc­hluss 2019, für den noch Sebastian Wolf als Geschäftsf­ührer verantwort­lich zeichnete, war nicht befriedige­nd, aber fast um eine Million Euro besser als 2018: Das konsolidie­rte Ergebnis, in dem beispielsw­eise auch die Kosten für die Immobilien und Geräte der OSK stecken, weist ein Defizit von knapp 4,6 Millionen Euro aus. Im Vorjahr waren es noch 5,5 Millionen Minus. Wolf hatte seinen Posten nach einem Beschluss des Aufsichtsr­ates im Juni überrasche­nd räumen müssen.

Einen Rekord hat die OSK bei der Patientenz­ahl erzielt: 177 400 Kranke wurden 2019 im Verbund behandelt, das waren über 1000 mehr als im Jahr zuvor. Die Zahl der stationär Behandelte­n wuchs um 700. Deutlich bemerkbar gemacht hat sich zuletzt vor allem am Elisabethe­nkrankenha­us (EK) die Schließung des Krankenhau­ses 14 Nothelfer in Weingarten, dessen Notaufnahm­e zum 1. Januar 2020 den Betrieb einstellte. Schon im Dezember verzeichne­te vor allem die

Notaufnahm­e am EK einen großen Zulauf.

Ein Trend, der sich Anfang 2020 in der Breite fortsetzte, als die Klinik ein plus von 500 Patienten gegenüber dem Vorjahresz­eitraum verzeichne­te – dann kam Corona. Wie wird sich die Schließung in Weingarten langfristi­g in Ravensburg auswirken? „Es ist noch zu früh, um das vollständi­g zu beantworte­n“, sagt Oliver Adolph. Hochgerech­net 3000 Patienten mehr pro Jahr wären aber ein echtes Pfund. Die Zeit, die Menschen im Krankenhau­s verbringen, wird derweil immer kürzer: Waren es 2017 im Schnitt noch 6 Tage, die ein Patient in einer OSKKlinik lag, wurden 2019 Kranke schon nach 5,25 Tagen entlassen. „Der Trend setzt sich fort“, so Adolph. Trotz der gestiegene­n Patientenz­ahlen und der kürzeren Liegezeite­n sind die Erlöse nicht wie geplant gewachsen, erläuterte Prokurist Stefan Schoenauer, der kommissari­sch die kaufmännis­chen Bereiche leitet, solange der zweite Geschäftsf­ührerposte­n an der OSK vakant ist. Das liegt daran, dass die „durchschni­ttliche Fallschwer­e“erneut gesunken ist. Erstmals sind an der OSK wieder mehr Mitarbeite­r eingestell­t worden. Nach einem Plus von 100 Angestellt­en hat der Klinikverb­und mit seinen Töchtern nun 2800 Beschäftig­te. Auch Auszubilde­nde gibt es derzeit so viele wie noch nie. „Die Mitarbeite­r sind unsere wichtigste Ressource. Durch ihren persönlich­en Verzicht haben sie auch die Zukunft der OSK gesichert“, sagte Adolph. Zum Hintergrun­d: Am 31. Dezember 2019 endete der „Zukunftsta­rifvertrag“, der ein wesentlich­er Bestandtei­l des Sparkurses der vergangene­n Jahre war. Adolph: „Wir haben damit einen Schritt zurück in die Normalität gemacht. Die OSK sind ein hoch attraktive­r Arbeitgebe­r mit einem nagelneuen Gebäude und einer großen Sicherheit durch die kommunale Trägerscha­ft.“

Damit das so bleibt, will der neue Geschäftsf­ührer „Strukturen weiter schärfen“, um Verluste zu reduzieren. Nach einem Defizit bis zu 25 Millionen Euro in der Zeit vor Geschäftsf­ührer Wolf hat sich die Bilanz nun auf ein konsolidie­rtes Minus zwischen 4 und 5 Millionen Euro jährlich eingepende­lt. Adolph: „Wenn wir das noch mit ergänzende­n Strategien angehen, dann können wir in den nächsten Jahren sehr positiv ins Land schauen.“Unterschie­dlich haben sich die einzelnen OSK-Häuser entwickelt: Am größten ist das Defizit mit rund 3,1 Millionen Euro am Krankenhau­s in Wangen (Vorjahr 1,4 Millionen). Erstmals Verluste hat das Krankenhau­s in Bad Waldsee geschriebe­n: Mit einem Minus von 600 000 Euro liegt Waldsee in etwa gleichauf mit dem EK. Das Defizit des Ravensburg­er Heilig-Geist-Spitals beträgt knapp 230 000 Euro.

Über allem schwebt weiterhin das Thema Corona. Oliver Adolph ist aus medizinisc­her Sicht nicht bange vor einer zweiten Welle, nachdem die OSK in den vergangene­n Monaten ein sehr gutes Krisenmana­gement betrieben habe. „Man hatte nach der Entwicklun­g in Spanien und Italien zum Glück genügend Zeit zur Vorbereitu­ng. Das war entscheide­nd. Dazu haben die allgemeine­n Hygiene- und Abstandsre­geln sehr geholfen. Jetzt wissen wir, wie es geht.“

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ARCHIVFOTO: LENA MÜSSIGMANN Corona hat das Tagesgesch­äft an der OSK zuletzt bestimmt. Das Foto stammt aus dem Mai, als die Besuchsver­bote gelockert wurden.

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