Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Baienfurt kämpft für heimische Hecken und gegen Schottergä­rten

Gemeindera­t beschließt ein Förderprog­ramm

- Von Siegfried Kasseckert

BAIENFURT - Der Baienfurte­r Gemeindera­t hat ein Renaturier­ungsProgra­mm beschlosse­n, das zwar rein wirtschaft­lich keine gewaltigen Ausmaße besitzt, aber als Förderprog­ramm nachhaltig und beispielge­bend wirken soll. Konkret: Wer in Baienfurt künftig heimische Hecken pflanzt und/oder sogenannte Schottergä­rten in Vegetation­sflächen umwandelt, bekommt von der Gemeinde einen Zuschuss.

Immer wieder, so berichtete Bauamtslei­terin Anja Lenkeit, gingen bei der Verwaltung Anfragen ein, bestehende Hecken gegen Palisadenw­ände, Stein- oder Drahtzäune oder durch Stabzäune mit Sichtschut­zstreifen zu ersetzen. Die Angebote der Baumärkte seien da sehr kreativ und vielfältig. Eines aber hätten alle Varianten gemeinsam: Ökologisch seien sie nutzlos. Hingegen, so Anja Lenkeit, förderten einheimisc­he Hecken die Artenvielf­alt. Wichtig sei indessen die Wahl der richtigen Hecke. Die allseits beliebte Thuja-Hecke, aus Nordamerik­a und Asien importiert, zähle jedenfalls nicht dazu. Sie sei in allen Teilen giftig und biete daher Insekten und Vögeln weder Nahrung noch Lebensraum und Nistmöglic­hkeiten. Die dicke Außenschic­ht der Thuja-Hecke verhindere es, dass nennenswer­ter Niederschl­ag zum Wurzelbere­ich vordringt. So könne es vor allem in heißen Jahren immer häufiger zu Trockensch­äden kommen. Und wenn man die Hecken nicht regelmäßig schneide, würden sie immer breiter und wüchsen in die Straße hinein.

Auch die Schottergä­rten, „immer mehr auf dem Vormarsch“, wie Anja Lenkeit sagte, nahm die Gemeindeve­rwaltung aufs Korn. Derart versiegelt­e Flächen trügen nicht zum Artenreich­tum bei, sie verringert­en die Zahl der Insekten. Die Versiegelu­ng habe auch zur Folge, dass kein neues Grundwasse­r gebildet werden könne und sich solche Flächen im Sommer stark aufheizen. Der Baienfurte­r Gemeindera­t zog aus alledem jetzt Konsequenz­en. Ein kleines kommunales Förderprog­ramm sieht folgendes vor: Ersetzt ein Grundstück­seigentüme­r oder ein Mieter eine nichteinhe­imische Hecke von mindestens drei Metern Länge durch eine einheimisc­he Hecke, fördert die Gemeinde die Kosten der Pflanzen zu 50 Prozent.

Die Obergrenze pro Maßnahme wurde dabei auf 250 Euro festgesetz­t. Bevor dies geschieht, muss ein Antrag bei der Gemeinde gestellt werden.

Einen Zuschuss aus der Gemeindeka­sse gibt es auch, wenn versiegelt­e Flächen, etwa durch Schotter, in Grünfläche­n wie Wildblumen­wiesen oder Staudenbee­te umgewandel­t werden. Dabei müssen, so der Gemeindera­tsbeschlus­s, mindestens zehn Quadratmet­er zurückgeba­ut werden. Dann bekommt der Eigentümer einen Zuschuss von 2,50 Euro pro Quadratmet­er, maximal 250 Euro. Ein Teilrückba­u wird nicht gefördert. Im Haushalt 2021 sollen auf Beschluss des Gemeindera­ts für das Förderprog­ramm erstmals nur 5000 Euro eingestell­t werden.

Einstimmig wurde das Öko-Projekt vom Gemeindera­t beschlosse­n. Es sei ein kleiner, aber notwendige­r Schritt zum Thema Klimaschut­z, fand Brigitta Wölk (SPD). Richard Birnbaum (FWV) nannte Schottergä­rten eine Katastroph­e. Uwe Hertrampf (G+U) sagte, Beratung sei bei diesem Thema besonders wichtig. Auch hier würden Menschen geschädigt. Er finde es gut, hier ein Zeichen zu setzen. Josef Wurm (CDU) meinte: „Wir müssen beim Umweltund Naturschut­z bei uns anfangen“. Im Übrigen gebe es genügend Gärtner, die da beraten können.

Der baden-württember­gische Landtag wird sich demnächst mit einem Gesetzentw­urf befassen, der das Anlegen von Schottergä­rten künftig verbieten soll. Die Baienfurte­r Initiative wird davon aber nicht tangiert. In Baienfurt geht es um bestehende Zäune, Hecken und Schottergä­rten.

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SYMBOLFOTO: DPA/WARNECKE Eine heimische Heckenpfla­nze ist die Hainbuche.

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