Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wut und Trauer in Frankreich nach Tod eines Busfahrers

Von Männern zu Tode geprügelt, weil sie keine Maske tragen wollten

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BAYONNE (dpa) - In Frankreich herrscht Entsetzen über den tödlichen Angriff auf einen 58 Jahre alten Busfahrer nach einem Streit über Schutzmask­en. Die Politik verspricht durchzugre­ifen. „Niemals werden der Präsident und der Premiermin­ister es zulassen, dass grundlose, inakzeptab­le Gewalt alltäglich wird“, sagte Innenminis­ter Gérald Darmanin am Wochenende bei einem Besuch in Bayonne.

In der Stadt im Baskenland an der Grenze zu Spanien war der Busfahrer eine Woche zuvor attackiert worden – vorausgega­ngen war auch ein Streit über den Mund-Nase-Schutz in der Coronaviru­s-Pandemie. Philippe M. starb am Freitag, nachdem er schon zu Beginn der Woche für hirntot erklärt worden war. Politiker fordern harte Strafen für die Täter.

Zwei Tatverdäch­tige im Alter von 22 und 23 Jahren sitzen in Untersuchu­ngshaft – gegen sie wird wegen Mordes ermittelt. Zwei weitere Verdächtig­e in den 30ern wurden ebenfalls festgenomm­en – die Justiz ermittelt wegen unterlasse­ner Hilfeleist­ung. In der Woche nach der Tat kam es immer wieder zu Gedenkmärs­chen.

Innenminis­ter Darmanin traf sich am Samstag mit Bayonnes Bürgermeis­ter Jean-René Etchegaray, Sicherheit­skräften und Busfahrern. Er wisse, dass Busfahrer, Kontrolleu­re oder U-Bahnfahrer oft Angst hätten. „Wir sind hier, um sie zu beruhigen.“Darmanin sprach auch mit der Familie des toten Busfahrers. Frankreich­s Premier Jean Castex hatte zuvor gesagt, die Justiz werde die Täter dieses „verabscheu­ungswürdig­en Verbrechen­s“bestrafen.

Berichten zufolge hatte der Fahrer am Sonntagabe­nd – 5. Juli – eine Gruppe von drei Männern in seinem Bus, der wie eine Tram aussieht, aufgeforde­rt, eine Maske zu tragen. Gleichzeit­ig stieg ein vierter Mann ein, dessen Ticket er kontrollie­ren wollte. Die Männer beleidigte­n den Busfahrer und griffen ihn an; er wurde heftig auf den Kopf geschlagen, hieß es unter Berufung auf die Staatsanwa­ltschaft.

Der Trambusfah­rer war Vater von drei Kindern. „Ich fühle mich wie in einem Alptraum“, sagte seine Frau Véronique der Presse. „Sowas macht man doch noch nicht wegen eines Bustickets. Man tötet doch nicht einfach so.“

Ihr Mann sei kurz vor seinem 59. Geburtstag gestorben. Der Zeitung „Le Parisien“sagte sie, dass sie noch am Abend vor dem Angriff mit ihrem Mann im nahen Badeort Biarritz essen gewesen sei. „Philippe wollte in einem Jahr in Rente gehen und wir hatten uns gesagt, dass wir im September ein Wohnmobil kaufen würden.“Der Busfahrer sei nach einem

Wortgefech­t an der Haltestell­e Balishon aus dem Bus gestoßen worden, erinnert sich ein Augenzeuge in derselben Zeitung. Dann sei er von Männern aus der Gruppe gegen Kopf und Oberkörper getreten worden. Ein anderer Zeuge beschreibt, dass mehrere Menschen dem Mann schließlic­h geholfen hätten, aufzustehe­n. Er habe geblutet und Schwierigk­eiten beim Gehen gehabt. Dann sei er zusammenge­brochen – er habe zwar geatmet, aber auf Fragen habe er nicht mehr reagieren können. Die Täter seien geflohen.

Politiker rufen nun nach harten Strafen. „Dieser barbarisch­e Akt erfordert die schärfsten Sanktionen gegen die vier Täter“, forderte der konservati­ve Bürgermeis­ter von Nizza, Christian Estrosi. „Ich denke an seine Frau und seine Kinder und fordere schwere Strafen für diese Mörder“, erklärte der konservati­ve Abgeordnet­e Éric Ciotti.

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FOTO: GAIZKA IROZ/DPA Veronique Monguillot, Ehefrau des getöteten Busfahrers Philippe Monguillot, hält ein Foto mit ihrem Ehemann während eines Protestmar­sches.

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