Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gute Aussichten
Weltklassemountainbiker Daniel Geismayr vom Team Centurion Vaude startet in eine kurze Saison
RAVENSBURG - Es hätte die große Saison von Weltklassemountainbiker Daniel Geismayr werden sollen, der im vergangenen Jahr durch viel Pech das eine oder andere Ziel verpasste. Nun ist der 30-Jährige in Diensten von Team Centurion Vaude aus Meckenbeuren und Ravensburg einfach nur froh, dass in wenigen Tagen nach monatelanger Zwangspause immerhin das erste große Rennen ansteht. Beim Engadin-Marathon wird Geismayr ab Freitag vermutlich auf nahezu die gesamte Weltelite treffen – zumindest sind sowohl der Weltmeister als auch der Olympiasieger am Start.
In der vergangenen Woche war Daniel Geismayr wieder ganz in seinem Element. Fokussiert spulte er in den österreichischen Alpen sein Höhentraining ab, mit ganz anderen Voraussetzungen als in den Monaten zuvor. „Perfekt“, nannte der Österreicher die Zeit auf über 2000 Metern. Nicht zuletzt wegen der guten Aussichten – und das im doppelten Sinn. Denn Geismayr hat endlich wieder ein Ziel. Der Engadin-Marathon steht an. Drei Tage lang wird es hoch und runter gehen, über Stock und Stein, wie es die Mountainbiker so mögen. Weil das Coronavirus alles zum Stillstand brachte, wird es die erste Herausforderung für die Topfahrer werden. Weil alle heiß sind, endlich wieder in den Rennmodus zu kommen.
Aussichtslos seien ihm die Monate zuvor manchmal vorgekommen, gibt Geismayr zu. Natürlich habe er die Zeit mit Familie und Freundin genossen, die sich ihm ganz überraschend bot. Aber: „Ich fahre halt gerne Rennen.“Deshalb freue er sich brutal, dass es wieder losgeht. Schon Tage vor dem Rennen will Geismayr ins Engadin fahren, um sich optimal vorzubereiten. Er weiß, dass dieses Saison ungewöhnlich kurz werden wird. Innerhalb von ein paar Wochen werden alle wichtigen Entscheidungen fallen. Die großen mehrtägigen Fahrten wie das Cape Epic (das das Team Centurion Vaude aber sowieso auslassen wollte) und die Transalp wurden abgesagt. So geht es in der kommenden Zeit Wochenende für Wochenende um Einzelerfolge für Geismayr und die anderen Spitzenfahrer.
Es hätte das große Jahr des Daniel Geismayr werden sollen und werden können, nachdem ihn in der vergangenen Saison das Pech so sehr heimsuchte. Entweder stürzte der Teamkollege oder er selbst (die Folge: Kahnbeinbruch an der Hand), bei der Weltmeisterschaft brach dem als einer der Topfavoriten gestarteten Geismayr auch noch der Lenker. Trotzdem machte er einen positiven Haken hinter die Saison 2019, um sich für 2020 die Ziele nicht minder hoch zu stecken. Die Europameisterschaft in Portugal und die Weltmeisterschaft in der Türkei hat Geismayr fest im Blick. Er weiß aber auch, dass in der Corona-Krise niemand verlässlich sagen kann, ob diese Rennen tatsächlich stattfinden werden.
Optimal vorbereitet will Geismayer jedenfalls sein, um den einen oder anderen großen Sieg zu feiern. Trotz der Zwangspause seit Mitte März sei er voll im Training geblieben und jederzeit topfit gewesen, sagt der Österreicher. „Ich fühle mich gut“, sagt er auch jetzt vor der ersten großen Herausforderung der Saison. Wo er steht, weiß Daniel Geismayr freilich – wie die komplette Konkurrenz – allerdings nach so langer Wettkampfpause nicht. Das wird erst klar sein, wenn er am Freitag die ersten Rennkilometer in den Beinen haben wird.