Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Baienfurt kämpft für heimische Hecken und gegen Schottergärten
Gemeinderat beschließt ein Förderprogramm
BAIENFURT - Der Baienfurter Gemeinderat hat ein RenaturierungsProgramm beschlossen, das zwar rein wirtschaftlich keine gewaltigen Ausmaße besitzt, aber als Förderprogramm nachhaltig und beispielgebend wirken soll. Konkret: Wer in Baienfurt künftig heimische Hecken pflanzt und/oder sogenannte Schottergärten in Vegetationsflächen umwandelt, bekommt von der Gemeinde einen Zuschuss.
Immer wieder, so berichtete Bauamtsleiterin Anja Lenkeit, gingen bei der Verwaltung Anfragen ein, bestehende Hecken gegen Palisadenwände, Stein- oder Drahtzäune oder durch Stabzäune mit Sichtschutzstreifen zu ersetzen. Die Angebote der Baumärkte seien da sehr kreativ und vielfältig. Eines aber hätten alle Varianten gemeinsam: Ökologisch seien sie nutzlos. Hingegen, so Anja Lenkeit, förderten einheimische Hecken die Artenvielfalt. Wichtig sei indessen die Wahl der richtigen Hecke. Die allseits beliebte Thuja-Hecke, aus Nordamerika und Asien importiert, zähle jedenfalls nicht dazu. Sie sei in allen Teilen giftig und biete daher Insekten und Vögeln weder Nahrung noch Lebensraum und Nistmöglichkeiten. Die dicke Außenschicht der Thuja-Hecke verhindere es, dass nennenswerter Niederschlag zum Wurzelbereich vordringt. So könne es vor allem in heißen Jahren immer häufiger zu Trockenschäden kommen. Und wenn man die Hecken nicht regelmäßig schneide, würden sie immer breiter und wüchsen in die Straße hinein.
Auch die Schottergärten, „immer mehr auf dem Vormarsch“, wie Anja Lenkeit sagte, nahm die Gemeindeverwaltung aufs Korn. Derart versiegelte Flächen trügen nicht zum Artenreichtum bei, sie verringerten die Zahl der Insekten. Die Versiegelung habe auch zur Folge, dass kein neues Grundwasser gebildet werden könne und sich solche Flächen im Sommer stark aufheizen. Der Baienfurter Gemeinderat zog aus alledem jetzt Konsequenzen. Ein kleines kommunales Förderprogramm sieht folgendes vor: Ersetzt ein Grundstückseigentümer oder ein Mieter eine nichteinheimische Hecke von mindestens drei Metern Länge durch eine einheimische Hecke, fördert die Gemeinde die Kosten der Pflanzen zu 50 Prozent.
Die Obergrenze pro Maßnahme wurde dabei auf 250 Euro festgesetzt. Bevor dies geschieht, muss ein Antrag bei der Gemeinde gestellt werden.
Einen Zuschuss aus der Gemeindekasse gibt es auch, wenn versiegelte Flächen, etwa durch Schotter, in Grünflächen wie Wildblumenwiesen oder Staudenbeete umgewandelt werden. Dabei müssen, so der Gemeinderatsbeschluss, mindestens zehn Quadratmeter zurückgebaut werden. Dann bekommt der Eigentümer einen Zuschuss von 2,50 Euro pro Quadratmeter, maximal 250 Euro. Ein Teilrückbau wird nicht gefördert. Im Haushalt 2021 sollen auf Beschluss des Gemeinderats für das Förderprogramm erstmals nur 5000 Euro eingestellt werden.
Einstimmig wurde das Öko-Projekt vom Gemeinderat beschlossen. Es sei ein kleiner, aber notwendiger Schritt zum Thema Klimaschutz, fand Brigitta Wölk (SPD). Richard Birnbaum (FWV) nannte Schottergärten eine Katastrophe. Uwe Hertrampf (G+U) sagte, Beratung sei bei diesem Thema besonders wichtig. Auch hier würden Menschen geschädigt. Er finde es gut, hier ein Zeichen zu setzen. Josef Wurm (CDU) meinte: „Wir müssen beim Umweltund Naturschutz bei uns anfangen“. Im Übrigen gebe es genügend Gärtner, die da beraten können.
Der baden-württembergische Landtag wird sich demnächst mit einem Gesetzentwurf befassen, der das Anlegen von Schottergärten künftig verbieten soll. Die Baienfurter Initiative wird davon aber nicht tangiert. In Baienfurt geht es um bestehende Zäune, Hecken und Schottergärten.