Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Polizeiverordnung sorgt für Diskussion
Fronreuter Räte fragen, ob mehr Regeln für Ordnung und Sicherheit aufgestellt werden sollen
FRONREUTE - Eine Polizeiverordnung fasst verbindlich zusammen, was eine Gemeinde nicht dulden will. Nun plant auch die Fronreuter Verwaltung eine solche. Nicht alle Ratsmitglieder sind begeistert.
Es ging in der Aussprache um eine interessante Güterabwägung zu ganz Grundsätzlichem: Eröffnet eine Polizeiverordnung eine Handhabe gegen Einzelne, die sich nicht an Spielregeln halten? Oder schafft sie Anreize, Regeln zu übertreten? Oder verliert eine Gemeinde Autorität, wenn sie Regeln aufstellt, ohne deren Einhaltung ständig zu überwachen? Letztlich – so auch Bürgermeister Oliver Spieß – ist der Vorschlag Ausdruck für einen auch andernorts festgestellten Wandel in der Gesellschaft, in der sich immer mehr selbst verwirklichen wollen, ohne auf Mitmenschen Rücksicht zu nehmen.
Doch worum geht es eigentlich? In Baden-Württemberg ist das, was man gemeinhin „Polizei“nennt, der Polizeivollzugsdienst, also das ausführende Organ. Polizeibehörde hingegen ist die Verwaltung in all ihrer Vielfalt, angefangen von den Ministerien an der Spitze bis runter auf kommunaler Ebene die Gemeinde. Damit ist auch Fronreute als Ortspolizeibehörde für Ordnung und Sicherheit zuständig und kann hierfür Regeln erlassen – muss es aber nicht. Dabei geht es nicht um Kriminalität, sondern um Ordnungswidrigkeiten, die man maximal mit einem Bußgeld ahnden kann. Inzwischen haben die meisten Kommunen im Landkreis bereits eine Polizeiverordnung.
Inhaltlich geht es in dem von Hauptamtsleiterin Margot Kolbeck vorgelegten Entwurf um Regeln zur
Vermeidung von beispielsweise Lärm, Verunreinigungen, Belästigungen, Vermüllung sowie lästigen Ausdünstungen und wildem Plakatieren. Da Kolbeck mit entsprechenden Problemen seit Jahr und Tag befasst sei, hat sie sich auch für die Polizeiverordnung ausgesprochen. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass man in den meisten Fällen mit den Leuten reden kann, die eine Regel übertreten, also beispielsweise Rasenmähen am späten Abend, später Lärm bei Feiern oder Verunreinigungen von Hunden. Allerdings nehme die Zahl derjenigen Personen zu, die einen mit dem Argument regelrecht auslachen: Wo es keine Regel gebe, könne man doch tun, was man wolle. Für solche Fälle wünscht die Verwaltung eine Handhabe. Auf die Lauer wolle sich aber niemand legen, so Kolbeck. Zudem habe eine Gemeinde wie Fronreute auch nicht wie Städte uniformierte Beamte des
Ordnungsamtes, die Strafzettel verteilen.
Fast alle Ratsmitglieder meldeten sich in der Aussprache zu Wort und brachten eher Aspekte von der anderen Seite der Medaille zur Sprache. So wies Harald Baur (FWV) auf einige unklare Begriffe hin, was allein deshalb zu Konflikten führen könne. Denn unter beispielsweise „vermeidbar“könne man sehr unterschiedliche Dinge verstehen. Ähnliche Fragezeichen sieht Ulrike Spindler (CDU) beim Thema Grünanlagen-Schutz. Berthold Denzler und Artur Kühny (beide FWV) betonten, dass jedes Fest zum Stress werden könne, wenn die Musik spielt, und man dann sozusagen für fünf Minuten überziehe. Eine anderes Problem sieht Felix Reichert (Bürgerliste): Denn so würde manchem Egoisten erst bewusst, was man alles tun könne, ohne belangt zu werden. Auf einer allgemeinen Ebene betonte Siegfried
Bärenweiler (FWV), dass eine Polizeiverordnung öffentlich bisher kein Thema gewesen sei. Ihm kommt das alles einfach zu schnell. Offene Fragen zur Reichweite einer Polizeiverordnung wurden aus der Frage von Thomas Böse-Bloching (FWV) deutlich. Entgegen seiner Befürchtung entsteht für eine Gemeinde aber keine Haftung, wenn die Verordnung nicht im Detail überwacht wird, und aus einer Regelverletzung – etwa der Leinenpflicht von Hunden – größerer Schaden entsteht. Denn in solchen Fällen greifen die übergeordneten Regeln für die Verantwortlichkeit des Einzelnen, so Bürgermeister Oliver Spieß.
Robert Scherrieb (Bürgerliste) hob noch hervor, dass er auch gut ohne Verordnung leben könne, und Renate Guthörl (Bürgerliste) empfahl, alles nochmals in Ruhe zu bedenken. Dann entschied Oliver Spieß, das Thema erst mal zu verschieben.