Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Krawalle auf Mallorca, Ruhe in Südtirol
So erleben Urlauber aus dem Kreis Ravensburg ihre Reisen ins Ausland
KREIS RAVENSBURG - Deutsche Urlauber, die auf Mallorca feiern, als hätte es Corona nie gegeben. Diese Bilder waren am vergangenen Wochenende in den Medien zu sehen.
Von diesen ausufernden Feiern in Palma de Mallorca hat Gülistan Karabay aus Hergatz nichts mitbekommen. „Am Samstagabend waren die Bars an der Promenade gefüllt. Die Bars, die ich gesehen habe, waren aber nicht überfüllt“, sagt sie. Die 22Jährige verbringt gerade ihren Urlaub auf Mallorca. Dass die CoronaRegeln auf der Insel nun wieder verschärft und Masken getragen werden müssen, sobald man das Haus verlässt, stört die junge Frau nicht. „Sehr viele haben schon seit Beginn meines Urlaubs auf der Straße eine Maske getragen“, sagt sie. Generell fühle sie sich sicher und wohl in ihrem Urlaubsort. „Die Leute hier sind entspannt, aber halten sich an die Regeln“, sagt sie. In Supermärkten, im Hotel und am Frühstücksbüfett gelten strenge Abstandsregeln.
Gülistan Karabay hat Mallorca gezielt als Urlaubsort gewählt, um den Ort in Ruhe entdecken zu können. „Ich möchte hier gar nicht feiern. Es haben noch viele Hotels geschlossen, deshalb ist viel weniger los als sonst. Das wird wahrscheinlich das einzige Mal sein, dass man den ,Ballermann’ so ruhig erleben kann“, sagt sie.
Die junge Hergatzerin ist nicht die Einzige, die es in die Ferne zieht. Wegen der Corona-Pandemie war an Reisen ins Ausland über viele Wochen hinweg nicht zu denken. Noch immer rät das Auswärtige Amt vor touristischen Reisen ins Ausland ab. Ausgenommen von der Warnung sind europäische Mitgliedsstaaten. Urlaub in Ländern wie Italien, Österreich, Frankreich, Spanien oder Griechenland ist also wieder möglich.
Das nutzte auch Nicole Wedekind aus Ebersbach-Musbach. Sie fährt seit zwölf Jahren mit ihrer Familie mindestens einmal im Jahr auf einen
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Campingplatz in der südfranzösischen Stadt Argelès-sur-Mer. „Das ist unsere zweite Heimat“, sagt Wedekind. Als sich die Grenzen zu Frankreich am 15. Juni wieder öffneten, war deshalb für sie und ihre Familie klar: „Wir fahren wieder nach Südfrankreich.“Mit ihrem Mann und den beiden drei und sechs Jahre alten Kindern verbrachte sie neun Tage dort. „Der Urlaub war wunderbar und erholsam“, sagt sie. Angst, sich mit dem Virus zu infizieren, habe sie nicht gehabt. „Anstecken kann ich mich auch hier in Deutschland“, sagt Wedekind.
Während die Strände in Frankreich
leer waren, hätten sich extrem viele Leute an den Stränden an der Nord- und Ostsee getummelt. „Da konnten wir die Abstandsregeln in Frankreich besser einhalten“, sagt sie. Auf dem Campingplatz seien sie und ihre Familie die einzigen Urlauber aus Deutschland gewesen. „Das gab es in den zwölf Jahren, in denen wird dort hinfahren, noch nie.“
Vor ihrer Reise habe sie sich im Internet und in Telefonaten mit Personen vor Ort über die aktuelle Lage informiert, berichtet Wedekind. Unsicher habe sie sich zu keiner Zeit gefühlt. Und der nächste Urlaub steht bereits an: In den Sommerferien möchte die Familie wieder nach Argelès-sur-Mer fahren.
„Bedenken oder Angst hatte ich überhaupt nicht. Ich kann allen nur empfehlen: Fahrt nach Südtirol“, sagt auch Sandra Schwarz aus Kißlegg. Sie hat dort Anfang Juli eine Woche Urlaub gemacht. Sie fährt regelmäßig in diese Region. „Letztes Jahr zu dieser Zeit war es dort richtig voll, jetzt hatten wir die Wanderwege fast für uns alleine“, sagt Schwarz. Im Hotel seien sie die einzigen Deutschen gewesen. „Ich glaube, viele haben Angst, weil Südtirol lange als Corona-Hotspot galt. In dem Teil, in dem wir waren, gab es aber sehr wenig Fälle“, sagt sie.
Die Südtiroler achten sehr genau auf Abstände und Hygiene, wie Schwarz es erlebt hat. „Die Einheimischen tragen eigentlich immer eine
Maske, wenn sie rausgehen. Ich hatte den Eindruck, in Südtirol wird mehr auf Hygienemaßnahmen geachtet als hier bei uns.“
Das hat Sabine Mücke ebenso empfunden: Die Leiterin des Ravensburger Museums Humpisquartier ist vor einem Monat mit ihrem Mann spontan Richtung Elba losgefahren, weil sie dem schlechten Wetter entfliehen und ans Meer wollte. Auf Elba sei das Maskentragen überhaupt kein Thema gewesen – alle trugen überall welche, außer am Strand. Und nahmen den Mund-NasenSchutz allenfalls zum Essen, Trinken, Rauchen oder Telefonieren ab, wie Mücke beobachtet hat. Weil die Italiener offensichtlich generell vorsichtiger seien, habe die Vermieterin ihrer Ferienwohnung ihnen bei der Ankunft ein Fieberthermometer an die Stirn gehalten – als die Temperatur nicht über 37 Grad lag, durften die beiden rein. Die Wohnung sei frisch desinfiziert worden, „das roch man“, so Mücke. Sie hat ihre Urlaubswoche trotz all dem sehr genossen: Die Restaurants hatten alle geöffnet, und aufgrund der wenigen ausländischen Touristen war nichts überfüllt.
Anders allerdings in Como, wo Mücke auf der Heimfahrt einen Zwischenstopp einlegte: Dort sei abends auf der Strandpromenade die Hölle losgewesen. Fast nur Italiener seien dort in bester Stimmung entlangspaziert – selbstverständlich mit Maske.