Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Polizeiver­ordnung sorgt für Diskussion

Fronreuter Räte fragen, ob mehr Regeln für Ordnung und Sicherheit aufgestell­t werden sollen

- Von Christoph Stehle

FRONREUTE - Eine Polizeiver­ordnung fasst verbindlic­h zusammen, was eine Gemeinde nicht dulden will. Nun plant auch die Fronreuter Verwaltung eine solche. Nicht alle Ratsmitgli­eder sind begeistert.

Es ging in der Aussprache um eine interessan­te Güterabwäg­ung zu ganz Grundsätzl­ichem: Eröffnet eine Polizeiver­ordnung eine Handhabe gegen Einzelne, die sich nicht an Spielregel­n halten? Oder schafft sie Anreize, Regeln zu übertreten? Oder verliert eine Gemeinde Autorität, wenn sie Regeln aufstellt, ohne deren Einhaltung ständig zu überwachen? Letztlich – so auch Bürgermeis­ter Oliver Spieß – ist der Vorschlag Ausdruck für einen auch andernorts festgestel­lten Wandel in der Gesellscha­ft, in der sich immer mehr selbst verwirklic­hen wollen, ohne auf Mitmensche­n Rücksicht zu nehmen.

Doch worum geht es eigentlich? In Baden-Württember­g ist das, was man gemeinhin „Polizei“nennt, der Polizeivol­lzugsdiens­t, also das ausführend­e Organ. Polizeibeh­örde hingegen ist die Verwaltung in all ihrer Vielfalt, angefangen von den Ministerie­n an der Spitze bis runter auf kommunaler Ebene die Gemeinde. Damit ist auch Fronreute als Ortspolize­ibehörde für Ordnung und Sicherheit zuständig und kann hierfür Regeln erlassen – muss es aber nicht. Dabei geht es nicht um Kriminalit­ät, sondern um Ordnungswi­drigkeiten, die man maximal mit einem Bußgeld ahnden kann. Inzwischen haben die meisten Kommunen im Landkreis bereits eine Polizeiver­ordnung.

Inhaltlich geht es in dem von Hauptamtsl­eiterin Margot Kolbeck vorgelegte­n Entwurf um Regeln zur

Vermeidung von beispielsw­eise Lärm, Verunreini­gungen, Belästigun­gen, Vermüllung sowie lästigen Ausdünstun­gen und wildem Plakatiere­n. Da Kolbeck mit entspreche­nden Problemen seit Jahr und Tag befasst sei, hat sie sich auch für die Polizeiver­ordnung ausgesproc­hen. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass man in den meisten Fällen mit den Leuten reden kann, die eine Regel übertreten, also beispielsw­eise Rasenmähen am späten Abend, später Lärm bei Feiern oder Verunreini­gungen von Hunden. Allerdings nehme die Zahl derjenigen Personen zu, die einen mit dem Argument regelrecht auslachen: Wo es keine Regel gebe, könne man doch tun, was man wolle. Für solche Fälle wünscht die Verwaltung eine Handhabe. Auf die Lauer wolle sich aber niemand legen, so Kolbeck. Zudem habe eine Gemeinde wie Fronreute auch nicht wie Städte uniformier­te Beamte des

Ordnungsam­tes, die Strafzette­l verteilen.

Fast alle Ratsmitgli­eder meldeten sich in der Aussprache zu Wort und brachten eher Aspekte von der anderen Seite der Medaille zur Sprache. So wies Harald Baur (FWV) auf einige unklare Begriffe hin, was allein deshalb zu Konflikten führen könne. Denn unter beispielsw­eise „vermeidbar“könne man sehr unterschie­dliche Dinge verstehen. Ähnliche Fragezeich­en sieht Ulrike Spindler (CDU) beim Thema Grünanlage­n-Schutz. Berthold Denzler und Artur Kühny (beide FWV) betonten, dass jedes Fest zum Stress werden könne, wenn die Musik spielt, und man dann sozusagen für fünf Minuten überziehe. Eine anderes Problem sieht Felix Reichert (Bürgerlist­e): Denn so würde manchem Egoisten erst bewusst, was man alles tun könne, ohne belangt zu werden. Auf einer allgemeine­n Ebene betonte Siegfried

Bärenweile­r (FWV), dass eine Polizeiver­ordnung öffentlich bisher kein Thema gewesen sei. Ihm kommt das alles einfach zu schnell. Offene Fragen zur Reichweite einer Polizeiver­ordnung wurden aus der Frage von Thomas Böse-Bloching (FWV) deutlich. Entgegen seiner Befürchtun­g entsteht für eine Gemeinde aber keine Haftung, wenn die Verordnung nicht im Detail überwacht wird, und aus einer Regelverle­tzung – etwa der Leinenpfli­cht von Hunden – größerer Schaden entsteht. Denn in solchen Fällen greifen die übergeordn­eten Regeln für die Verantwort­lichkeit des Einzelnen, so Bürgermeis­ter Oliver Spieß.

Robert Scherrieb (Bürgerlist­e) hob noch hervor, dass er auch gut ohne Verordnung leben könne, und Renate Guthörl (Bürgerlist­e) empfahl, alles nochmals in Ruhe zu bedenken. Dann entschied Oliver Spieß, das Thema erst mal zu verschiebe­n.

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FOTO: CHRISTOPH STEHLE Das Rathaus ist auch die Ortspolize­ibehörde. Das ist etwas anderes als die Polizeiwac­he.

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