Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Eine Milliarde Euro für (fast) nichts
Was wurde aus den zehn teuersten Transfers des vergangenen Sommers? Ein Überlick
MÜNCHEN (SID) - Auch der Hochsommer, in denen in der Regel kein Fußball gespielt wird, verspricht für Fans viel Spannung: Welcher Topstar wechselt zu welchem Topclub? Wer kommt als Ersatz? Wie hoch ist die Ablöse? Das Transferfenster ist seit dieser Woche wieder geöffnet. Auch wenn für Spieler wie Dortmunds Jadon Sancho wieder Summen von rund 120 Millionen Euro aufgerufen werden, gehen die meisten Experten allerdings davon aus, dass aufgrund der finanziellen Einbußen durch die Corona-Pandemie in diesem Sommer nicht die ganz großen Summen fließen werden. Das sah im vergangenen Jahr noch ganz anders aus, allein die zehn teuersten Spieler kosteten fast eine Milliarde Euro – der Ertrag fiel jedoch äußerst dürftig aus. Eine Übersicht:
João Félix (126 Millionen Euro Ablöse ohne Bonuszahlungen, von Benfica Lissabon zu Atlético Madrid): Die gewohnt kritischen spanischen Sportzeitungen haben die Geduld mit dem „Wunderkind“verloren, „Marca“listete „sieben Todsünden“des Portugiesen auf. Der 20-Jährige bestritt nur drei (!) Ligapartien über 90 Minuten, schoss in 34 Pflichtspielen lediglich acht Tore. Doch Trainer Diego Simeone betont, er sei „zu 100 Prozent von seinem Talent überzeugt“.
Antoine Griezmann (120 Millionen, Atlético Madrid/FC Barcelona): Teamkollege Clement Lenglet meinte, Griezmann wisse selbst, „dass er es besser kann“. 15 Tore in 46 Spielen sind zu wenig für einen „kleinen Prinzen“. Der Weltmeister-Stürmer (29) fand weder unter Ernesto Valverde noch Quique Setien seine Rolle – jetzt wirbt Barcelona intensiv um Lautaro Martínez von Inter Mailand.
Eden Hazard (100 Millionen, FC Chelsea/Real Madrid): „Ich bin noch kein Galactico“, sagte der Belgier selbstkritisch. Wegen vier (!) Verletzungen war er beim Titelgewinn kein entscheidender Faktor, verpasste 25 (!) Pflichtspiele. Die Presse lästerte über vermeintliches Übergewicht und Faulheit. Der 29-Jährige gibt sich trotzig: „Ich zweifle nicht an meinen Fähigkeiten.“
Harry Maguire (87 Millionen, Leicester City/Manchester United): „Ich glaube“, stänkerte TV-Experte Rafael van der Vaart jüngst, „Maguire geht jeden Tag nach Hause und erzählt seiner Frau: ,Ich kann nichts dafür, aber ich verdiene so viel. Sie glauben wirklich, dass ich gut bin.’“Trainer Ole Gunnar Solskjaer hält allerdings große Stücke auf den teuersten Verteidiger der Welt (27), der keine PremierLeague-Minute verpasste.
Matthijs de Ligt (85,5 Millionen, Ajax Amsterdam/Juventus Turin): Cristiano Ronaldo! Gianluigi Buffon! Sami Khedira! Bei all den Superstars und Weltmeistern in der Kabine sei er sich anfangs „wie ein Kind im Süßwarenladen“vorgekommen, sagte der 20-jährige Verteidiger. Genauso hibbelig spielte er auch. Inzwischen hat sich de Ligt gefangen, ist gesetzt.
Lucas Hernández (80 Millionen, Atlético Madrid/Bayern München): Der teuerste Spieler der Bundesliga
Geschichte kam verletzt, fiel zwischen Oktober und Februar erneut aus – und verlor seinen Platz links an Shootingstar Alphonso Davies. Die Bayern sollen den Weltmeister (24) zum Verkauf angeboten haben. Trainer Hansi Flick lobt sein „Herz“, doch das Zentrum mit Abwehrchef David Alaba bleibt für ihn ebenfalls dicht.
Nicolas Pépé (80 Millionen, OSC Lille/FC Arsenal): Arsenals Rekordeinkauf (25) wurde bei 38 Einsätzen 25-mal ein- oder ausgewechselt, schoss nur fünf Tore. Chefkritiker Roy Keane schimpfte, Pépé sei sein Geld nicht wert, Clublegende Thierry Henry hielt dagegen: „Wir müssen ihm Zeit geben.“
Frenkie de Jong (75 Millionen, Ajax Amsterdam/FC Barcelona): Der 23Jährige spiele „nicht so gut“wie bei Ajax, sagte Trainerlegende Louis van Gaal, werde aber „übertrieben kritisiert“. Der Grund: Bei Barca spiele er offensiver, dabei ist de Jong „kein offensiver Spieler“, wie Ex-Coach Erik ten Hag betont. Die Folge: Zu viele Sicherheitspässe und Schwächen im Gegenpressing. „Der Fußball ist anders, als ich es gewohnt bin“, sagte de Jong. Doch als er ausfiel, verlor Barca im Titelrennen entscheidend an Boden.
Rodri (70 Millionen Euro, Atlético Madrid/Manchester City): Sehr resistent beim Pressing, überaus passsicher: City mag den Titel verspielt haben – am Spanier (24) lag’s nicht. Nur Raheem Sterling, Ederson und Kevin De Bruyne haben mehr Einsatzminuten.
Romelu Lukaku (65 Millionen, Manchester United/Inter Mailand): Dass Inter erstmals seit neun Jahren wieder auf Kurs Vizemeisterschaft steuert, hat viel mit dem Belgier (27) zu tun. 26 Tore in 42 Pflichtspielen, elf zu Führungen. Der Haken: Gegen die Top 6 gelangen ihm nur zwei mickrige Treffer.