Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nichtsahnende Rassisten
In den vergangenen Wochen ist ja die Rassismusdebatte hochgekocht, und wir haben einiges gelernt. Erstens durften wir zur Kenntnis nehmen, dass der Begriff Rasse eine Art Unwort sei – akzeptabel allenfalls in der Tierwelt. Zweitens ist uns klar geworden, dass es zahllose Rassisten gibt, welche zum großen Teil gar nicht wissen, dass sie Rassisten sind. Zur Verdeutlichung wollen wir uns ein wenig mit dem Wörtchen „Mohr“beschäftigen. Da hocken die Leute in ihrer Stammkneipe „Zum Mohren“und trinken zu allem Überfluss noch eine bis fünf Halbe „Mohrenbräu“.
Was denken sie sich dabei? Gar nichts natürlich. Andere sind vom Kopfweh geplagt und spazieren gedankenlos in ihre „Mohren-Apotheke“, um ein Päckchen Aspirin zu kaufen. Wieder andere schlendern ohne Schuldbewusstsein durch Mohrengassen, etliche wohnen sogar in diesen. Wenn um Dreikönig herum die Sternsinger als Heilige Drei Könige unterwegs sind, ist einer von den dreien als Mohr verkleidet, und die Leute legen ihm nichtsahnend Geld in die Sammelbüchse. Auch Shakespeare und Schiller haben skrupellos Mohren in ihre Werke eingebaut, und die Bildungsbeflissenen gehen heute noch in entsprechende Theater- oder Opernaufführungen. In der katholischen Kirche wird der heilige Maurus verehrt, dabei ist das ein spachlicher Urahn des Mohren (möglicherweise sind unsere heutigen Maurer ebenfalls verkappte Mohren). Und so endlos weiter und so fort.
Wir wollen uns auch an der eigenen Nase packen. Reumütig erinnern wir uns an einen Besuch im Ristorante „Quattro Mori“in Rom. Es hat dort wunderbar geschmeckt. (vp)