Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Neue Musikschule wird zwei Millionen Euro teurer
Stadt schlägt vor, beim Umbau der Bauhütte Abstriche zu machen – Das sind die Gründe für Kostensteigerung
RAVENSBURG - Der Umbau der sogenannten Bauhütte am Holzmarkt zur Musikschule kostet voraussichtlich rund zwei Millionen Euro mehr als bisher abzuschätzen war. Damit die Kosten nicht noch höher liegen, will die Stadt bei der Sanierung einige Abstriche machen.
Der Gemeinderat hat im Dezember 2019 den Sanierungskosten von 6,5 Millionen Euro zugestimmt – doch die waren aus Zeitgründen nur geschätzt. Jetzt hat man genau gerechnet – und kam auf den erheblich höheren Betrag von 8,5 Millionen Euro, das entpricht einer Kostensteigerung um rund ein Drittel. Immerhin: In den 8,5 Millionen Euro ist auch schon ein Kostenpuffer von 20 Prozent eingerechnet. Die neue Kostenrechnung muss den Gremien jetzt erneut vorgelegt werden, zunächst dem Ausschuss für Umwelt und Technik, der am Mittwoch, 15. Juli, tagt.
Heftige Kostensteigerungen bei kommunalen Bauprojekten haben schon oft für Ärger gesorgt. Im Februar hatten im Gemeinderat bereits FDP und Bürger für Ravensburg vorgeschlagen, die Aufsicht über solche Projekte extern zu vergeben – in der Hoffnung, dass dann strenger auf die Einhaltung der Kosten geachtet wird. Hintergrund für die Diskussion war die Kostensteigerung bei der Sanierung der Gymnasien um 10 Millionen Euro im Vergleich zur ersten Planung auf 22,8 Millionen Euro.
Im aktuellen Fall der Bauhütte haben die Bauarbeiten ja aber noch gar nicht begonnen. Die Erklärung der Stadtverwaltung für die nun deutlich höheren Kosten ist folgende: Weil die Planungs- und Bauzeit in einen engen Förderzeitraum fallen sollte, damit die Stadt Zuschüsse dafür erhält, musste der erste konkrete Beschluss unter Zeitdruck und deshalb auf Basis der Kostenschätzung – und nicht wie üblich auf Basis der
Kostenberechnung – gefasst werden. Damit gehen gewisse Unschärfen einher. Mit einem möglichen Anstieg der Kosten hatte Baubürgermeister Dirk Bastin daher schon gerechnet. Aber dass es gleich zwei Millionen mehr sind?
Er sei überrascht gewesen, wie schlecht die Bausubstanz des historischen Komplexes bei genauerem Hinsehen nun doch war, sagt er auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“.
Im Dachstuhl der Bauhütte seien bei früheren Sanierungen falsche Materialien verwendet worden, auch Schadstoffe wie ein schädliches Holzschutzmittel und Asbest müsse man entfernen und teuer entsorgen. Die der Kostenschätzung vorausgegangene Untersuchung der Bausubstanz hatte dies offenbar nicht zutage gebracht.
Nun musste das Thema wegen der Kostensteigerung erneut für die Gremien vorbereitet werden, die den höhren Ausgaben zustimmen müssen. Auch das hat neben der Corona-Krise Zeit gekostet.
Die Stadt schlägt vor dem Hintergrund gestiegener Kosten den Kommunalpolitikern vor, den baulichen und technischen Standard der neuen Musikschule zu reduzieren. Sonst lägen die Kosten noch höher. Zum Beispiel könnte laut Sitzungsvorlage eine weniger wertige Beleuchtung verwendet und auf eine Be- und Entfeuchtungssowie Lüftungsanlage verzichtet werden. Zusätzlich geplante Fenster im Flur, um diesen heller zu machen, könnten laut Vorschlagsliste der Stadt wegfallen, auch bei den Bodenbelägen wären günstigere Varianten zu wählen.
Der Stadtmusikdirektor und Musikschulleiter Harald Hepner ist über diese Vorschläge informiert und hält sie für vertretbar. „Das sind keine Dinge, die unseren Betrieb einschneidend beeinflussen“, sagte er auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. In Zeiten einer durch die Corona-Pandemie geschmälerten
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Stadtkasse müsse man solche Schritte gehen. Soweit er informiert ist, kann zum Beispiel die Ent- und Befeuchtungsasanlage später nachgerüstet werden, falls sie benötigt wird und die Stadt wieder flüssiger ist. Das bestätigt Bastin.
Auch der Zeitplan für den Umbau der Bauhütte wurde von Corona durcheinandergebracht: Eigentlich sollten Mitte 2020 die Bauarbeiten beginnen, erst einmal wird die bisherige Ausstattung herausgerissen. Bastin geht davon aus, dass man trotz neuen Zeitplans noch dieses Jahr damit beginnen kann. Die großen Sanierungsarbeiten müssen nach den politischen Beschlüssen – sofern sie gefasst werden – erst vergeben werden. Die Fertigstellung verschiebt sich nach aktuellem Stand um ein ganzes Jahr. Bisher wollte man Ende 2021 fertig sein, jetzt hofft Bastin auf den Umzug der Musikschule Anfang 2023. Bis dahin kann der Betrieb im bisherigen Musikschulhaus in der Friedhofstraße fortgesetzt werden, das der Stadt gehört.
Die Förderung des Bundes für das Projekt in Höhe von 2,8 Millionen Euro war an die Bedingung geknüpft, dass es im April 2022 abgeschlossen und abgerechnet ist. Das wird nicht gelingen. Die Stadt sei mit den Fördermittelgebern im Gespräch. Auch anderen Städten sei durch die Corona-Krise Zeit bei Bauprojekten verloren gegangen. „Wir haben Signale, dass der Förderzeitraum verlängert wird“, so Bastin.