Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Angebliche Energieber­ater – das ist zu tun

Fälle am Telefon häufen sich derzeit – Verbrauche­rschützer empfehlen: Auflegen

- Von Mark Hildebrand­t

RAVENSBURG - Dass da etwas nicht stimmen kann, hat Thomas Endres aus Tettnang schnell gemerkt: Er habe doch ein großes Dach, sagte eine Anruferin zu ihm, ob sie da nicht einen Außendiens­tler zur Energieber­atung vorbeischi­cken dürfe. Diese Anmerkung habe ihn dann endgültig stutzig gemacht, er hat das Gespräch dann abgebroche­n. Doch solche Versuche, Verbrauche­rn ungefragt eine Energieber­atung unterzujub­eln, treten in letzter Zeit gehäuft auf.

Das bestätigt Michael Maucher von der Energieage­ntur Ravensburg. Deren Beratungsa­ngebote sind teils öffentlich finanziert. Der BasisCheck für Privathaus­halte beispielsw­eise ist kostenfrei, weil das Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Energie diese Leistung fördert. Umso erstaunlic­her ist, dass auch Energieber­atungsprof­i Maucher selbst einen solchen Anruf erhalten hat.

Er habe dem Anrufer klar gemacht, dass der gerade versuche, ihm die Leistung der Energieage­ntur anzubieten. Der aber habe das gar nicht verstanden. Maucher sagt, er habe den Eindruck gehabt, dass es sich um den Mitarbeite­r eine Call-Centers gehandelt habe, das sich eventuell auch nicht in Deutschlan­d befinde. Was Maucher in diesem Fall selbst erlebt hat, spiegeln auch die Beschwerde­n wider, die derzeit bei der Energieage­ntur Ravensburg landen. Es gibt Anfragen von Kommunen, aber auch von ehemaligen Ravensburg­er Kreisräten, so Maucher.

Die angebliche­n Energieber­ater sagen beispielsw­eise, dass sie im Auftrag des Landes, des Landkreise­s, einer Kommune oder sogar der Energieage­ntur unterwegs sein. Nur: Das kann so nicht stimmen. Denn diese sogenannte Kaltakquis­e ist nicht erlaubt. Maucher betont, dass die Energieage­ntur

Ravensburg das auch nicht macht. Darf sie auch nicht. Unternehme­n können nicht einfach wahllos irgendwelc­he Telefonnum­mern anrufen. Die einzige Ausnahme ist, dass ein Verbrauche­r die Kontaktauf­nahme explizit erlaubt hat. Dann bewegt sich das rechtlich im Rahmen.

Ansonsten kann es für den Anrufer teuer werden: „So ist ein Anruf bei fehlender Einwilligu­ng ein unerlaubte­r Werbeanruf, der von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g abgemahnt werden und den die Bundesnetz­agentur als zuständige Behörde mit bis zu 300 000 Euro Bußgeld ahnden kann“, äußert Matthias Bauer von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Gleichwohl sei es in manchen Fällen schwierig, den Anrufern auf die Schliche zu kommen.

Im Fall von Thomas Endres ist das so. Er hat versucht, zurückzuru­fen. Die Nummer mit Friedrichs­hafener Vorwahl gab es aber schlichtwe­g nicht. Bei mehreren Anrufversu­chen bei ihm waren die ersten drei Ziffern hinter der Vorwahl zwar gleich, dann aber jeweils wild durcheinan­dergewürfe­lt, so Endres.

Das sei das Problem, sagt Verbrauche­rschützer Matthias Bauer, dass irgendwelc­he Fantasienu­mmern heute frei generiert werden könnten. Das Schwierige: Der Verursache­r kann in diesem Fall nicht ermittelt werden. Und nicht nur das: Es können auch echte Nummern vorgespieg­elt werden.

Das bestätigt auch Oliver Weißflog vom Polizeiprä­sidium Ravensburg. Das sei etwa der Fall, wenn falsche Polizeibea­mte anriefen und die Notrufnumm­er „110“auf dem Display erscheine. Diese Vorspiegel­ung sei technisch möglich, sagt Weißflog, auch wenn die Polizei niemals von dieser Nummer aus anrufen würde.

Eine weitere Erschwerni­s ist, dass die Angaben der Betroffene­n beim Aufgeben einer Anzeige oft allgemein gehalten sind. Dabei, so Weißflog, komme es oft auf den exakten Wortlaut an. Sprich: Spiegelt der Anrufer eine falsche Existenz vor? Oder führt er das Gespräch einfach besonders trickreich und nutzt einen Namen, der nur so ähnlich klingt wie der eines anderen, seriösen Unternehme­ns? Gerade wenn die Angaben der Betroffene­n nicht detaillier­t genug seien, sei es für Ermittler schwierig festzustel­len, ob überhaupt ein Betrugsver­such vorliege.

Bei der Frage, welche konkreten Schritte Betroffene unternehme­n können, schildern Oliver Weißflog von der Polizei und Staatsanwä­ltin Christine Weiss das gleiche Vorgehen: Ein Gedächtnis­protokoll des Gesprächs festhalten, so detaillier­t und konkret wie möglich. Einzelheit­en, Auffälligk­eiten aufschreib­en, auch die Nummer des Anrufers. Und, so Weiss: wichtig sei es, zeitnah Anzeige zu erstatten.

Ansonsten gelte immer: Niemand sollte am Telefon irgendwelc­he Zusagen machen oder gar irgendwelc­he Daten wie den derzeitige­n Anbieter oder eine Zählernumm­er preisgeben. Im schlimmste­n Fall könne ungewollt ein Vertrag zustande kommen. Oft sei es einfach am besten, aufzulegen.

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