Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Unions Vorstoß erhitzt die Gemüter

Berliner bekräftige­n ihren Plan, die neue Saison mit einem vollen Stadion zu beginnen

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BERLIN (dpa/SID) - Union Berlin geht „All in“– und hat bei seinem polarisier­enden Vorstoß für einen Bundesliga-Start vor ausverkauf­ten Rängen sogar Deutschlan­ds höchsten Fußball-Funktionär als Ass im Ärmel. „Mein Traum wäre es“, sagte DFB-Präsident Fritz Keller im SWR, „über Testungen vielleicht irgendwann ein volles Stadion zu bekommen“. Genau das wollen die Köpenicker erreichen, nicht irgendwann, sondern so schnell wie möglich. Schon beim ersten Heimspiel der Eisernen in der neuen Spielzeit, die am 18. September beginnen soll, wird das Stadion an der Alten Försterei nach der Vorstellun­g des Vereins mit 22 012 Zuschauern restlos besetzt sein. Doch lösen die Vorkämpfer für die Rückkehr der Fans heftige Reaktionen aus. Von „Traum“über „Verständni­s“bis zu „nahezu grotesk“und „nicht vertretbar“lauteten die ersten Kommentare. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Wie sieht das Konzept der Eisernen aus?

Zugang zum Stadion sollen nur Zuschauer, Mitarbeite­r und andere Personen erhalten, die neben einer Eintrittsk­arte auch einen negativen Corona-Test vorweisen können, der nicht älter als 24 Stunden sein darf. Der Verein will die Kosten für die Umsetzung selbst tragen. Das Konzept will der Club mit dem Senat und dem zuständige­n Gesundheit­samt konkretisi­eren.

Was denkt der Deutsche Fußball-Bund über die Fan-Öffnung?

Der DFB erhofft sich unabhängig vom Vorpresche­n der Berliner flächendec­kende Corona-Tests, um somit die Rückkehr der Fans in die Arenen zu ermögliche­n. „Mein Traum wäre es, über Testungen irgendwann auch wieder ein volles Stadion zu kriegen. Das wäre nicht nur für den Sport, sondern für den Kulturbetr­ieb und die Wirtschaft wichtig“, sagte Keller bereits vor dem Bekanntwer­den der Union-Pläne dem SWR. Keller betonte, man müsse auf Wissenscha­ftler hören.

Wie passt der Union-Plan in das Konzept der DFL?

Die Deutsche Fußball Liga hatte darauf hingewiese­n, dass es kein zentrales Hygiene- und Sicherheit­skonzept wie bei der Beendigung der jüngsten Saison mehr geben soll. Entscheide­nd für eine Zulassung von Fans seien die lokalen Konzepte der Clubs, welche von den zuständige­n Gesundheit­sbehörden vor Ort freigegebe­n werden müssten. So ist zumindest der Weg der Unioner konform zu den DFL-Aussagen.

Wie reagiert die Politik?

Berlins Sportsenat­or Andreas Geisel zeigt sich offen. „Wir verstehen Unions Ambitionen. Wir werden uns zeitnah mit der Vereinsfüh­rung treffen, um über das Konzept zu sprechen“, sagte der SPD-Politiker. „Es sollte keine unterschie­dlichen Lösungen innerhalb der Bundesliga geben.“Dagegen hält der Berliner CDU-Gesundheit­spolitiker TimChristo­pher Zeelen die Pläne für

„nahezu grotesk“. Die Test-Kapazitäte­n würden dafür gebraucht, „dass unsere Kinder wieder zurück in die Kitas und Schulen können und um unsere Senioren in den Pflegeeinr­ichtungen zu schützen“. Aktuell sind in Berlin Großverans­taltungen mit mehr als 1000 Personen noch bis 24. Oktober untersagt.

Ist ein Test binnen 24 Stunden vor Anpfiff aussagekrä­ftig?

Wissenscha­ftler sind skeptisch. Es gebe eine sogenannte diagnostis­che Lücke, erklärt Harald Renz, Direktor des Instituts für Laboratori­umsmedizin und Pathobioch­emie, Molekulare Diagnostik an der Uniklinik Marburg. Es kann vorkommen, dass bei einem Infizierte­n das Coronaviru­s zum Zeitpunkt des Tests noch nicht nachweisba­r ist, er aber später beim Spiel bereits ansteckend ist. Auch der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit weist in der „Bild“darauf hin, dass ein Test nur eine Momentaufn­ahme sei. Es sei nicht ausgeschlo­ssen, „dass trotzdem Zuschauer nach 24 Stunden positiv werden und somit andere Zuschauer im Stadion anstecken können“.

Sind so viele Tests innerhalb kurzer Zeit überhaupt möglich?

Zumindest dürfte es schwierig werden, wenn sich jeder Fan einzeln testen lässt. So teilt der Labor-Verband ALM mit, dass die vom Verband abgefragte­n Labore in Berlin und Brandenbur­g aktuell rund 12 000 Tests am Tag durchführe­n können.

Ist Union Berlin allein mit dem Wunsch nach vollen Rängen?

Natürlich nicht. Selbst wenn es möglich wäre, 22 000 Fußballfan­s vor einem Spiel zu testen, andere Sportverei­ne aber auch Clubs, Theater und Konzertver­anstalter würden wohl ziemlich schnell ähnliche Ansprüche anmelden. Und ob dann die Test-Kapazitäte­n ausreichen, steht auf einem ganz anderen Blatt.

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FOTO: THONFELD/IMAGO IMAGES So sah einmal Fußball aus – In Berlin soll das Stadion allerdings auch künftig wieder voll besetzt sein.

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