Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
FDP will mit der CDU an die Macht
Rülke Spitzenkandidat der Liberalen – Warum Grüne nur die zweite Wahl wären
KARLSRUHE - Die FDP geht mit Hans-Ulrich Rülke als Spitzenkandidat in den Landtagswahlkampf – und der will Baden-Württemberg ab 2021 am liebsten mit der CDU und der SPD regieren. Die rund 350 Delegierten wählten den 58-jährigen Lehrer mit wenigen Enthaltungen auf ihrem Parteitag in Karlsruhe. Einen Gegenkandidaten gab es nicht.
Rülke, seit 2009 Fraktionschef der FDP im Südwesten, hatte in seiner Rede klargemacht, dass er die größten inhaltlichen Schnittmengen mit der CDU sehe. Angesichts aktueller Umfragewerte bräuchte ein solches Bündnis aber noch die SPD, um die Regierung zu stellen. Anders als noch 2016 kann sich der amtierende Chef der FDP-Landtagsabgeordneten aber auch vorstellen, als Juniorpartner mit den Grünen zu regieren. „Ich schließe eine Zusammenarbeit mit den Grünen nicht aus. Aber wenn, dann muss auch liberale Politik betrieben werden, sonst lassen wir es“, sagte Rülke. Der Landeschef der Liberalen Michael Theurer gilt als Freund einer solchen Koalition. Er hatte 2016 für ein Ampelbündnis mit Grünen und SPD geworben. Doch Spitzenkandidat Rülke fremdelte mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und erkannte zu wenig inhaltliche Gemeinsamkeiten.
Nach den Wahlen im März 2021 werde es sicher keine Kooperation mit der Linken „und erst recht“keine mit der AfD geben. Beiden Parteien fehle die richtige Haltung, sagte Rülke. Die Linke sei unter anderem für Enteignungen, begründete der Spitzenkandidat. Die AfD habe Rassismus und Antisemitismus zurück in das Parlament gebracht, sie müsse „aus der Landespolitik hinaus gefegt“werden.
Inhaltlich legt die FDP mehrere Schwerpunkte. Einer davon ist den Liberalen so wichtig, dass sie ihn zur Bedingung für ein Regierungsbündnis machen: eine Wasserstoffstrategie. Die Argumentation: Es sei falsch, wie die Grünen allein auf batteriegetriebene Fahrzeuge zu setzen. Damit komme das Aus für den Verbrennungsmotor, der in Baden-Württemberg Hunderttausende Jobs in Automobilund Zulieferindustrie sichere. Theurer betonte, es gehe angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie in den kommenden Jahren um „Arbeitsplätze,
Arbeitsplätze, Arbeitsplätze“. Rülke skizzierte seine Vision so: „2026 haben wir Wohlstand und Nachhaltigkeit verbunden. Die Baden-Württemberger verdienen weiter gutes Geld, aber das geschieht umweltbewusster.“Es werde Verbrennungsmotoren geben, diese würden aber mit umweltfreundlichen Kraftstoffen betrieben.
Auf Wasserstoffbasis entstehen zum einen synthetische Kraftstoffe – mit diesen lassen sich die herkömmlichen Verbrennungsmotoren betreiben.
Zum anderen gelten den Liberalen wasserstoffgetriebene Fahrzeuge als weitere Alternative zu EAutos mit Batterie. Den Grünen wirft die FDP vor, zu einseitig auf diese zu setzen. Durch diesen Kurs werde es weniger Autos auf den Straßen geben, warnte Rülke: „Das ist das eigentliche Ziel der Grünen. Aber wir bekennen uns zur individuellen Mobilität.“
Kritiker halten das Potenzial von Wasserstoff für überschätzt. Die Technologie werde seit Jahren gefördert, sei aber weiterhin nicht marktreif. Neben technischen Problemen monieren sie außerdem die hohen Produktionskosten etwa bei synthetischen Kraftstoffen. Die Grünen im Südwesten lehnen Wasserstoff keineswegs ab, legen Förderschwerpunkte aber nicht auf die Technik für Pkw.
Wichtig ist der FDP auch der Wohnungsbau. Hier will sie den Bau von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen fördern. Unter anderem soll die Grunderwerbssteuer sinken, die Regeln für den Bau sollen weniger bürokratisch werden. Willkommen sind den Liberalen Investoren, die im Südwesten bauen. Das seien keineswegs nur „Schädlinge, die Mieter aussaugten“. Scharfe Kritik übte Landeschef Theurer an Kultusministerin Susanne Eisenmann
(CDU). Was die Digitalisierung der Schulen und des Lernens angehe, habe sie „auf ganzer Linie versagt“. Rülke monierte, wie in vielen anderen Bereichen hinke BadenWürttemberg gerade bei der Bildung den Bayern hinterher. Mit der FDP in der Regierung solle jeder Schüler ein Tablet oder einen Laptop bekommen, jede Schule schnelles Internet. Außerdem will die FDP die Grundschulempfehlung wieder verbindlich machen – Eltern müssten sich dann wieder an das Urteil der Lehrer halten, auf welche weiterführende Schule ihre Kinder gehen sollen. Wie gehabt setzt die FDP weiter auf ein gegliedertes Schulsystem. Gemeinschaftsschulen werde es mit der FDP weiter geben, aber als Angebot, nicht als „Zwangsbeglückung“. Jedes Kind brauche das für ihn oder sie richtige Angebot, nicht eine Schulform für alle. Die Grünen hatten in ihrer Regierung mit der SPD seit 2011 die Gemeinschaftsschulen neben den anderen Schularten im Südwesten eingeführt.