Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Insolvenzverwalter verklagt ehemalige Alno-Vorstände
Schadenersatzansprüche gegen die damalige Führung wegen möglicher Insolvenzverschleppung landen vor dem Landgericht Hechingen
PFULLENDORF - Im Zuge der Aufarbeitung der Alno-Pleite klagt Insolvenzverwalter Martin Hörmann nun gegen frühere Vorstände des Küchenbauers. „Die Prüfung der zahlreichen Haftungsansprüche gegen ehemalige Vorstände, Mitglieder des Aufsichtsrats und Geschäftsführer von Tochterunternehmen ist bereits weitgehend abgeschlossen“, sagte ein Sprecher Hörmanns am Wochenende. „Und in einem Fall hat der Insolvenzverwalter nunmehr am 30. Juni 2020 gegen drei ehemalige Mitglieder des Vorstands Klage erhoben.“Um wen es sich handelt und wie hoch die geltend gemachten Ansprüche sind, sagte er nicht.
Das Landgericht Hechingen bestätigte den Eingang der Klage, nannte aber ebenfalls keine Details.
Die Alno AG hatte 2017 Insolvenz angemeldet, war laut einem von Hörmann
in Auftrag gegebenen Wirtschaftsprüfer-Gutachten aber schon 2013 zahlungsunfähig. Hörmann, Fachanwalt für Insolvenzrecht bei der Kanzlei Anchor, hatte deshalb angekündigt, auf dieser Grundlage Schadenersatzansprüche gegenüber ehemaligen Vorständen und Geschäftsführern geltend zu machen.
„Außerdem prüfen der Insolvenzverwalter und sein Team laufend Anfechtungsansprüche, die im Zweifel auch gerichtlich geltend gemacht werden oder wurden, sofern es zu keiner außergerichtlichen Einigung kam“, erklärte der Sprecher. Dabei geht es um Zahlungen der Alno AG an andere Gesellschaften. „Zahlreiche
solcher Fälle sind bereits erledigt“, hieß es. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt in dem Fall wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und des Betruges gegen insgesamt zwölf Beschuldigte, darunter ehemalige Alno-Vorstände. Die Ermittlungen dauerten nach wie vor an, sagte eine Sprecherin.
Die Insolvenz der Alno AG läuft getrennt von der längst wieder angefahrenen Küchenproduktion unter neuem Investor und neuem Namen. Sie wurde und wird noch immer auch begleitet von einem Streit des letzten Alno-Großaktionärs Tahoe und dem früheren Management um den langjährigen Vorstandschef Max Müller und Finanzchefin Ipek Demirtas. Tahoe gehört zur PreventGruppe der bosnischen Unternehmerfamilie Hastor und war 2016 in den traditionsreichen und damals schon angeschlagenen Küchenbauer aus Pfullendorf eingestiegen.
Nach der Insolvenz erhob der Investor den Vorwurf, Müller und seine Leute hätten die wahre finanzielle Lage von Alno verschleiert und die Aussichten viel zu positiv dargestellt. Von Kreditbetrug war die Rede. Müller weist das zurück und wirft seinerseits den Tahoe-Leuten Fehler vor. Tahoe hat vor dem Landgericht Hechingen vor Jahresfrist ebenfalls eine Klage eingereicht und verlangt 60 Millionen Euro Schadenersatz von Müller und Demirtas. Die Summe soll dem Investment von Tahoe in Alno entsprechen. Auch dieses Verfahren läuft noch.
Müller, der aus der Schweiz kommt und ein Geflecht von Gesellschaften unterhält, firmiert derzeit mit Demirtas an der Spitze des Stahlküchenherstellers Forster aus dem schweizerischen Arbon im Kanton Thurgau.